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Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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die Tätowierung war anders. Ich war mir so sicher, dass es dieselbe ist, verstehen Sie? Aber als ich sie dann gesehen hab, da war mir klar, die ist anders. Vielleicht ist es nicht genau die Stelle. Ich glaube, bei Chris war sie etwas weiter unten am Arm als bei … diesem Kerl.«
    »Was genau war anders?«
    Jago begann erneut zu schluchzen. Zwischendurch schnappte sie nach Luft und blickte, an ihrer Unterlippe nagend, zur Decke. Holland sah zu ihr hinunter. Sie wirkte wie Anfang dreißig, aber je länger er sie betrachtete, desto mehr fragte er sich, ob sie nicht vielleicht jünger war. Mit ihrem tränenverschmierten Gesicht war es schwierig, ihr wahres Alter zu schätzen. Sie hatte sehr dunkle Haare und eine ungewöhnlich helle Haut. In etwa so wie der Tote in der Schublade hinten im Gang.
    »Wodurch unterschied sich das Tattoo?«, wiederholte Kitson.
    »Waren die Buchstaben anders? Die Farbe? War es anders angeordnet?«
    Hendricks zog Jago an sich ran und nickte ihr ermutigend zu.
    Ein Schluchzen. »Ich weiß … es nicht.«
    »Aber Sie sind sich sicher, dass es anders ist?«
    »Ja … ich glaub schon.«
    Kitson sah auf zu Holland und zog eine Augenbraue hoch. Als sie sprach, klang ihre Stimme leise und beruhigend, doch Holland hörte ihre Entschlossenheit.
    »Also wissen wir jetzt, dass der Tote in der Leichenhalle nicht Chris ist, was ein großes Glück ist.« Holland fing Hendricks’ Blick auf und musste kurz wegsehen, diese Lüge war einfach zu peinlich. »Aber ich muss Sie fragen, ob Sie ihn nicht trotzdem erkannten? Sind Sie ihm je zuvor begegnet?«
    Sie schüttelte entschieden den Kopf.
    »Ich frage nur wegen des Tattoos, es ist so ungewöhnlich. Verstehen Sie mich, Susan? Warum sollte jemand anders ein Tattoo haben, das so ähnlich aussieht?«
    Wieder versuchte sie, das Schluchzen zu unterdrücken, indem sie ein zerknülltes Papiertaschentuch fest gegen die Augen drückte.
    »Das ist schon Jahre her, als Chris und seine Kumpel eines Abends gemeinsam loszogen und sich tätowieren ließen. Sie haben sich zugesoffen und sich dann zusammen tätowieren lassen. Alle das Gleiche. Keine Ahnung, wieso. Ich weiß nicht, was es bedeutet.«
    Kitsons Augen funkelten. »Chris und seine Kumpel? Glauben Sie, der Mann in der Leichenhalle könnte einer von Chris’ Freunden sein? Wäre das denkbar?«
    Jago schüttelte den Kopf. »Ich hab Ihnen schon gesagt, nein. Ich hab ihn noch nie zuvor gesehen …«
    Als Kitson aufstand, war sie ganz ruhig. Sie nickte Holland zu. »Wir fahren besser zurück.« Und zu Jago: »Möchten Sie, dass wir ein Taxi für Sie rufen?«
    Hendricks zog den Arm von ihrer Schulter und griff nach ihrer Hand. »Fahren Sie doch einfach mit mir mit.«
    »Ginge das?«
    »Klar doch, kein Problem. Ich bring Sie zum Euston …«
    Sie blickte Holland und Kitson an. »Ich muss mich noch um die Fahrkarte kümmern, wenn ich dort bin. Ich weiß nicht, welchen Zug ich nehmen kann, weil ich eine offene Rückfahrkarte habe.« Ihre Augen waren ganz rot unter dem Tränenschleier, aber Holland glaubte zum ersten Mal, Erleichterung darin zu entdecken. »Ich hab gedacht, das wär Christopher, verstehen Sie? Ich hab nicht gedacht, dass ich gleich wieder zurückfahren kann.«
     
    Thorne hob die Hände und wich zurück. Obwohl er kaum etwas von dem verstand, was der Mann von sich gab, waren die Wörter »fuck«, »off« und »Saukerl« klar auszumachen, den Rest konnte er sich denken.
    »Beruhig dich, Kumpel«, sagte Spike.
    Der Kerl ließ eine weitere Flut wüster, zusammenhangloser Beschimpfungen auf sie los und machte sich aus dem Staub, wobei er es nur knapp verhinderte, gegen die Mauer zu laufen.
    Spike trat gegen den Rinnstein und legte einen Zahn zu. »Dieser alte Wichser geht jedes Mal auf mich los, wenn ich vorbeikomme.«
    Thorne holte ihn ein. Sie liefen die Greek Street Richtung Norden hinauf zum Soho Square. Sie hatten in einem schmuddligen Imbiss gefrühstückt und sich seither ziellos herumgetrieben, aber nun fing es an zu regnen, und sie wollten sich ein Dach über dem Kopf suchen. Spike wusste ein warmes Plätzchen, wo sie eine Tasse Tee bekommen würden.
    »Warum?«, wollte Thorne wissen. »Was hat er denn gegen dich?«
    »Er ist ein Säufer, der will mit Leuten wie mir nichts zu tun haben. Mit Junkies.«
    Thorne war es gewohnt, dass dieses Wort voller Verachtung ausgesprochen wurde, aber Spike gebrauchte es ganz beiläufig, als wäre es nur ein weiterer Begriff, um sich selbst zu beschreiben, so wie

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