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Tokio Total - Mein Leben als Langnase

Tokio Total - Mein Leben als Langnase

Titel: Tokio Total - Mein Leben als Langnase Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Finn Mayer-Kuckuk
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für die Transaktion, und kommen Sie bald wieder«, geht ja noch. Immerhin wiederholt er nicht die Geheimzahl laut zur Kontrolle. Die redefreudigeren Fahrkartenautomaten der Bahngesellschaft nerven mich dagegen durch ihre Ungeduld. Kaum hat sich ein Eingabebildschirm
aufgebaut, beklagen sie sich. »Bitte machen Sie Ihre Eingabe. Wählen Sie jetzt aus zwischen reserviertem Platz oder Reise ohne Reservierung! Machen Sie Ihre Eingabe!«
    Einige Getränkeautomaten zeigen auf dem Bildschirm eine Verkäuferin in Uniform, die sich verbeugt, wenn jemand an dem Apparat vorbeigeht. »Willkommen!«, flötet sie mir entgegen. »Sie haben ein heißes Getränk gewählt - Bitte entnehmen Sie Ihr Getränk dem Auswurfschacht - Vielen Dank, und beehren Sie uns bald wieder!« Mit meinem Getränk in der Hand habe ich dann das Gefühl, einen einfachen Automaten sehr glücklich gemacht zu haben.
    Klar, dass auch Aufzüge mehr reden als nötig. Sie kündigen nicht nur jedes Stockwerk an. Einige informieren an jedem Halt fürsorglich: »Dieser Fahrstuhl befindet sich im Selbstfahrbetrieb.« In Kaufhäusern leiert die Stimme oft noch herunter, ob es auf dieser Etage einen Übergang ins Parkhaus gibt und welche Aktionswaren im Angebot sind. Wenn der Benutzer sofort nach dem Öffnen wieder auf den Schließknopf für die Tür drückt, ohne auszusteigen, ist der Aufzug traurig: »Entschuldigen Sie, dass ich Sie habe warten lassen.«
    Wie in Bussen und Bahnen dauert die komplette Runde der Durchsagen die ganze Zeit bis zum nächsten Stopp. Diese Maschinen schweigen nie. An einigen Bahnhöfen in Tokios U-Bahn-Labyrinthen sagt jede Rolltreppe, in welche Richtung sie führt (»Ausgang C7, Ostshinjuku«), in der Mitte, was alles zu beachten ist (»Vorsicht bei der Benutzung, wenn Sie einen Rock tragen. Nehmen Sie Kinder an die Hand. Nicht auf die Handführung setzen …«) und warnt vor ihrem eigenen Ende (»Die Fahrtreppe endet hier. Bitte
seien Sie vorsichtig beim Verlassen der Fahrtreppe«). In Hörweite befinden sich oft sieben oder acht Rolltreppen in beide Richtungen, und alle plappern durcheinander. Kommt da nicht auch der versierteste Blinde durcheinander?
    In den Bussen gibt es vor allem Ermahnungen, Sicherheitshinweise, Warnungen der Polizei (»Machen Sie am Geldautomaten keine Überweisungen, wenn Sie am Handy darum gebeten werden!«). Dazu kommen Aufforderungen zum Umgang mit älteren Mitbürgern und Fahrgästen mit einer Behinderung und der Rat, bis zum vollständigen Halt auf dem Platz sitzen zu bleiben. Zum Schluss folgen Umsteigemöglichkeiten und Streckeninformationen.
    In allen Mietwagen, die ich bekam, machte ein kleiner schwarzer Kasten hinter der Windschutzscheibe seine Durchsagen. Fahrer, die eine Abbuchkarte für die Autobahnmaut besitzen, können sie in einen Schlitz an dieser Box stecken. Da ich keine hatte, warnte mich das Gerät zwischendurch immer wieder: »Sie können ETC nicht verwenden. Es ist keine Karte eingeführt. Fehler! Null-Eins!« Im Gegensatz zu der einschmeichelnden Stimme der Navigation fiepste das Mautkartengerät unangenehm hoch. Lastwagen tragen dagegen außen Lautsprecher, die beim Abbiegen die Fußgänger warnen sollen.
    Wenn Miguel im Wohnzimmer seines Appartments auf einen Knopf an den Schalttafeln drückte, lief im Bad das Wasser ein. »Es läuft nun das Wasser ein«, sagte eine Frauenstimme, und zehn Minuten später: »Das Bad ist nun bereitet mit 41,5 Grad Celsius. Achtung, das Wasser ist sehr heiß!«
    Eine Toilette informierte mich einst mit einfühlsamer Stimme, dass sie den »Abspülvorgang starten wird, sobald
der werte Nutzer sich erhoben« habe. Ich saß mit aufgerissenen Augen auf dem Sitz und fragte mich, wer da sprach.

    In japanischen Comics kommen Roboter oft besser weg als Menschen, so im Klassiker »Astro Boy« aus den Fünfzigerjahren. Der niedliche »Eisenarm Atom« stellt mit seinen Superkräften nie etwas Böses an und rettet stattdessen unverdrossen die Menscheit. Jetzt arbeiten die Japaner daran, ihre Comics Wirklichkeit werden zu lassen. Honda zeigte kürzlich einen Prototyp für die Steuerung von Haushaltsrobotern durch Gehirnwellen. Die Ingenieure bei Toyota ließen einen ihrer Roboter mit fünf Fingern gefühlvoll Geige spielen.
    Allein während ich in Japan war, stellten andere Firmen Dutzende von Prototypen und Ideen vor: einen Roboter als Lehrerin, einen Arbeitsroboter für radioaktive oder chemisch verseuchte Orte und die elektrische Rezeptionistin. Tee zu servieren

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