Top Secret 2 - Heiße Ware (German Edition)
befahl sie böse. »Kyle ist dein Freund, also solltest du ihn unterstützen. Wenn du irgendetwas sagst, was ihn kränkt, zeig ich dir, was es wirklich heißt, sich unwohl zu fühlen.«
12.
Es war Mittwochabend und James lieferte zum dritten Mal Drogen aus. Mehrmals am Abend klingelte sein Handy. Am anderen Ende war immer dieselbe ruhige weibliche Stimme. James hatte keine Ahnung, wer sie war, er wusste nur, dass sie mütterlich klang, ihm gerne den Weg beschrieb und sich immer mit den Worten verabschiedete: »Pass auf dich auf, Junge!«
Weiter als ein paar Kilometer musste er nie fahren. Im Winter würde der Job hart sein, aber an hellen Spätsommertagen hatte er keine große Mühe. James hatte gedacht, dass seine Kunden zerzauste Frauen in Nachthemden mit schreienden Babys auf dem Arm sein würden oder wirr dreinblickende Männer mit Bärten und Motorrädern, aber so war es ganz und gar nicht.
Als er die Siedlung endlich fand, war James völlig außer Atem. Die Häuser waren nagelneu. Er blickte auf das Schild des Maklers: NUR NOCH WENIGE HÄUSER FREI — PREISE AB £ 245.000. Es waren hübsche Häuschen mit frisch gepflanzten Bäumen und in den Einfahrten parkten relativ neue Fords und Toyotas. Auf den Straßen war kaum Verkehr, stattdessen spielten dort kleine Kinder mit Skateboards und Microscootern.
Als James im Leerlauf einen Hügel hinabfuhr, bemerkte er, dass die Straßen nach Musikinstrumenten benannt waren. Trumpet Close, Cornet Avenue, Bassoon Road.
Er bog in die Trombone Villas ein, die vornehmste Straße der Siedlung. Der Straßenbelag war hier rot statt grau und in den Auffahrten standen Range Rover und Mercedes. Er suchte nach einer Villa namens Stone House, und wie schon Millionen von Lieferanten vor ihm begann er, Hausnamen zu hassen. Bei Zahlen wusste man, dass die 56 nach der 48 kam und die 21 auf der anderen Straßenseite lag. Stone House konnte überall sein. Nach einiger Sucherei fand er es schließlich, das Schild war hinter einem BMW X5 und einem Geländewagen verborgen. Er fuhr die Auffahrt hoch und klingelte. Im Haus erklang eine blecherne Version von »When The Saints Go Marching In«.
Ein kleiner Junge kam durch den Gang gerannt und öffnete die Tür. Er war acht oder neun Jahre alt, trug graue Kniestrümpfe und die schicke Uniform einer Privatschule. Jetzt am Abend sah sie leicht derangiert aus. Unter seinem aufgeknöpften Hemd schaute die nackte Brust hervor.
»Daddy!«, rief er.
Ein Mann mit einem Whiskyglas in der Hand eilte die Treppe hinunter, während der Junge zum Fernseher zurückrannte.
»Hallooo«, sagte der Mann, in dem Versuch, cooler zu klingen als ein dicker Mann mit beginnender Glatze. »Vier Gramm, stimmt’s?«
James nickte. »Zweihundertvierzig Pfund.« Er nahm die vier Päckchen Kokain aus seinem Rucksack, während der Mann fünf Fünfziger aus einer Rolle Scheine zog.
»Ich kann nicht wechseln«, sagte James.
Del hatte James geraten, immer vorzugeben, nicht wechseln zu können. Wenn sich der Kunde anstellte, konnte man sich wunderbarerweise daran erinnern, dass man von einer vorigen Lieferung doch noch Geld zum Wechseln im Rucksack hatte. Aber man konnte immer hoffen, dass der durchschnittliche Mittelschichtkokser einen Drogendealer nicht allzu lange vor seiner Tür haben wollte und wie auch dieser hier einfach sagte: »Kein Problem, behalt den Rest.«
James lächelte und steckte das Geld ein. »Vielen Dank, Mann«, sagte er. »Viel Spaß.«
Der Mann schloss die Tür. James musste lächeln. Er hatte gerade sechsunddreißig Pfund Provision verdient und zusätzlich zehn Pfund Trinkgeld bekommen, und das für eine halbe Stunde Fahrradfahren.
Als er nach Hause kam, war es schon neun. Im Wohnzimmer warteten alle auf ihn. Nach zwei Wochen Einsatz hatten Ewart und Zara ein Treffen einberufen, um zu sehen, was die einzelnen Agenten taten und wie man am besten weiter vorging.
»Tut mir Leid, dass ihr warten musstet«, sagte James. »Aber wenn ich einen Anruf bekomme, muss ich liefern.«
Zara hatte die Sofas im Wohnzimmer umgestellt und Küchenstühle geholt, sodass sie alle im Kreis sitzen konnten. James zwängte sich zwischen Kyle und Nicole auf ein Sofa.
»O. K.«, sagte Ewart. »Ich möchte, dass ihr alle berichtet, was ihr eurer Meinung nach bisher erreicht habt. Fasst euch kurz, ihr müsst morgen früh zur Schule.«
»Nicole«, bat Zara, »fang du doch an.«
Nicole räusperte sich. »Das meiste wisst ihr schon. Ich komme ganz gut mit April aus. Sie
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