Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
Du verstehst, was ich damit meine. Aber ich bin nicht an Tom interessiert, sondern an Dir. Ja, ich kann die paar Wochen ohne Dich überstehen, Liebling, sogar Weihnachten, wenn ich auch lieber nicht an Weihnachten denke. Ich möchte ganz gern nicht über Dich nachdenken und - wie Du sagst - die Gefühle sprechen lassen oder auch nicht. Aber es ist unmöglich, hier nicht an Dich zu denken, denn an jedem Stein dieses Dorfes spukst Du herum, für mich jedenfalls, und in diesem Hause, wohin ich auch schaue, stoße ich auf Deine Spuren, die Hecke, die wir gepflanzt haben, der Zaun, den wir zu reparieren begannen und nie fertigmachten, die Bücher, die ich mir von Dir geliehen und nie zurückgegeben habe. Und Dein Stuhl am Tisch, das ist das Schlimmste.
    Um mit dem Mundverbrennen fortzufahren, ich behaupte nicht, daß Tom Dir richtig physisch etwas antun könnte, aber ich weiß, daß er im stillen einen schlechten Einfluß auf Dich ausübt. Man merkt, daß Du Dich unbewußt schämst, ihn um Dich zu haben, wenn Du ihn um Dich hast. Weißt Du das? Hast Du Dich jemals bemüht, das zu analysieren? Ich habe in den letzten Wochen geglaubt, Du fingest an, das alles zu merken, aber nun bist Du wieder mit ihm zusammen, und ich sage Dir ganz offen, mein Junge, ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Wenn es Dir wirklich ›egal ist, wann‹ er abdampft, dann laß ihn in Gottes Namen sein Bündel schnüren! Keinem Menschen der Welt, auch Dir nicht, kann er je helfen, über irgend etwas Klarheit zu gewinnen. Es liegt im Gegenteil ganz in seinem Interesse, Dich im Durcheinander zu halten und Dich an der Nase herumzuführen, und Deinen Vater auch.
    Tausend Dank für das Kölnisch Wasser, Liebling. Ich werde es aufbewahren - wenigstens zum größten Teil -, bis wir uns wiedersehen. Den Kühlschrank habe ich noch nicht zu mir geschafft. Selbstverständlich kannst Du ihn jederzeit wiederhaben, wenn Du willst.
    Vielleicht hat Tom Dir erzählt, daß Skippy ausgerissen ist. Sollte ich einen Wandervogel gefangenhalten mit einem Strick um den Hals? Ich muß unbedingt sofort etwas mit der Hauswand machen, bevor sie völlig verrottet und über mir zusammenbricht. Ich wünschte, Du wärest hier, Darling - natürlich. Alles Liebe - und schreib.
    Marge«
    p. A. American Expreß
Rom, 12. Dezember
    »Liebe Mutter, lieber Paps,
    ich bin in Rom auf der Suche nach einer Wohnung, aber bisher habe ich noch nicht das Richtige gefunden. Die Wohnungen hier sind entweder zu groß oder zu klein, und wenn man eine hat, die zu groß ist, dann muß man im Winter bis auf ein Zimmer die ganze Wohnung stillegen, um es einigermaßen warm zu haben. Ich bemühe mich, eine mittelgroße Wohnung zu einem mittelgroßen Preis zu finden, die ich richtig heizen kann, ohne dafür ein Vermögen ausgeben zu müssen.
    Entschuldigt, daß ich in letzter Zeit so schreibfaul war. Ich hoffe, mich zu bessern bei dem ruhigeren Leben, das ich hier führe. Ich hatte das Gefühl, ich brauchte eine Abwechslung von Mongibello - Ihr habt es ja beide schon seit langem gesagt -, ich bin also mit Sack und Pack umgezogen, und vielleicht verkaufe ich sogar das Haus und das Boot. Ich habe einen sehr sympathischen Maler namens di Massimo kennengelernt, der bereit ist, mir in seinem Atelier Malunterricht zu geben. Ich werde ein paar Monate lang wie ein Besessener arbeiten, mal sehen, was dabei herauskommt. Eine Art Prüfung. Ich weiß, Paps, das interessiert Dich wenig, aber Du fragst ja immer, wie ich meine Zeit hinbringe, nun, damit bringe ich sie hin. Bis zum nächsten Sommer werde ich ein sehr stilles, arbeitsames Leben führen.
    Dabei fällt mir ein - könntest Du mir nicht mal die neuesten Prospekte der Burke-Greenleaf schicken? Auch ich möchte gern auf dem laufenden bleiben über das, was Du machst, und es ist schon lange her, daß ich etwas zu Gesicht bekommen habe.
    Mutter, ich hoffe, Du machst Dir nicht so große Umstände mit dem Weihnachtsgeschenk für mich. Ich wüßte wirklich nicht, was ich gebrauchen könnte. Wie fühlst Du Dich? Kannst Du denn ein bißchen ausgehen? Ins Theater und so was? Wie geht es Onkel Edward jetzt? Schick ihm meine Grüße und laß bald wieder etwas hören.
    Liebe Grüße Euer Dickie«
    Tom überlas den Brief noch einmal, fand, daß wohl ein paar Kommas zuviel waren, tippte ihn geduldig neu und unterschrieb. Er hatte neulich einmal einen halbfertigen Brief Dickies an seine Eltern in der Schreibmaschine stecken sehen, er kannte also im großen und ganzen

Weitere Kostenlose Bücher