Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes
wann es so weit ist.«
»Genau, er hat Recht«, sagte Spike.
Caroline hob abrupt den Kopf und starrte Thorne an. »Ich weiß, dass es so kommt, weil es immer so kommt. Und es ist immer schlecht. «
Spike hörte nicht auf, den Kopf zu schütteln. »Nein … auf keinen Fall, auf keinen Fall …«
»Ich kenn niemanden, der es gut trifft«, sagte sie. »Uns trifft es immer scheiße. Unser Glück ist tödlich …«
Sie fingen an, durcheinander zu reden. »Wenn es kommt, haben wir genug Geld, um uns alles zu kaufen, was wir wollen. Alles.« Spike grinste von einem Ohr zum anderen, plapperte hoch und schnell drauflos. »Wir besorgen uns eine Wohnung mit genug Platz für die besten Scheißkühlschränke und die beste Anlage und mit allem Superküchenzeugs und so …«
»Träum weiter …«
»Wir können gigantische Partys feiern, und wenn uns danach ist, können wir in eines dieser schicken Dinger einchecken und clean werden. Und dann, wenn es uns echt gut geht und alles super läuft, können wir Robbie holen …«
Caroline zuckte zusammen und schloss die Augen. Als sie sie lautlos wieder öffnete, waren sie ganz groß hinter einem Tränenschleier. Sie senkte den Blick und drehte mit den Fingern an den dünnen Lederarmbändern.
»Da ist er«, rief Spike plötzlich.
Bis Thorne sich umgedreht hatte, um den Mann zu betrachten, der durch den Tunnel langsam auf sie zukam, war Caroline schon auf den Beinen und lief ihm entgegen. Es dauerte nicht lange. Nur wenige Worte wurden brummend ausgetauscht, bevor die wirklich wichtigen Waren den Besitzer wechselten.
Thorne blickte sich um. Spike rollte ein Geschirrtuch auf dem Boden aus, wobei drei oder vier schmale Spritzen zum Vorschein kamen, ein Plastikmesser und ein schwarzer Löffel mit einem verbogenen Stiel. Dann kramte er hinter einer der Schachteln eine kleine Flasche Evian hervor und sah zu Caroline, die bereits zurückkam. Thorne konnte förmlich die Gänsehaut sehen und den Schweißfilm.
»Komm schon, Caz, mir geht’s nicht gut …«
Caroline setzte sich und reichte ihm ein streichholzschachtelgroßes, in weißes Papier gewickeltes Päckchen.
Spike schnappte sich das Feuerzeug und redete wie ein Maschinengewehr, als er das Papier von dem Päckchen entfernte und auf dem Boden ausbreitete. »Toll, Terry wieder zu sehen, oder? Hab dir ja gesagt, ein klasse Typ. Inzwischen ist er garantiert platt und hängt besoffen mit den alten Kumpeln von Radio Bob rum. Bei den meisten von denen ist eine Schraube locker, aber Terry ist es egal, mit wem er säuft Mithilfe einer Supermarkt-Bonuskarte glättete Spike das Heroin und strich es in Form. Dann warf er die Karte Caroline zu. »Du schneidest, ich such mir die Hälfte aus.«
Caroline bewegte sich von der Mauer weg und näherte sich dem Heroin. Jetzt sah Thorne, dass auch sie es kaum erwarten konnte. Sie leckte sich den Schweiß von den Lippen. Die transparenten U-Bahn-Lampen waren es nicht, die ihre Haut wie altes Zeitungspapier aussehen ließen. »Lass den Scheiß«, sagte sie. »Koch alles auf …«
Spike rollte das Papier zu einem Trichter und schüttete das Pulver bis auf den letzten Brösel vorsichtig auf den Löffel. »Du setzt mir zuerst die Spritze, okay?«
»Von wegen. Ich setz mir die Spritze, und dann dir.«
»Auf keinen Fall. Danach kannst du das nicht mehr.«
»Jetzt mach schon, du Wichser …«
Spike zog Wasser in der Spritze hoch und drückte einen Teil raus, bis die Menge stimmte. Er beugte sich nach unten und konzentrierte sich, um das Wasser in den Löffel zu drücken. Dann rührte er mit der Spritze das Heroin in die Flüssigkeit.
Und Thorne sah zu …
Er war nicht entsetzt, aber dennoch war er noch nie so nah dran gewesen, er hatte nie in einer Drogeneinheit gearbeitet. Er saß da und glotzte, fasziniert von dem ritualisierten Vorgang.
»Hast du Essig?«
Caroline langte in ihre Tasche, zog Papiertücher, eine Plastik-Zitronenflasche und die Tüten heraus, die sie vorher in dem Café hatte mitgehen lassen. Eine davon gab sie Spike. Er riss sie mit den Zähnen auf, drückte ein paar Tropfen Essig in die Mischung und rührte weiter.
»Wofür ist denn der Essig?«, fragte Thorne.
»Das Zeug hat nur zwanzig Pfund gekostet«, erklärte Caroline. »Es ist nicht besonders rein und mischt sich nicht so leicht. Mit dem Essig löst es sich besser auf …«
Thorne griff nach der Plastikzitrone auf dem Boden. »Gibt’s später Pfannkuchen?«
Spike legte die Spritze weg und griff nach dem Feuerzeug.
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