Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes
Luft. Genauso wie Hendricks gestern Abend.
Nachdem sich die Tür geschlossen hatte, wartete Thorne noch eine halbe Minute. Von drinnen war nichts mehr zu hören. Also machte er kehrt und ging zur Treppe.
Auf dem Weg nach unten zog er sein Handy heraus. Er hatte die Vibration gespürt, als er mit Spike von der U-Bahn heraufgelaufen war. Eine SMS von Phil Hendricks. Wieder ein Scherz, der sich um das vereinbarte »Double Date« mit Brendan und Dave Holland drehte …
Thorne blieb stehen und starrte auf das Display.
Bisher war es nur lästig, aber nicht wichtig gewesen. Als habe man etwas zwischen den Zähnen stecken, das man nicht rausbekommt. An dem man mit der Zunge herummacht, bis man es leid ist. Plötzlich wusste Thorne, was ihm zu schaffen machte. Und warum.
»Du weißt eine Menge …«
Er erinnerte sich an die Stimme aus dem Traum und auch an andere Stimmen. An das, was Hendricks gesagt hatte:
»Brendan mag Dave. Ich glaub sogar, er steht ein bisschen auf ihn …«
Und was Maxwell erst vor einer Stunde im Lift gesagt hatte. Und vor allem, was er vor etwa einer Woche zu Thorne gesagt hatte …
Er wählte Brendan Maxwells Handynummer. Ihm war beinahe schlecht vor Aufregung. »Bren, hör mal, hier ist Tom. Du hast mir doch erzählt, ein Polizist hätte sich nach mir erkundigt? Vor einer Woche? Kannst du dich erinnern?«
»Ich bin gerade beschäftigt …«
»Es war doch nicht Dave Holland, oder?« Eher eine Feststellung als eine Frage.
Eine Pause entstand. Thorne hörte Leute im Hintergrund reden. Maxwell senkte die Stimme. »Es tut mir Leid, Tom, ich hab dich nicht verstanden.«
»Das war ein paar Tage, bevor Terry Turner umgebracht wurde. Du hast erzählt, ein Polizist habe dich gefragt, wo ich sei. Und du hättest ihm von dem Theatereingang erzählt. So war es doch, oder?«
»Ja …«
»Ich weiß, dass Holland dort war, weil er mich nicht finden konnte, daher dachte ich …«
»Dave kam am Tag danach, glaub ich. Wenn es Dave gewesen wäre, hätte ich das auch gesagt. Schließlich kenn ich ihn. Den anderen Typen hab ich nie zuvor gesehen.«
»Okay. Und weil ich ein solcher Blödmann bin, hab ich das erst jetzt kapiert.«
»Ist es wichtig?«, fragte Maxwell.
Thorne lief weiter. »Woher hast du gewusst, dass er ein Bulle ist?«
»Kann ich dich zurückrufen?«
»Ich brauch nur eine Minute, Bren …«
Maxwell seufzte. »Er hat sich vorgestellt. Dann hat er mir seinen Polizeiausweis gezeigt. Ich bin ja nicht total bescheuert.«
»Kannst du dich an seinen Namen erinnern?«
Wieder entstand eine kurze Pause. »Nein. Ich muss mir schon zu viele Namen merken.«
Thorne bog um die Ecke zur nächsten Treppe. Er fing an, bei jeder Stufe zu fluchen.
»Tut mir Leid«, sagte Maxwell.
»Wie ist er reingekommen?«
»Wie alle anderen auch, denk ich. Sie haben von der Rezeption raufgerufen und ihn durchgewunken.«
»Dann müsste er sich angemeldet haben?«
»Eigentlich schon. Normalerweise nehmen sie’s mit der Gesundheit und der Sicherheit ziemlich genau. Soll ich nachsehen gehen?«
»Ich bin in zwanzig Minuten bei dir …«
Von den verbleibenden Stufen, die an zu vielen Stellen zu viele Schockwellen auslösten, nahm Thorne immer zwei zugleich. Er war sich des Blickes des Skateboarders bewusst, der auf ihm ruhte, als er ein gutes Stück schneller aus dem Treppenhaus kam, als er hineingegangen war.
Rosedene Way war eine ruhige Straße, fünf Minuten von der U-Bahn-Station entfernt und ein Pitching-Wedge vom Golfplatz in Finchley. Der Volvo fiel unter den Saabs und Audis nicht weiter auf. Gepflegte Blumenampeln übertrafen zahlenmäßig bei weitem die Satellitenschüsseln.
Auf der Suche nach einem anständigen Restaurant war Mackillop zwanzig Minuten in der Gegend herumgefahren und hatte schließlich aufgegeben. Er hatte sich bei Marks & Spencer ein Sandwich geholt und es im Auto gegessen. Nun war er viel zu früh dran für sein Rendezvous mit Andy Stone, aber er hatte das Autoradio und eine Zeitung und war zufrieden.
Er sah hinauf zum obersten Stockwerk des Hauses, das sie aufsuchen wollten. Sah aus wie ein Dachausbau. Er ließ den Blick zum Erdgeschoss schweifen, wo der Mann wohnte. Dann nach links. Eine Frau beobachtete ihn, während ihr Hund in den Rinnstein machte. Samstagnachmittag. Es war einiges los hier. Er lächelte der Frau zu, die sich schwungvoll mit einer Plastiktüte bewaffnet bückte, um den Haufen zu entsorgen.
Mackillop sann darüber nach, wie Andy Stone seine Pause verbrachte.
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