Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
wieder ganz in ihrer Rolle. Dann stieg sie die Treppe hinauf nach oben.
Die Frauen standen jetzt vor der Empfangsinsel und halfen einem Japaner und einer Hostess in die Mäntel. Offenbar waren sich die beiden über einen Preis einig geworden. Eine der Frauen betätigte den Türsummer, damit Delilah hinauskonnte. Der Security-Mann verbeugte sich und hielt ihr wieder die Tür auf.
Als sie das Ende des Weges zur Straße erreichte, kam ihr ein Mann vom Parkservice in Richtung Club entgegengelaufen. Sie wartete kurz und eilte dann ein paar Schritte zurück, bis zu der Stelle, wo der Weg eine Biegung machte. Sie bekam gerade noch mit, wie der Mann einen Magnetschlüssel innen aus dem Jackett zog und vor das Lesegerät hielt. Als er ihn wieder wegsteckte, sah sie, dass er den Schlüssel an einer Kordel um den Hals trug. Ehe die Tür sich ganz öffnen konnte, war Delilah schon wieder hinter der Wegbiegung verschwunden.
Per andere Mann vom Parkservice war vorne und hielt die Beifahrertür eines blauen Bentley Continental GTC auf. Der Motor schnurrte leise im Leerlauf.
Hübscher Schlitten, dachte sie. Sie lächelte dem Mann zu und ging davon.
33
E INE HALBE S TUNDE NACHDEM D ELILAH sich zurückgemeldet hatte, trafen wir uns wieder in Dox’ Hotelzimmer. Sie erstattete ausführlich Bericht: die Lage von Eingang und Notausgängen und die Abläufe beim Empfang; das Security-Personal und der turnusmäßige Wechsel beim Parkservice; der Notstromgenerator. Ihr war nichts entgangen, und sie hatte sich alle wichtigen Einzelheiten exakt eingeprägt. Ich war nicht überrascht.
»Der Grundriss ist gut für uns«, sagte sie, als Dox und ich keine weiteren Fragen mehr hatten. »Wir können alles kontrollieren. Das Einzige, was ich nicht genauer inspizieren konnte, war die Notausgangstür im Hauptraum, im Erdgeschoss. Es gibt eine, aber ich konnte nicht nah genug ran. Die im Untergeschoss geht jedenfalls nach außen auf und hat eine horizontale Druckstange zum Öffnen. Sie wird aber von einer Kamera überwacht und hat einen Aufkleber mit irgendeinem Hinweis. Ich schätze, es geht ein Alarm los, wenn sie geöffnet wird, deshalb hab ich’s lieber gelassen. Moment.«
Sie holte ihr Handy hervor und bearbeitete kurz die Tastatur, dann reichte sie mir das Gerät. »Kannst du das lesen?«
Ich musste die Augen zusammenkneifen, aber es ging. »Ja«, sagte ich. »Du hattest recht mit deiner Vermutung. Gut gemacht.«
Ich überlegte einen Moment, dann sagte ich: »Ich denke, wir können getrost davon ausgehen, dass es bei der anderen Tür genauso ist. Für Notausgänge in öffentlichen Gebäuden gibt es Vorschriften. Sie müssen immer nach außen aufgehen und sich per Druckstange öffnen lassen. Wahrscheinlich können wir sie also von außen mit einer einfachen Eisenstange blockieren. Ich seh mir das morgen mal aus der Nähe an, wenn ich das Gebäude von außen auskundschafte.«
»Der Laden macht schon was her«, sagte Delilah. »Extrem elegant, bestens durchorganisiert. Und die Frauen sehen toll aus, alle, wie sie da sind.«
»Mir kommt da eben ein Gedanke«, sagte Dox. »Vielleicht sollte ich das Etablissement auch nochmal von innen auskundschaften. Vier Augen sehen mehr als zwei.«
Ich warf ihm einen drohenden Blick zu.
Er zuckte die Achseln und sagte: »Kein Grund, an die Decke zu gehen. Was ist denn so schlimm daran, wenn ein Mann Spaß an seiner Arbeit hat?«
Delilah griff in ihre Handtasche und nahm Harrys Wanzendetektor heraus. »Da«, sagte sie. »Ehe ich es vergesse.«
»Du brauchst ihn vielleicht morgen Abend …«, setzte ich an.
»Nein, das Ding hat seinen Zweck erfüllt. Und zwar sehr gut. Hat sich im Vestibül gemeldet und bei der Kamera im Untergeschoss, ansonsten war es still. Ich verstehe, warum es für dich eine sentimentale Bedeutung hat.«
Ich nahm es und schüttelte den Kopf. »Die Geschichte erzähl ich dir ein andermal.«
Sie nickte und rieb sich die Augen. »Ich sollte besser ins Bett gehen.«
»Du hast recht«, sagte ich. »Den Rest können wir auch morgen noch besprechen. Schlaf dich aus und melde dich, wenn du aufgestanden bist.«
»Das hört sich gut an«, sagte sie und erhob sich.
Auch ich stand auf. »Ich bring dich zum Hotel.«
Sie schüttelte den Kopf. »Im Augenblick sollten wir lieber auf Abstand bleiben.«
Wieder wusste ich nicht, ob ihre wahre Motivation dafür persönlicher oder professioneller Natur war, aber es war weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, um das zu klären.
Weitere Kostenlose Bücher