Topchter der Köingin Tess 1
er und lächelte. Diese Reaktion wirkte aufrichtig, und ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte. Den pompösen Hut mit den übertrieben großen, schwungvoll herabhängenden Federn trug er diesmal nicht, und ich fand, dass er ohne das Ding besser aussah. »Prinz Garrett wünscht mit Euch zu speisen«, fuhr er fort und blieb mit den Händen im Rücken locker, aber korrekt stehen. »Ich werde Euch hintragen, falls Ihr Euch weigern solltet. Aber vielleicht möchtet Ihr lieber laufen. Er wird Euch zweifellos einen Antrag machen, und da wollt Ihr doch gewiss besonders hübsch aussehen.« Er zögerte und runzelte die Stirn. »Habt Ihr nichts Schöneres anzuziehen?«, fragte er.
Mir blieb der Mund offen stehen – teils aus Zorn, teils aus Verlegenheit. »Wenn dieser Misdever Köter mir meine Bediensteten gäbe, könnte ich anständig gekleidet erscheinen«, erwiderte ich steif. »Sagt ihm das – wenn er eine richtige Prinzessin haben will, muss er mich auch mit dem Notwendigen ausstatten. Als Erstes sollte er seine Wachen durchsuchen, dann könnte ich auch wieder meinen Schmuck tragen.«
Ein Lächeln hob Jecks Mundwinkel, erlosch jedoch gleich wieder. »Prinz Garrett hat Euren Tand«, erklärte er. »Sagt es ihm also selbst.«
Er griff nach meiner Schulter, und ich zuckte zurück. Verärgert packte er erneut zu, und seine Finger in den weichen Lederhandschuhen bohrten sich schmerzhaft in meine Schulter. Meine Empörung darüber, dass er es wagte, mich anzufassen, kämpfte gegen die Vernunft, und ich hielt still, als er sich so herumdrehte, dass die Wachen auf dem Flur sein Gesicht nicht sehen konnten. »Ich habe außerdem ein Messer unter Eurem Kopfkissen, Pfeile und eine Peitsche gefunden und genug Seil, um einen Bullen zu fesseln«, raunte er, und eine unverhohlene Frage lag in der leisen Stimme und seinen braunen Augen. Im Kerzenschein hatten sie die Farbe satter Erde, mit goldenen Sprenkeln. »Es ist eher ungewöhnlich, dass eine Prinzessin die Kunst der Verteidigung beherrscht«, hauchte er, so dass eine lose Strähne meines Haars mich am Hals kitzelte.
»Aber ich bin ja auch keine Prinzessin, nicht wahr?«, entgegnete ich flüsternd und schüttelte mit pochendem Herzen seine Hand ab.
»Das habe ich bereits gehört.« Ein argwöhnischer Tonfall ließ seine Stimme düster klingen, und seine Hand ruhte am Schwertknauf, während er mich von oben bis unten musterte. »Raus«, befahl er.
Ich drapierte mir den schwarzen Stoff, mit dem er mir die Hände gefesselt hatte, über die Schultern wie ein Trauertuch, blies meine Kerze aus und ging vor ihm hinaus. Der Flur war dunkler als gewöhnlich, nur jede zweite Fackel brannte. Wir begegneten niemandem, während Jeck und zwei Gardisten mich durch die stillen Flure geleiteten. Mir war kalt. Ich lief neben Jeck einher und fragte mich, warum er den beiden Wachen befahl, langsamer zu gehen, als er bemerkte, dass ich kaum mit ihnen Schritt halten konnte. Er wusste doch, dass ich nicht die Prinzessin war. Weshalb machte er sich dann die Mühe, freundlich zu sein?
Allmählich bekam ich den Eindruck, dass es Jeck gleichgültig war, ob Garrett mit seinen Plänen, sich Mutters Land anzueignen, Erfolg hatte oder nicht. Für mich sah es so aus, als würde Jeck abwarten, als ritte er nur auf den Wellen, bis er sicher wusste, in welche Richtung der Wind drehen würde. Wartet er gar darauf, dass Garrett einen Fehler macht?
Meine Gedanken wirbelten im Kreis herum, als wir den Bankettsaal betraten. Unsere Schritte hallten von der hohen schwarzen Decke wider, doch warmes, helles Licht fiel aus dem kleinen Speisezimmer zwischen dem Saal und der Küche herein. Jeck nahm mich beim Ellbogen und verstärkte seinen Griff, sobald ich mich loszureißen versuchte. »Ihr sollt mich nicht ständig berühren«, befahl ich ihm, und meine Wangen brannten, als er mich schlicht ignorierte.
Wir traten ein, und der Raum war leer, bis auf die Tafel. An jedem Ende stand ein einzelner Stuhl – statt der drei Stühle, die sonst in der Mitte des Tisches dicht beieinander gestanden hatten –, und so heftige Trauer wallte in mir auf, dass meine Knie beinahe nachgaben. Manierlicher, als ich ihm zugetraut hätte, führte Jeck mich zu einem Stuhl und platzierte mich vor dem kunstvoll arrangierten Gedeck. Ich war zu bekümmert, um mich darüber zu amüsieren, dass das Messer fehlte. Und es machte mich unruhig, die Küchentür statt den Kamin im Rücken zu haben.
»Ich bleibe«, sagte Jeck zu den
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