Topchter der Köingin Tess 1
plötzlich Geschrei aus dem Flur zu uns drang. »Öffnet die Tür!«, rief jemand.
Garrett verdrehte den Oberkörper, packte meine Hand mit dem Pfeil und schob sie von sich weg. Ich schrie auf, als er mir die Finger quetschte und scharfer Schmerz in meiner Hand aufflammte. »Halt!«, keuchte ich. Er stieß mich von sich, und der Pfeil fiel aus meiner erschlafften Hand zu Boden. Ich krümmte mich über dem schmerzenden Handgelenk und wich entsetzt zurück, als er sein Schwert vom Boden hochriss.
»Ich töte euch beide«, knurrte er. »Ich werde König sein!«
Jeck zog mit einer prachtvollen, fließenden Bewegung sein Schwert von der Tür und sprang mit einem Satz zwischen Prinz Garrett und mich. Alles war umsonst, dachte ich düster und hielt vorsichtig meine Hand, die taub wurde. Alles umsonst.
Doch es war Kavenlow, der hereinplatzte, gefolgt von einer Handvoll schmutziger, stinkender, unrasierter, barfüßiger Costenopolier Gardisten.
»Nein!«, stieß Garrett hervor und stürmte geduckt auf mich los.
»Haltet ihn auf!«, schrie ich, als ich meinen Pfeil in seiner Hand aufblitzen sah. Garrett täuschte mit dem Schwert an und stieß die im Feuer gehärtete Pfeilspitze durch Jecks Uniformrock. Jeck taumelte rückwärts. Er fiel zu Boden und griff sich krampfhaft an die Brust. Garrett brüllte auf und stürzte sich auf mich. Sein blutiges Schwert schimmerte rot.
Ich blieb wie angewurzelt neben Jeck stehen. Ich konnte mich nicht rühren, konnte den Blick nicht von Jeck losreißen, obwohl Garrett mich angriff. Die Gardisten fielen über Garrett her und rangen ihn durch ihre schiere Überzahl drei Schritt vor mir zu Boden.
Entsetzt eilte ich zu Jeck. Er rührte sich nicht. Hatte er sich bis an die Grenze seiner Immunität vergiftet, um mich zu besiegen, so dass diese Dosis tödlich wirkte? Ihm darf nichts geschehen, dachte ich verzweifelt. Das durfte nicht sein. »Jeck!«, rief ich und fiel neben ihm auf die Knie. »Jeck! Sieh mich an!«
Er öffnete die Augen einen Spaltbreit, und ich sank erleichtert zusammen. Er schluckte und winkte schwächlich mit den Fingern ab. »Mir geht es gut. Lass mir nur einen Augenblick. Verflucht, was trägst du da mit dir herum, Weib?«
Unendlich erleichtert hob ich den Kopf und sah, dass Kavenlow mich staunend beobachtete. Ich öffnete den Mund, um es ihm zu erklären, schloss ihn aber wieder, als ich selbst fassungslos feststellte, dass es mir nicht gleichgültig war, ob Jeck lebte oder starb. Verwirrt stand ich auf und ließ ihn liegen. Zwei Wachen packten ihn und zerrten ihn grob auf die Füße. Ich hob die Hände, um einzuschreiten, zwang mich dann aber, sie wieder sinken zu lassen.
Duncans leise Stimme drang durch die Tür. »… und dann hat er den Gardisten mit dem Spieß gegen die Wand geschleudert, mit dem Kopf voran. Das gab eine Delle, so groß wie meine Faust.« Seine schlaksige Gestalt erschien im Türrahmen. Er blieb stehen und starrte auf das Chaos. Hinter ihm stand Resh, der Hauptmann von Vaters Garde. »Engelsspucke!«, fluchte Duncan. Dann begegnete er meinem Blick. »Tess!« Er stürmte herein und durch die Gardisten hindurch, als sei er unsichtbar. Er nahm meine Hand, um mich an sich zu ziehen, und ich schrie auf.
»Nein, mir fehlt nichts«, protestierte ich, als er sanft meinen Arm nahm und sich besorgt über meine Hand beugte. Seine Finger waren mit Rost und Dreck verkrustet. »Au. Lass los«, beharrte ich und blickte in sein geschundenes Gesicht. »Meiner Hand ist nichts passiert.«
»Ich glaube doch«, sagte Duncan, und ich spürte seinen warmen Atem auf den Fingern. »Ich glaube, sie ist gebrochen.« Sein Blick wurde hart, und er funkelte Jeck an, der im Griff der beiden Wachen hing. »Hat er dir das angetan?«
»Nein«, antwortete ich. »Das war Prinz Garrett. Und es ist nichts. Siehst du?« Ich wappnete mich gegen den Schmerz und versuchte, die Finger zu krümmen. Übelkeit und Erleichterung wallten zugleich in mir auf, als sie sich genau so bewegten, wie sie sollten. Ich blickte auf und sah ihm prüfend in die Augen. »Du bist ein Dieb«, flüsterte ich. »Nur ein Dieb hätte das schaffen können.«
Er versteifte sich, wurde aber gleich wieder locker. Ein verborgenes Versprechen glomm in seinen Augen auf. »Nur wenn du eine Meuchlerin bist«, sagte er.
Verlegen entzog ich ihm meine Hand.
»Lasst mich los!«, brüllte Garrett mit erstickter Stimme. »Gebt mir mein Schwert. Sie sind Verräter, Verräter der Krone! Alle beide. Sie herrschen, nicht
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