Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
hatte sein Zimmer noch gar nicht betreten.
    »Nach Cortina wird er doch wohl fahren, oder nicht?« fragte Marge.
    »Nein, will er nicht. Er sagt, daß er Freddie schreiben und es rückgängig machen will. Aber das sollte Sie nicht hindern, hinzufahren.« Tom beobachtete sie. »Übrigens - Dickie sagt, er würde sich freuen, wenn Sie den Kühlschrank nehmen würden. Sie finden bestimmt jemanden, der Ihnen beim Hinüberschaffen hilft.«
    Bei dem Kühlschrankgeschenk zeigte sich nicht die leiseste Regung in Marges bedrücktem Gesicht. Tom wußte genau, jetzt fragte sie sich, ob er mit Dickie zusammenleben würde oder nicht, und höchstwahrscheinlich schloß sie aus seinem fröhlichen Gehaben, daß er mit Dickie zusammenleben würde. Tom konnte sehen, wie ihr die Frage auf die Lippen kroch - Marge war für ihn so durchschaubar wie ein kleines Kind -, und dann fragte sie es: »Werden Sie in Rom bei ihm wohnen?«
    »Vielleicht eine Zeitlang. Ich will ihm helfen, sich einzurichten. Noch in diesem Monat will ich nach Paris, und ich denke, so Mitte Dezember fahre ich wieder zurück in die Staaten.«
    Marge sah niedergeschmettert aus. Tom wußte, daß sie sich die kommenden einsamen Wochen vorstellte - selbst wenn Dickie regelmäßig kleine Stippvisiten in Mongibello machte, um sich mit ihr zu treffen -, die öden Sonntagvormittage, die einsamen Mahlzeiten. »Was will er denn zu Weihnachten machen? Meinen Sie, er will die Feiertage hier verbringen oder in Rom?«
    Tom sagte, eine Spur gereizt: »Nun, ich glaube, nicht hier. Ich habe das Gefühl, daß er allein sein möchte.«
    Das verschlug ihr die Sprache. Sie war schockiert und verletzt. Wart nur, dachte Tom, wenn sie erst den Brief hatte, den er von Rom aus zu schreiben gedachte. Er würde sanft mit ihr umgehen, natürlich, so sanft wie Dickie, aber es durfte kein Zweifel mehr bestehen, daß Dickie sie nicht mehr zu sehen wünschte.
    Wenige Minuten später erhob sich Marge und sagte geistesabwesend auf Wiedersehen. Plötzlich hatte Tom das Gefühl, sie würde Dickie heute noch anrufen. Vielleicht würde sie sogar nach Rom fahren. Nun, was dann? Dickie konnte ja das Hotel gewechselt haben. Und in Rom gab es genug Hotels, selbst wenn sie persönlich nach Rom käme, hätte sie tagelang zu tun, ihn zu suchen. Und wenn sie ihn dann nicht fände, nicht telephonisch und nicht persönlich, dann würde sie gewiß annehmen, er sei mit Tom Ripley nach Paris oder in sonst eine Großstadt gefahren.
    Tom blätterte eine neapolitanische Zeitung durch, er suchte die Notiz über ein Boot, das man in der Nähe von San Remo versenkt aufgefunden hatte. Barca affondata vicino San Remo, so etwa dürfte die Schlagzeile lauten. Und sie würden großes Tamtam um die Blutspuren im Boot machen, falls die Blutspuren noch da waren. Solche Sachen waren genau das richtige, mit Begeisterung machten die italienischen Zeitungen so etwas in ihrem melodramatischen Stil groß auf: »Giorgio di Stefani, ein junger Fischer aus San Remo, machte gestern nachmittag um drei Uhr in zwei Meter Tiefe einen entsetzlichen Fund. Ein kleines Motorboot, innen mit furchtbaren Blutflecken übersät . . .« Aber Tom konnte nichts entdecken in der Zeitung. Auch gestern hatte nichts dringestanden. Es mochte Monate dauern, bis das Boot gefunden wurde, dachte er. Vielleicht fand man es nie. Und wenn sie es fanden - woher wollten sie wissen, daß Dickie Greenleaf und Tom Ripley damit hinausgefahren waren? Dem italienischen Bootsverleiher in San Remo hatten sie ja ihre Namen nicht genannt. Der Bootsfritze hatte ihnen nur einen kleinen orangefarbenen Zettel in die Hand gedrückt, den Tom in der Tasche gehabt hatte, später hatte er ihn dort gefunden und vernichtet.
    Tom verließ Mongibello gegen sechs Uhr per Taxi. Vorher war er noch im »Giorgio« gewesen, hatte einen Espresso getrunken und sich von Giorgio, Fausto und sonstigen Dorfbekanntschaften, seinen eigenen und Dickies, verabschiedet. Allen erzählte er dasselbe, daß Signor Greenleaf in Rom bliebe den Winter über und daß er sie grüßen ließe, bis sie sich wiedersehen würden. Tom sagte, daß Dickie sicherlich in Kürze auf einen Sprung herunterkäme.
    Dickies Bettwäsche und Bilder hatte er am Nachmittag in Kisten verpacken lassen, die zusammen mit Dickies Schrankkoffer und zwei weiteren schweren Koffern nach Rom verfrachtet wurden, wo sie von Dickie Greenleaf abgeholt würden. Tom nahm seine beiden Koffer und noch einen von Dickie im Taxi mit. Mit Signor Pucci im

Weitere Kostenlose Bücher