Tokio Killer05 - Riskante Rückkehr
ihr gezeigt hatte. Die zwei hinter ihm waren jünger und durchtrainiert und sahen mindestens ebenso brutal aus. Sie musterte sie von oben bis unten. Beide hatten an der rechten Hüfte eine Ausbuchtung, und das rechte Hosenbein hing gut drei Zentimeter zu hoch. Pistolen in Hüftholstern – Bodyguards. Der vierte Mann wirkte ein wenig distinguierter, eher wie jemand, der was zu sagen hat – Management. Alles genauso, wie Dox vermutet hatte.
Die Hostessen traten vor und nahmen den Männern die Mäntel ab. Big Liu blickte sich lächelnd um, dann bemerkte er Delilah. Das Lächeln wurde breiter und verharrte an der Grenze zur Lüsternheit. Nun ja, Rain hatte ja erwähnt, dass der Mann auf blonde Frauen stand.
Eine der Hostessen führte die Neuankömmlinge zum Hauptraum. Als sie durch die Schwingtüren traten, drehte Big Liu sich wieder nach Delilah um, noch immer lächelnd.
Zwei Minuten später kam die Hostess zurück. Statt jedoch ihren Posten hinter der Insel wieder einzunehmen, verschwand sie im Büro. Delilah fragte sich, was los war.
Sie hörte erneut Dox im Ohr: »Yamaoto ist im Anmarsch. Er hat sich zu schnell bewegt, und seine Bodyguards waren im Weg. Ich bin nicht zum Schuss gekommen. Du müsstest das Trüppchen jeden Augenblick sehen. Kuro ist auch dabei.«
»Verstanden«, flüsterte sie.
»Also gut«, sagte Rain. »Wir haben ja auch nicht ernsthaft damit gerechnet, ihn sofort zu erledigen. Wir erwischen ihn drinnen.«
Eine Sekunde später ertönte der Summer. Der Security-Typ öffnete die Tür und verbeugte sich besonders tief. Dann kamen vier Japaner in Anzügen forsch hereinmarschiert. Die ersten beiden erkannte Delilah von Rains Fotos wieder: Yamaoto war der Ältere und ging voraus. Er hielt sich kerzengerade und hatte genau die Art von energischer Ausstrahlung, die man durch einen ganzen Raum spüren konnte. Sein Anzug saß wie angegossen, und das maßgeschneiderte Jackett und die Bewegung seiner Schulterblätter unter dem Stoff verrieten ihr sogleich, dass er keine Schutzweste trug. Kuro wirkte weicher. Er hatte Pomade im Haar, und sein ganzer Habitus ließ eher einen Geschäftsmann vermuten als einen Gangster. Er folgte Yamaoto im Abstand von einem halben Meter. Die anderen beiden, deren Muskelberge sich unter den Anzügen abmalten und deren Augen hin und her huschten, während sie sich abmühten, mit ihren Bossen Schritt zu halten, waren offensichtlich Bodyguards. Wie ihre chinesischen Pendants waren ihre Jacketts verräterisch ausgebeult.
Die Hostess hinter der Insel ging zu ihnen, um sie in Empfang zu nehmen. Die Bürotür öffnete sich, und Kyoko kam mit der anderen Hostess heraus. Während die jüngeren Frauen höflich warteten, besprach Kyoko irgendetwas mit Yamaoto und Kuro. Zwischendurch blickten die beiden Männer und Kyoko immer mal wieder zu Delilah herüber, um anschließend ihr Gespräch fortzusetzen.
Diesmal eskortierte Kyoko die Männer persönlich hinein. Delilah wäre am liebsten aufgestanden, um zu sehen, wohin sie im Hauptraum gehen würden, doch das wäre zu auffällig gewesen. Sie würde auf eine bessere Gelegenheit warten müssen.
Sie flüsterte: »Keine Schutzweste.«
»Roger«, antwortete Dox augenblicklich.
Einen Augenblick später war Kyoko zurück. Sie kam auf Delilah zu und sagte: »Wir haben … eine interessante Situation.«
Delilah hob fragend die Augenbrauen, konnte sich aber fast denken, was los war. Sie war nicht sicher, ob das eine günstige Chance war oder ein Problem. Vielleicht von beidem ein bisschen.
»Einer unserer Gäste«, fuhr Kyoko fort, »ist sehr von Ihnen angetan. Und interessiert sich heute Abend für keine andere Dame.«
»Aber Sie ihm sagen … ich noch nicht arbeiten hier. Ich mich nur vorstellen.« Rain und Dox würden sich fragen, was vor sich ging, aber gleich würde bei ihnen der Groschen fallen.
Kyoko nickte. »Das hat den Reiz nur verstärkt.«
»Welcher Gast?«
»Der chinesische Gentleman. Mr. Liu.«
»Ich soll Hostess sein für Mr. Liu?«
Kyoko lachte. »Genau das will er. Hören Sie, die Situation ist äußerst ungewöhnlich. Sie haben weder ein Vorstellungsgespräch gehabt, noch sind Sie angelernt worden. Aber Mr. Liu ist ein wichtiger Gast. Und die beiden Mitglieder, die bei ihm sind, Mr. Yamaoto und Mr. Kuro, möchten, dass er zufrieden ist.«
Wenn sie nein sagte, würde das seltsam wirken. Eine Bewerberin wie Laure würde die Chance, bereits beim Vorstellungstermin so wichtige Leute beeindrucken zu können, mit
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