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Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr

Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr

Titel: Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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selbst. »Na, das spielt jetzt wohl keine große Rolle mehr, was?«
    »Ist es schlimm?«
    Die gequälte Miene wich einem Lächeln, als hätte er schon lange nicht mehr ein so amüsantes Gespräch geführt. »Was denkst du denn?«, sagte er.
    Wir schwiegen einen Moment. Dann fragte ich: »Wie viel Zeit noch?«
    Er zuckte die Achseln. »Ein paar Wochen, vielleicht.«
    Gott. »Kann man denn gar nichts …«
    »Magenkrebs. Viertes Stadium. Die Lymphknoten sind befallen, auch die Speiseröhre … deshalb hab ich so viel Gewicht verloren. Ich kann nichts bei mir behalten.«
    »Dann wäre der Whiskey also reine Verschwendung gewesen.«
    Er lachte. »Ich hätte immerhin dran riechen können.«
    Wir schwiegen wieder.
    Er sagte: »Ich nehme an, du bist nach wie vor daran interessiert, Yamaoto zu erledigen?«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er hatte nur noch so wenig Zeit. Ihn etwas davon für so ein Thema aufbrauchen zu lassen, kam mir irgendwie unfair vor. Doch dann begriff ich: Genau das will er, braucht er vielleicht sogar.
    »Ich bin nach wie vor daran interessiert.«
    »Gut. Die Lieferung erfolgt im Hafen von Wajima.«
    »Wajima …«
    »Auf der Halbinsel Noto, Präfektur Ishikawa. Japanisches Meer. Die Banden meiden große Häfen, weil die besser bewacht werden. Sie bevorzugen ruhige Orte wie Fushiki in Toyama, Minamata in Kumamoto, Hososhima in Miyazaki.«
    »Oder Wajima.«
    »Ja. Yamaotos Männer haben dort Zimmer in einem Gasthof namens Notonosho reserviert. Die Gegend ist bekannt für eine heiße Quelle, Nebuta, und wie es aussieht, wollen die Männer dort kuren. Sie heißen Kito und Sanada, aber es könnte sein, dass sie unter anderen Namen reisen.«
    »Wie sieht der Zeitplan aus?«
    »Sie treffen übermorgen ein. Die Lieferung erfolgt dann in der Nacht danach. Mein Informant weiß noch immer nicht, wie viele Chinesen beteiligt sein werden. Aber ich schätze, nicht mehr als drei. Sonst würden die beiden Yakuzas sich nicht wohl in ihrer Haut fühlen.«
    Ich hatte den gleichen Gedanken, nickte aber nur.
    »Rain-san, verzeih mir, aber du bist auch nicht mehr der Jüngste. Meinst du …«
    »Hör sich einer den an«, sagte ich.
    Er lachte.
    »Keine Sorge«, sagte ich. »Ich habe Hilfe.«
    Er hob die Augenbrauen. »Jemand, den ich kenne?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Was ist mit dir? Ich weiß, du bist ein Workaholic, Tatsu, aber wie schaffst du es …?«
    »Tagsüber geben sich die Besucher hier die Klinke in die Hand. Die Ärzte sind gar nicht begeistert, aber wenn sie sich beschweren, sage ich, ›Na und? Ein bisschen Arbeit wird mich schon nicht umbringen.‹«
    Wir lachten, dann wurden wir wieder still.
    »Es muss so aussehen, als hätten Yamaotos Männer die Chinesen erledigt und die Drogen gestohlen«, sagte er. In seinen Augen loderte eine seltsame Glut. »Das wird Yamaoto enorm unter Druck setzen. Ganz enorm.«
    Die meisten Männer, die in ihrem mutmaßlichen Sterbebett liegen, würden sich auf andere Dinge konzentrieren. Aber nicht Tatsu. Der Kampf gegen Korruption war sein Lebenswerk, dem er sich bis zum letzten Atemzug widmen würde.
    Ich legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Ich mach das schon.«
    Er nickte und rutschte etwas tiefer in seinem Bett. »Gut«, sagte er und tätschelte meine Hand.
    Ohne nachzudenken, drehte ich meine Hand herum und ergriff seine.
    Er biss einen Moment die Zähne zusammen und stöhnte, dann war der Schmerz, der das Stöhnen verursacht hatte, wieder vergangen. Er sagte: »Du musst dich beeilen, Rain-san. Bald werde ich dir nicht mehr helfen können.«
    Ich nickte.
    Er lächelte. »Wieso siehst du so traurig aus?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Du bist ein Arschloch.«
    Ich dachte, er würde darüber lachen, aber er tat es nicht. Stattdessen drückte er kurz meine Hand und sagte: »Ich hab viel über das nachgedacht, was du gesagt hast, weißt du. Dass ich ein manipulativer Mistkerl bin. Ich kann hier schließlich nicht viel anderes machen als herumliegen und nachdenken.«
    »Bist du zu irgendeinem Schluss gekommen?«
    »Dass du recht hast. Dass ich genau wusste, was ich tat, als ich dir die Fotos gezeigt habe. Dass alles genau so gekommen ist, wie ich es gehofft hatte. Bis auf eines.«
    »Dass ich den Whiskey vergessen habe?«
    Er drückte erneut meine Hand. Diesmal ließ er nicht los. »Dass ich womöglich deine Familie in Gefahr gebracht habe. Wenn deinem Sohn irgendwas passieren würde …«
    Tatsu hatte seinen einzigen Sohn bei einem Unfall verloren, als der Junge

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