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Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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materiellem Besitz und der Tatsache bestand, ob man vermisst wurde. Seiner Meinung nach war es durchaus vorstellbar, dass man ein Dach über dem Kopf hatte, ein anständiges Auto besaß und zweimal im Jahr in Urlaub fuhr und dennoch von niemandem vermisst wurde, wenn einen das Schicksal in einem brennenden Aufzug ereilte.
    Thorne vermutete, es hatte weniger etwas damit zu tun, dass einen niemand kannte, als damit, dass einen niemand liebte .
    »Ich denke, unsere Chancen sind größer als damals«, sagte Holland und musterte das Bild. »Es ist weitaus besser gemacht. Bei irgendjemandem muss der Groschen fallen.«
    »Hoffen wir, dass ihn jemand genug liebt.«
    Thorne schob den Independent über den Tisch und schlug den Minor auf der Sportseite auf. Wie viele Fußballer wohl wegen Vergewaltigung in die Schlagzeilen geraten waren, seit er das letzte Mal Zeitung gelesen hatte?

Sechstes Kapitel
    Thorne beugte sich vor und begutachtete sich in dem kleinen, rechteckigen Spiegel. Eine Woche ohne Rasur, Seife oder Shampoo machten noch keinen allzu großen Unterschied. Sieben Tage, in denen er versucht hatte, seiner Rolle äußerlich gerecht zu werden, während zwei muffige Typen von SO10 – der für Undercoveraktionen zuständigen Einheit – sich Mühe gegeben hatten, ihm einen Auffrischungskurs zu geben.
    Die Sache war im Prinzip relativ simpel. Wie Thorne Brigstocke klar zu machen versuchte, ging es vor allem um das Sammeln von Informationen. Eine ausgefeilte »Legende«, wie der Fachausdruck hieß, war nicht wirklich nötig. Steuerunterlagen, Meldedaten und Wählerverzeichnisse konnten gefälscht werden, aber in diesem Fall konnte man auf derlei aufwendige Maßnahmen verzichten. Aus welchem Grund auch immer sie auf der Straße landeten, die meisten schufen sich ohnehin ihre eigene Legende und neigten dazu, ihre Vergangenheit für sich zu behalten. Sie fingen bei null an.
    Thorne warf einen letzten Blick in den Spiegel, schloss die Spindtür und hievte sich den Rucksack auf die Schulter.
    »Wenn du mal ein paar Wochen auf der Straße gelebt hast, siehst du den Unterschied. Schwarzer Rotz und eine dicke Lage Londoner Ruß lassen sich nicht so leicht wegwaschen …«
    Thorne wandte sich zu dem Mann in der Tür.
    Brendan Maxwell war der Einzige aus dem Umfeld der Obdachlosen, der wusste, was Thorne vorhatte. Wer er wirklich war. Maxwell arbeitete als Sozialarbeiter für London Lift, eine Hilfsorganisation, die den hiesigen Obdachlosen Beratung und praktische Hilfe anbot. Vor allem den Eingefleischten unter ihnen, die über fünfundzwanzig waren.
    Außerdem war er Phil Hendricks’ Freund. Thorne hatte über die letzten Jahre hinweg die Höhen und Tiefen ihrer stürmischen Beziehung aus nächster Nähe mitbekommen und den langen, dürren Iren ziemlich gut kennen gelernt. Außer Hendricks und den wenigen Beamten aus dem Team, die eingeweiht waren, war Maxwell die einzige Verbindung zwischen seinem alten und seinem neuen Leben.
    »Nicht den Schlüssel verlieren«, sagte Maxwell, »wir haben keine Reserve.«
    Thorne steckte den Schlüssel in die Vordertasche seines Rucksacks. Der Spind, in dem er seine Ersatzklamotten aufbewahrte, war einer von etwa fünfzig, die Lift den Hilfe Suchenden im Obdachlosenzentrum hinter der St. Martin’s Lane zur Verfügung stellte. Die Büros der Organisation befanden sich im oberen Stockwerk und die Spinde bei den Duschen und Waschmaschinen im Keller. Im Erdgeschoss waren eine Theke mit Informationen und Beratungsangeboten untergebracht, eine Sitzecke und eine Cafeteria ohne jeden Schnickschnack, die stark subventionierte Mahlzeiten anbot.
    Maxwell kam herüber. Er hatte kurze blonde Haare und trug ein braunes Kordhemd, das er in seine Jeans gesteckt hatte. Er warf einen amüsierten Blick auf Thornes Aufmachung, die er bereits spöttisch als sein »Pennerkostüm« bezeichnet hatte. Der Pulli und die Schuhe stammten aus der Kleiderkiste bei Oxfam, die alte schwarze Jeans war seine eigene.
    Der graue Mantel hatte seinem Vater gehört.
    »Da draußen laufen die unmöglichsten Typen herum«, erklärte Maxwell mit seinem starken Akzent. Trotz seines schalkhaften Tons war sein Abscheu unverkennbar. »Es gibt keinen Look in dem Sinn, ja? Du könntest einen dreiteiligen Anzug und Galoschen tragen – solange du eine Dose Tennent’s Extra oder eine Nadel im Arm hast, gehörst du dazu.«
    »Ich werd’s mir merken.«
    Maxwell zog eine volle Mülltüte aus einem verbeulten Metallbehälter, der an die Wand

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