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Tokio

Tokio

Titel: Tokio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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und hauchte leicht dagegen. Ich erstarrte, fürchtete mich vor dem, was er sagen würde.
    »Weißt du was, Spacko? Du hast ja keine Ahnung, wie ähnlich wir uns sind, du und ich. Ich weiß genau, was in deinem Kopf vorgeht.«
    »Bitte, zieh sie mir nicht aus.«
    »Das werde ich nicht. Nicht jetzt. Aber lass mich dir sagen, was passieren wird. Eines Tages, schon sehr bald, wirst du mir erzählen, was es ist. Und weißt du was?« Ich sah ihn an.
    »Was?«
    »Es wird nicht mal eine große Sache sein, weil ...« Er blickte auf die Wände, auf das Wandgemälde von Tokio, auf die Bilder von Nanking, die ich aufgehängt hatte. Seine Augen funkelten im schummrigen Licht, »...weil du und ich - wir sind gleich. Wusstest du das?«
    Ich schüttelte den Kopf, wischte mir mit den Händen das
    Gesicht ab und strich mir eine Strähne aus der Stirn. »Es tut mir Leid«, sagte ich gepresst. »Es tut mir wirklich Leid.«
    »Das muss es nicht.« Er küsste meinen Nacken, fuhr mit seiner Zunge über die Stelle unterhalb des Ohrs. »Das muss es nicht. Das einzige Problem ist...«
    »Mhmmm?«
    »Wenn du deine Hose anbehältst, wie soll ich dich dann
    .ficken?«
    Ich holte tief Luft, schubste ihn von mir weg und zog mein Kleid bis über die Hüften hoch. Dann steckte ich meinen Zeigefinger unter den Zwickel und zog ihn beiseite. Es dauerte nur einen Moment, bis Jason begriff, wie mein Zauberhöschen funktionierte.

Und von da an war die ganze Sache einfach perfekt. Hinterher konnte ich kaum sprechen. Jason zog seine Jeans hoch, nahm eine meiner Zigaretten, steckte sie sich in den Mund, zündete sie an und legte den Kopf in den Nacken. Er verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete durch den Zigarettenrauch die Blumenranken auf meiner Unterhose, so als würde er argwöhnen, dass ich ihm irgendeinen Streich spielte.
    »Was?«, fragte ich nervös. Ich strich instinktiv meine Boxershorts über dem Bauch glatt und vergewisserte mich, dass nichts zu sehen war. »Was?«
    Er nahm die Zigarette aus dem Mund und lachte. »Nichts.«
    Dann schnippte er die Asche mit einer schwungvollen Geste in die Luft, ging wortlos zur Tür und hinaus. Ich hörte, wie er am Ende des Korridors seine Schlüssel herausholte, die Schuhe anzog und die Treppe hinuntertrampelte. Dann herrschte im Haus Stille, und ich saß allein und verlassen auf meinem Schminktisch, nackt, bis auf mein Zauberhöschen.
    Ich rutschte herunter und ging ans Fenster. Die Gasse war leer - keine Spur von Jason. Er war tatsächlich fortgegangen. Ich reckte mein Gesicht mutig zu Mickey Rourke empor. Er lächelte, als ob nichts geschehen wäre. Von der Bucht wehte eine sanfte Brise herüber, und das einzige Geräusch war das Rascheln des Windes im Bambus und der weit entfernte Verkehrslärm.
    Was hatte dies alles zu bedeuten? Hatte er mich verlassen, wie die Jungen in dem Lieferwagen? Hatte ich alles falsch verstanden? Ich setzte mich auf den Boden und rieb mir wieder und wieder den Bauch. Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass so etwas passierte - ich hätte alles so belassen sollen, wie es war. Ich sah zu dem Kondom, dass er in den Papierkorb geworfen hatte, und das gleiche leere Gefühl ergriff mich, das ich empfunden hatte, als die Rücklichter des Lieferwagens in der Ferne verschwanden. Es war wie Übelkeit. Hast du denn deine Lektion nicht gelernt?
    Schließlich hob ich mein Kleid auf und zog es an. Dann fischte ich mit spitzen Fingern das Kondom aus dem Papierkorb, ging damit im Dunkeln den Korridor entlang und warf es in die im Boden eingelassene, traditionell-japanische Toilettenschüssel. Nachdem ich die Spülung betätigt hatte, kreiselte es einige Male im Wasser, bevor es hinabgesogen wurde und ich ins Leere starrte.
    Am entgegengesetzten Ende des Hauses knallte die Vordertür zu, und ich hörte Schritte auf der Treppe.
    »Grey?«
    Er war wieder da. Ich trat hinaus in den Flur, und sah ihn, die Arme voll mit Tüten aus dem rund um die Uhr geöffneten Lebensmittelladen. Im Nachhinein klingt es lächer
    lieh, doch damals erschien er mir tatsächlich wie ein Engel. Ich erspähte Sake-Flaschen und einen großen Beutel mit getrockneten Tintenfischen, die oben aus den Tüten ragten.
    »Wir brauchen Treibstoff.« Er holte eine Packung Sembei heraus und zeigte sie mir. »Wir brauchen Kraft, damit wir es noch einmal machen können.«
    Ich schloss die Augen.
    »Was ist denn?«
    »Nichts«, sagte ich, und ein kindisches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus.

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