Top Secret. Der Clan: Die neue Generation 1 (German Edition)
Nigeria zog Ning von Veronica fort, konnte sie aber nicht halten, weil Ning strampelte und um sich schlug wie eine Wilde.
»Evakuieren!«, schrie Lucy, und Ning rannte den Gang entlang. »Feuerschutz! Überprüft die Räume! Schnell, schnell! Wir müssen sicher sein, dass alle Kinder da sind!«
Die Flammen von Veronicas Matratze reichten mittlerweile bis zur Decke und ein grauer Rauchvorhang zog sich durch den Gang. Als Ning und ein paar andere Mädchen die Treppe hinunterliefen, schaltete sich die Sprinkleranlage ein und bespritzte sie mit kaltem Wasser.
Sechs Jugendliche und über zwanzig Frauen gelangten tropfnass in den Hof. Ning war von nassen, wütenden Leuten umringt.
»Warum hast du Feuer gelegt?«, rief eine derbe Russin. »Meine ganzen Sachen sind da drin! Wirst du den Schaden bezahlen?«
»Ich war das nicht«, verteidigte sich Ning. »Veronica hat das Feuer gelegt.«
»Ich habe dich doch vorhin von der Besprechung kommen sehen«, bemerkte ein schwarzes Mädchen hinter Ning. »Du hast gerade deinen Marschbefehl bekommen, oder?«
»Habe ich«, bestätigte Ning. »Aber Veronica…«
Sie konnte nicht zu Ende sprechen, weil die große Nigerianerin nach ihrem Rucksack griff.
»Veronicas Sachen sind alle verbrannt«, rief sie. »Unsere Sachen werden ruiniert, aber ratet mal, wer alles bei sich behalten hat?«
Hatte irgendjemand bislang bezweifelt, dass Ning das Feuer gelegt hatte, so waren diese Zweifel durch die Tatsache, dass Ning ihre Sachen mitgenommen hatte, beseitigt. Die Nigerianerin hielt ihren Rucksack fest, und so konnte Ning sich nicht wehren, als eine andere Frau sie heftig ins Gesicht schlug.
Die Menge schrie begeistert auf und die Russin spuckte Ning ins Gesicht. Mehrere andere folgten ihrem Beispiel.
»Gut, dass du gehst, sonst hätte ich dich abgestochen!«, rief jemand, während Ning schützend die Arme vors Gesicht hielt.
»Okay, meine Damen!«, rief ein Wachmann, der zusammen mit einem bulligen Kollegen hinzugeeilt kam. »Auseinander! Gehen Sie ruhig zu ihrem Sammelpunkt!«
Als die Frauen auseinandergingen, gab die Nigerianerin Ning einen kräftigen Stoß, sodass sie dem Wachmann vor die Füße fiel.
»Ups«, sagte der nur und tat, als hätte er nichts gesehen.
Ning stützte sich auf einen zerschrammten Ellbogen und bemerkte, wie Lucy sie finster ansah.
»Was sollte denn das?«, sagte sie böse. »Es dauert Wochen, das wieder in Ordnung zu bringen!«
Ning machte sich nicht einmal die Mühe, abzustreiten, dass sie das Feuer gelegt hatte. Nie glaubte ihr jemand, und sie kam sich so wertlos vor, dass sie sich nicht einmal die Spucke aus dem Gesicht wischte.
Lucy sah den kräftigen Wachmann an. »Bring sie ins C-Gebäude und steck sie in eine Einzelzelle.«
»Wird sie angeklagt?«, fragte der Wachmann.
»Darauf hofft sie wahrscheinlich«, meinte Lucy ohne eine Spur des Mitgefühls, das sie zuvor gezeigt hatte. »Ich telefoniere ein wenig herum und sage der Abschiebeeinheit, dass sie Priorität hat. Ein Mädchen ihres Alters kann ich nicht länger als einen Tag in Einzelhaft schicken und unter den anderen ist sie nicht sicher. Ich hoffe nur, dass ich sie morgen ins Flugzeug kriege.«
38
Es war nach neun Uhr, und Ryan hatte immer noch einen Haufen Hausaufgaben zu erledigen, aber stattdessen saß er in seinem Zimmer und hatte die Seiten mit Amys Bericht vor sich ausgebreitet. Auf dem Laptop hatte er Google Maps aufgerufen, und das Bild zeigte die Stelle, an der die Polizei Leo bewusstlos hinter seinem Lenkrad aufgefunden hatte.
Ning wusste nicht, wo sie gefangen gehalten worden war, sagte der Polizei aber, dass sie vom Haus bis zu der Stelle, an der sie fortgelaufen war, vierzig Minuten gebraucht hatten. Leo war im Krankenwagen wieder zu sich gekommen und hatte sich selbst aus dem Krankenhaus entlassen, bevor die Polizei ihn vernehmen konnte.
Alles deutete darauf hin, dass Leo ein illegaler Einwanderer war. Er versuchte nicht, seinen Wagen von der Polizei abzuholen. Er war weder versichert noch registriert und hatte gefälschte Kennzeichen eines identischen Wagens. Wie schon Polizei und TFU konnte auch Ryan nicht erkennen, wie man das Haus finden sollte, wo Ning gewesen war, oder die Sandwich-Fabrik mit den illegalen Einwanderern.
»Du hattest nicht viel Glück, oder?«, sagte sich Ryan mit einem Blick auf Nings Bild.
Plötzlich ging die Tür auf, und Max – nur in einer knallorangen Unterhose – stürmte herein und wedelte mit einer großen schwarzen
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