Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
»Okay«, sagte ich.
Dox erhob sich ebenfalls. Er streckte die Hand aus, und Delilah schüttelte sie. »Super, dass sie dich für morgen Abend wieder eingeladen haben. Obwohl, überraschen tut mich das nicht«, sagte er. »Du hast deine Sache richtig gut gemacht, auf unbekanntem Terrain und ohne große Vorbereitung – wirklich allerhand.«
Sie schenkte ihm ein nettes Lächeln. »Danke, Dox.«
»Unser glorreicher Boss sieht das übrigens auch so«, fügte er hinzu. »Aber wie ich schon sagte, er ist in solchen Dingen ziemlich zurückhaltend.«
Delilahs Lächeln erstarb, und sie nickte zögerlich, als wollte sie sagen: Lassen wir das Thema jetzt lieber, okay? Ich war da direkter und warf ihm einen Blick zu, der deutlich signalisierte: Hör auf mit dem Scheiß. Aber er dachte nicht daran.
»Ja«, sagte er, »als ich ihn das erste Mal umarmt hab, da hättest du ihn mal sehen sollen. Er war so verkrampft, dass ich schon dachte, der kippt gleich aus den Latschen. Beim zweiten Mal hat er es schon besser verkraftet. Und beim vierten oder fünften Mal, da hat er’s regelrecht genossen. Wenn ich jetzt mal ein paar Tage lang vergesse, ihn in den Arm zu nehmen, fängt er tatsächlich an zu schmollen.«
Delilah legte eine Hand vor den Mund und senkte den Blick. Einen Moment lang blieb sie so stehen, völlig reglos, und dann fing sie an zu lachen. Ich blickte Dox an, halb fassungslos, halb erbost darüber, was er sich andauernd für einen Stuss einfallen ließ. Aber er merkte es nicht mal, weil auch er lachte.
Mir blieb nichts anderes übrig, als tatenlos zuzusehen, wie sich die beiden mit ihrem Gelächter gegenseitig ansteckten. Dox wischte sich die Augen und sagte: »Tut mir leid«, während Delilah einfach nur dastand und vor Lachen bebte.
Nach einer unangenehm langen Zeit beruhigten sie sich wieder. Delilah schnaufte ein paarmal tief durch und sagte dann zu mir: »Ich ruf dich morgen an?«
Ich nickte und sagte: »Ja. Klar.«
»Gute Nacht«, sagte Dox, und ich sah ihm an, dass er sich nur mit Mühe beherrschen konnte.
Delilah schaffte es aus dem Zimmer, ohne dass einer von ihnen wieder losprustete, aber ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie auf dem ganzen Weg zum Aufzug lachte.
Ich fixierte Dox.
»Tut mir leid, Mann, echt«, sagte er. »Aber du hast irgendwas an dir, was mich dazu reizt.«
»Ich glaube, das nennt man, dem Opfer die Schuld geben.«
»Na los, zieh mich ruhig wieder mit Tiara der Transe auf, dann fühlst du dich besser.«
»Nein, dann würdest du dich besser fühlen. Und deshalb tu ich’s nicht.«
»Oha, du bist ein harter Mann, John Rain, ein harter Mann«, sagte er, und diesmal konnte ich nicht anders. Ich musste mitlachen.
34
A M NÄCHSTEN M ORGEN JOGGTE ICH am Whispers vorbei – ein ganz normaler Typ aus der Gegend beim Frühsport, mit Sportschuhen und Trainingsanzug, eine Mütze zum Schutz gegen die frostige Luft tief ins Gesicht gezogen.
Ich lief durch eine Gasse zur Rückseite des Clubs. In Anbetracht der Geschäftszeiten vom Whispers bezweifelte ich, dass irgendwer um diese Uhrzeit da wäre. Aber falls mich doch jemand sah, würde er sich bestimmt nicht an einem Jogger stören, der nach einem stillen Plätzchen zum Pinkeln suchte.
Entsprechend dieser plausiblen Erklärung blieb ich schließlich stehen und öffnete die Kordel meiner Nylonsporthose, während ich die Umgebung nach Kameras absuchte. Ich sah keine, nur eine fensterlose Betonfassade mit einem Notausgang auf der linken Seite. Es war eine glatte Stahltür ohne Klinke oder sonstigen Beschlag. Ein gepflasterter Weg führte am Gebäude entlang.
Ich band die Kordel wieder zu und ging zu der Tür hinüber. Wie ich mir schon gedacht hatte, befanden sich die Scharniere auf der Außenseite. Wenn man eine ein Meter lange Eisenstange im spitzen Winkel dagegenklemmte, das untere Ende in eine Fuge des gepflasterten Weges gerammt, würde das genügen, um die Tür zu blockieren.
Ich lief weiter zur Westseite des Gebäudes, wo ich erneut eine Pinkelpause vortäuschte. Dort führte eine Betontreppe nach unten zum Notausgang im Untergeschoss. Die Tür war identisch mit der ersten. Okay.
Ich setzte meinen Morgenlauf fort und blieb im Aoyama-Park stehen, um Tatsu im Krankenhaus anzurufen. Es klingelte mehrmals, dann hörte ich seine Stimme, fast ein Stöhnen: »Hai. «
»Ich bin’s«, sagte ich. Mein Gott, er klang fürchterlich. »Tut mir leid, dich zu stören.«
Er sagte einen Augenblick nichts, und ich hörte, wie er nach Luft
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