Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
Kollaborateur. Wir müssen darüber sprechen und herausfinden, wer das sein könnte.«
»Betäu … Betäu …«, sagte Big Liu, und Yamaoto wurde klar, dass der Mann nach dem Wort Betäubungsmittel nicht mehr mitgekommen war. Er reichte Kuro das Handy und sagte: »Übersetzen Sie, was ich gesagt habe.«
Kuro tat wie geheißen und gab dann das Handy zurück. Yamaoto sagte: »Verstehen Sie? Wir sollten unter vier Augen miteinander reden. Darf ich als Treffpunkt den Club meines Partners Mr. Kuro in Minami Aoyama in Tokio vorschlagen? Der Club heißt Whispers, wie Sie sich vielleicht erinnern. Ich glaube, das wäre genau der richtige Rahmen.«
Whispers war Kuros lukrativstes und edelstes Etablissement, in dem hinreißende Frauen aus aller Welt beschäftigt waren. In dem Club hatten sie bereits die derzeitige Geschäftsvereinbarung besiegelt, und Big Liu war von der Schönheit der Hostessen derart angetan gewesen, dass er noch zwei Tage länger in Tokio geblieben war und jeden Abend eine andere Blondine mit in sein Hotel genommen hatte. Yamaoto hatte das Gefühl, dass die verlockende Aussicht auf einen weiteren, kostenlosen Aufenthalt im Club ausreichen würde, um Big Liu umzustimmen.
»Big Lius Geld noch immer weg«, sagte der Mann. »Und Big Lius Männer noch immer tot.«
»Auch meine Männer sind jetzt tot«, sagte Yamaoto, »obwohl ich den Verdacht habe, dass sie genauso unschuldig sind wie Ihre. Blut ist mit Blut vergolten worden. Was das Geld betrifft, so bin ich sicher, dass wir eine Einigung finden. Wir sind schließlich vernünftige Männer. Möchten Sie nicht für ein paar Tage mein Gast in Tokio sein?«
Damit waren Big Lius Versuche abgeschmettert, Yamaoto wegen des verschwundenen Geldes und einer Entschädigung unter Druck zu setzen. Und Big Liu wurde mit einem Angebot bestochen, zu dem er nicht nein sagen konnte: Die Einladung nach Tokio schloss natürlich wieder eine Suite im exklusiven Grand Hyatt in Roppongi Hills mit ein, die für unterhaltsame Stunden nach getaner Arbeit in Gesellschaft zahlreicher blonder Whispers-Hostessen wie geschaffen war.
»Wann?«, fragte Big Liu.
Yamaoto lächelte. »Wann immer es Ihnen passt. Ich würde allerdings vorschlagen, je früher, desto besser.«
»Samstag«, sagte Big Liu nach einem Augenblick. »Vorher keine Zeit.«
Yamaoto zuckte die Achseln. Vielleicht hatte Big Liu in den nächsten drei Tagen tatsächlich keine Zeit. Vielleicht wollte er nur einfach nicht so wirken, als könnte er es kaum erwarten – um den Schein zu wahren, dass er alles unter Kontrolle hatte. Das war Yamaoto ziemlich egal. Hauptsache, er kam. Wenn sie sich erst zusammensetzten, da war Yamaoto zuversichtlich, würden sie schon dahinterkommen, was passiert war, und die Angelegenheit wie vernünftige Menschen regeln.
»Samstag, abgemacht«, sagte Yamaoto. »Ich reserviere für Sie eine Suite im Grand Hyatt.«
»Gut«, erwiderte Big Liu, und Yamaoto konnte die Vorfreude seines Gesprächspartners spüren. »Danke. Yamaoto guter Mann. Guter Freund.«
Yamaoto verabscheute diese Art von falschen Freundschaftsbekundungen zwischen Geschäftspartnern, die sich bedenkenlos umbringen würden, wenn sie damit Profit machen könnten, aber gelegentlich waren sie nun mal angebracht. »Ja, Big Liu auch«, sagte er. »Mr. Kuro wird sich um alles kümmern, und wir sehen uns dann am Samstag.«
Yamaoto beendete das Gespräch und gab Kuro das Handy zurück. Und plötzlich, das erste Mal, seit die Sumos ihm ihre Geschichte erzählt hatten, kam ihm eine mögliche Erklärung in den Sinn: John Rain.
Er dachte kurz darüber nach, verwarf den Gedanken aber wieder. Wie sollte Rain von dem Treffen in Wajima erfahren haben? Der Mann war gefährlich, aber er war kein Hellseher. Die wahrscheinlichere Erklärung war einfacher: ein Abtrünniger, entweder in Yamaotos Organisation oder in Big Lius, einer, der mit Leuten außerhalb zusammenarbeitete und dessen Motiv schlicht und ergreifend Habgier war.
Außerdem war Rain noch immer wie vom Erdboden verschwunden. Er hatte sich in New York nicht blicken lassen, wo Big Lius Leute Midori und ihr Kind beschatteten und wo Yamaoto am ehesten mit ihm rechnete, falls er überhaupt je wieder auftauchte.
Doch jetzt, wo er darüber nachdachte, fiel ihm ein, dass Chan in New York ihn längst hätte anrufen müssen. Normalerweise meldete der Mann sich mindestens einmal pro Woche, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen, wie die New Yorker Überwachungsoperation lief. Jetzt wurde
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