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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Freund haben. Warum sollte sie? Es hatte schon vorher Freunde gegeben. Lediglich der Zeitpunkt war äußerst unpraktisch. In wenigen Wochen würde Rachel wichtige Prüfungen ablegen müssen, doch sie hatte scheinbar nur diesen Jungen im Kopf.
    Rachel war genauso stur wie ihr Vater. Er sprach mittlerweile kaum noch mit Anne. Die Beziehung zwischen ihr und David war ausgesprochen eisig, doch seit sie ihm von Thorne erzählt hatte, war alles nur noch schlimmer geworden. Er schien die Kommunikation völlig abzubrechen, das jedoch zu einem Zeitpunkt, wo eine gemeinsame Front, was Rachel betraf, ganz hilfreich wäre.
    Das Seltsame war, dass David schon von der Beziehung zu Thorne gewusst zu haben schien, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Anne dachte an die Begegnung im Fahrstuhl. Bereits damals hatte er einen Kommentar darüber abgegeben.
    Steve Clark ging lächelnd vorbei. Sie lächelte zurück und fragte sich, ob ein Teil der Schwierigkeiten mit Rachel vielleicht auch mit Thorne zu tun hatte. War Rachel eifersüchtig? Anne hatte einmal versucht, mit ihr über Thorne zu reden. Seit dem großen Krach vor ein paar Wochen wollte sie etwas offener sein. Sie hatte Rachel von dem Fall erzählt und welche Verbindung sie dazu hatte. Ein paar besonders grässliche Einzelheiten hatte sie ausgelassen, und sie hatte sich um Jeremys Rolle herumgedrückt – allerdings auch, um sich ihren eigenen Seelenfrieden zu bewahren. Sie hatte sie über Alisons Fortschritte auf dem Laufenden gehalten und sich allgemein sehr angestrengt, um Brücken zu bauen. Doch vielleicht hatte sie Rachel nicht erklärt, welcher Art ihre Gefühle für Thorne waren.
    Dies lag wohl daran, dass sie sich selbst nicht darüber im Klaren war, sagte sie sich, als sie den Teller mit dem nicht angerührten Salat zur Seite schob. Sie stand auf und ging durch den Notausgang der Kantine nach draußen, wo sie sich eine Zigarette anzündete und sich dem Ausblick auf große Stahltonnen und zahllose Styroporverpackungen hingab.
    Thorne …
    Seit dem Abend, an dem sie und Thorne im Bett gelandet waren, hatte sie kaum ein Wort mit Jeremy gewechselt. Diese Auszeit war ihre Entscheidung gewesen, doch sie spürte, dass auch er um Abstand bemüht war. Sie konnte die Möglichkeit nicht leugnen, dass Jeremy eifersüchtig und ein Teil dieser Eifersucht sexueller Natur war, doch scheinbar bahnte sich auch bei ihm eine Beziehung an. Er hatte in den Tagen, als sie sich noch regelmäßig trafen, ein oder zwei versteckte Andeutungen gemacht. Er schien abgelenkt zu sein, aber nicht wegen der Arbeit. Anne hoffte, dass es wegen einer Frau war. Sie wünschte Jeremy nur das Beste.
    Sie vermisste ihn.
    Aber sie würde nicht zum Telefon greifen und den Mann anrufen, den sie seit mehr als fünfundzwanzig Jahren kannte, weil sie sich Thorne gegenüber irgendwie illoyal vorkäme, obwohl sie ihn erst seit fünf Minuten kannte. Sie ärgerte sich, dass ihre Loyalität getestet wurde. Und warum, zum Teufel, rief Thorne nicht mehr an?
    Er hatte sich gemeldet und erzählt, es habe schwerwiegende Entwicklungen in dem Fall gegeben. Schwerwiegend hatte sich für sie wie ein Synonym für »Tod« angehört, und zwei Tage später hatte sie darüber gelesen. Die Nachrichtensperre, auf die Thorne am Anfang so bedacht gewesen war, hatte ihr Ende gefunden. Empörte Kommentare und Bilder von fünf toten Frauen.
    Mittlerweile las sie keine Zeitungen mehr. Ihr war schon schlecht genug.
    Abgesehen von ihrer Arbeit mit Alison wollte Anne mit diesem hässlichen Fall nichts zu tun haben. Sie wollte nichts mehr davon wissen.
    Bis sie ihn schnappten.
     
    Thorne und Holland waren zum Teich am Südausgang des Parks gegangen. Sie lehnten sich gegen das Geländer, und hin und wieder mussten sie lauter reden, um die Kinder, die nur wenige Meter von ihnen entfernt spielten, zu übertönen. Ein Vater las rauchend eine Zeitung, während zwei Kinder erfolglos versuchten, eine Rutsche hinaufzuklettern. Ein drittes Kind stand auf einer Schaukel und verlangte, beachtet zu werden.
    Während Holland geradeaus ins Wasser starrte, beobachtete Thorne eine große braune Ratte, die unter der niedrigen, den Weiher säumenden Hecke herumhuschte. Es gab hier immer Ratten, die nach den schlecht geworfenen Brotstückchen Ausschau hielten. Thorne fand es stets aufregend, eine zu sehen. Es waren keine hübschen Tiere, doch während Holland von den zahlreichen Enten und Gänsen begeistert war, fühlte sich Thorne auf natürliche Weise von Ratten

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