Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
sein.«
Yamaoto nickte und machte Anstalten, sich wieder Big Liu zuzuwenden. Plötzlich hechtete er ohne Vorwarnung über den Tisch und packte Delilah vorn am Kleid. Er zerrte sie so fest auf sich zu, dass der Nackenträger riss, ihre Brüste und ihr Bauch entblößt wurden. Delilah, die völlig überrumpelt war, keuchte auf. Ehe sie reagieren konnte, hatte Yamaoto sie an den Haaren gepackt und mit dem Gesicht auf den Tisch geknallt. Sie sah einen weißen Lichtblitz, spürte dann, wie Yamaotos Finger in ihren Ohren stocherten. Sie drehte den Kopf weg und riss ihn nach hinten, aber es war zu spät. Yamaoto zog den Ohrhörer hervor und stieß sie von sich weg.
»Was soll das?«, rief Big Liu. »Was soll das?«
Yamaoto hielt Big Liu den Ohrhörer hin. »Sie ist verdrahtet!«, sagte er.
Die Bodyguards waren aufgesprungen und sahen sich hektisch nach der Quelle der Bedrohung um. Jeder hatte eine Hand im Jackett, bereit, die Waffen zu ziehen.
Delilah hob rasch die Vorderseite ihres Kleides hoch und drückte sie an sich. Eine durchaus normale Reaktion, unter den Umständen, aber sie dachte dabei nicht an ihren entblößten Körper. Das Mikro war am Nackenträger befestigt und würde nichts empfangen, wenn es nicht nah an ihrem Mund war.
»Es ist heiß hier drin« , sagte sie.
39
D ELILAH WAR FAST EINE HALBE Stunde im Club, und ich wurde allmählich nervös. Ich hörte sie gelegentlich etwas sagen, und nach dem, was ich verstand, saß sie noch immer am Tisch. Sie musste einen guten Grund für die Verzögerung haben, aber welchen war mir ein Rätsel. Der Generator war aus. Sie wusste genau, wo sich Yamaoto befand. Sie brauchte doch nur aufzustehen und mir das Stichwort zu geben, und wir konnten die verfluchte Sache zu Ende bringen.
Mehrmals überlegte ich, sie zu drängen, entschied mich aber stets dagegen. Zum einen wollte ich sie nicht ablenken. Ihre Aufgabe war weiß Gott nicht ohne, und sie musste sich konzentrieren. Zum anderen neigte sie dazu, gereizt zu reagieren, wenn sie das Gefühl hatte, ich wollte ihr sagen, wie sie ihre Arbeit zu machen hätte. Auch wenn ich es nicht zugegeben hätte, Dox’ Bemerkung über meine Einsatzplanung hatte gesessen. Wie auch immer, ich konnte ihr nichts sagen, was sie nicht selbst schon wusste.
Ich dehnte den Hals und hüpfte auf der Stelle, um geschmeidig zu bleiben. Ich war schon länger hier draußen, als ich gedacht hatte, und es war kalt.
In meinem Ohr sagte Delilah: »Es ist heiß hier drin.«
Mein Herz setzte aus. Ich spürte, wie mir das Blut aus Gesicht und Händen wich.
»Scheiße!«, sagte ich. »Ich komme.« Ich sprintete an der Westseite des Gebäudes lang, die Nachtsichtbrille tanzte mir um den Hals.
Dox sagte: »Ich komme auch.«
»Nein, du bleibst, wo du bist! Gib mir am Eingang Deckung, ich komme von vorn rein.«
»Aber …«
»Keine Diskussion! Tu, was ich sage!«
Es war keine Zeit zum Nachdenken. Aber auf irgendeiner Ebene war mir bewusst, in welcher Gefahr sie sein musste, wenn sie um Hilfe rief. Eine Gefahr, in die ich sie gebracht hatte. Und der tröstliche Gedanke, den ich die ganze Zeit im Hinterkopf gehabt hatte, dass wenigstens die Bedrohung für Midori und meinen Sohn ein Ende hätte, wenn ich starb, war jetzt nutzlos. Wenn ich mich vor Yamaotos Augen umbrachte, würde das Delilah nicht retten.
Ich kam auf die Straße gerannt, die zu dem Eingang des Clubs führte. Die beiden Männer vom Parkservice standen da, wie Delilah es in ihrem Briefing erzählt hatte, und sahen mich näherkommen.
»Schalte die Parkhelfer aus«, sagte ich. »Jetzt.«
Hätte es eine andere Möglichkeit gegeben, hätte ich sie genutzt. Aber ich wollte keine Sekunde vergeuden, um zu Delilah zu kommen. Und ich konnte nicht riskieren, dass diese beiden über ihr Mikro am Revers irgendwen über mein Kommen informierten.
Der Kopf des Parkhelfers, der mir am nächsten war, zerplatzte, und der Mann fiel zu Boden. Sein Kollege hatte nicht mal Zeit, überrascht zu sein, ehe auch er am Boden lag.
Ich zog das Benchmade, das Dox mir gegeben hatte, und klappte die Klinge mit dem Daumen aus, ohne langsamer zu werden. Ich beugte mich über einen der Toten, schnitt die Kordel um seinen Hals durch und nahm die Magnetkarte.
Ich steckte das Messer wieder in die Tasche. Alles in mir schrie danach, endlich in den Club zu kommen, aber ich brauchte nur noch eine Sekunde mehr. Mit zitternder Hand holte ich mein Handy hervor und drückte die Kurzwahltaste, die ich für Tatsus Mann in dem
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