Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes
Nur der Ton wäre nicht ganz so kumpelhaft.
Diese Gespräche, die vergangenen wie die zukünftigen, beschäftigten ihn noch, als Holland anfing zu reden. Er war in Brigstockes Büro gekommen, um über seine Vorgehensweise im Fall Ian Hadingham zu berichten.
Brigstocke schob seine Überlegungen über den SIB-Major zur Seite und konzentrierte sich auf Dave Holland.
»… und deshalb hab ich versucht, stattdessen seine Frau zu finden«, sagte Holland. »Shireen Hadingham war als seine nächste Verwandte aufgeführt. War eine totale Sackgasse, bis ich es mit ihrem Mädchennamen versuchte. Sie nennt sich inzwischen wieder. Shireen Collins« …«
»Sie und Hadingham haben sich getrennt?«
»Nicht lange, nachdem er aus der Army entlassen wurde.«
»Haben Sie sie gefunden?«
»Ja. Vor fünf Minuten. Ich hab mit ihr gesprochen.«
»Sie hat das Tattoo bestätigt?«, fragte Brigstocke.
Holland nickte. »Nach ihrer Auskunft war er sehr stolz darauf.«
An der Decke sirrte und flackerte eine Neonlampe, die kurz davor stand, den Geist aufzugeben. Brigstocke spürte geradezu körperlich, wie dieser Tag zu Ende ging. Er sehnte sich danach, endlich aus diesem Gebäude raus- und nach Hause zu kommen und sich auf das Sofa zu knallen. Er wünschte sich nichts mehr, als eine Flasche zu köpfen und ein paar Kinder auf sich herumklettern zu lassen. »Weiß sie, wo sich ihr Ex aufhält?«, fragte er.
»Ja, und sie ist sich ziemlich sicher, dass er da auch bleibt.«
»Raus damit, Dave …«
»Er befindet sich auf einem Friedhof am Rand von Salford, dem Denstone Cemetery.«
Brigstocke glotzte Holland an. Diese Flasche konnte er jetzt wohl fürs Erste vergessen.
»Es ist nämlich so«, fuhr Holland fort. »Ian Hadingham hat sich vor einem knappen Jahr das Leben genommen.«
Vierundzwanzigstes Kapitel
Thorne hatte sich vor ein paar Stunden von Spike, Caroline und Terry T. getrennt. Caroline hatte darauf bestanden, sich später noch einmal mit ihm zu treffen – »bei uns dann« –, bevor sie und Spike verschwanden. Und Terry hatte sich allein auf den Weg gemacht, um sich was zu trinken zu besorgen. Glücklich darüber, etwas Zeit für sich zu haben, um Dave Holland anzurufen und sich auf den neuesten Stand bringen zu lassen, hatte Thorne sich allein auf den Weg gemacht.
Es war ziemlich Bewegung in die Sache gekommen …
Es war nie seine Art gewesen, sich Notizen zu machen. Nicht mehr als nötig. Er war es gewohnt, eine Menge Informationen im Kopf zu haben. Banales Zeug, aber auch komplizierte Sachverhalte. Und dass einige der widerwärtigeren Details sich ungewollt einnisteten wie der eine oder andere einlullende Popsong. Seine momentane Arbeitsweise erforderte trotz der paar auf Zetteln in seinem Rucksack notierten Details, dass er mehr im Kopf behielt als sonst.
Im Augenblick gab es vier weitere Namen, die er nicht so schnell vergessen würde. Hadingham, Eales, Bonser und Jago. Ein Quartett von Soldaten, von Mördern. Vielleicht von Toten …
Es traf Thorne nicht gerade wie ein Schlag aus heiterem Himmel, dass Ex-Corporal Ian Hadingham bereits tot war. Bislang waren keine Details bekannt, aber er hätte darauf gewettet, dass dieser »Selbstmord« genauso koscher war wie der Autounfall, dem Panzersoldat Chris Jago zum Opfer gefallen war. Und daran, wie Alec Bonser, der Panzerfahrer, gestorben war, bestand nicht der geringste Zweifel.
Das waren drei von vier …
Es war keineswegs eine ausgemachte Sache, klar, aber es stützte auf alle Fälle die Theorie, dass die Crew von dem Mann aufs Korn genommen wurde, der an jenem schrecklichen Tag 1991 hinter der Kamera stand, als die Morde geschahen.
Das Gewirr von unterirdischen Fußgängerpassagen am Marble Arch hatte wahrscheinlich auf den Entwürfen der Stadtplaner wie eine gute Idee ausgesehen. So wie die Wohnblöcke aus den Sechzigerjahren das Gelbe vom Ei zu sein schienen, bis die ersten Unglücklichen dort tatsächlich einzogen. Die Tunnel durchzogen den Untergrund zwischen Oxford Street und Edgware Road, reichten von der U-Bahn-Station bis in den Hyde Park. Ein Labyrinth langer, sich überschneidender Korridore, aus dem es nicht weniger als vierzehn verschiedene Ein- und Ausgänge gab. Diese unterirdischen Gänge waren bereits tagsüber unheimlich genug. Doch sobald es dunkel wurde, würde jeder vernünftige Mensch lieber über eine vierspurige Straße sprinten, als sich in den Untergrund zu wagen, auch wenn dieser sogar beleuchtet war.
Als Thorne vor ein paar Tagen hier
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