Topchter der Köingin Tess 1
Soldaten wurde mir kalt, und ich schob die Schüssel noch weiter von mir und untersuchte den Inhalt des Beutels, um abzuschätzen, was ich davon kaufen konnte. Es würde für die nötige Ausrüstung und etwas Proviant reichen, aber nicht für ein Pferd. Pferde waren sehr teuer in einer Stadt an der Küste, wo das wenige fruchtbare Land gebraucht wurde, um Nahrung für Menschen anzubauen. Und jetzt wurden sie gewiss noch teurer gehandelt als sonst, weil die halbe Stadt zu den Toren hinausströmte.
Wie soll ich nur an ein Pferd kommen? Besorgt nippte ich an dem Humpen und würgte fast ob des bitteren Geschmacks. Das Bier war beinahe verdorben. Gott steh mir bei, dies war die schlimmste Mahlzeit, die ich jemals hatte stehen lassen.
Ich spuckte auch das Bier wieder aus und runzelte die Stirn, als der Falschspieler über eine Bemerkung des Kaufmanns lachte. Mein Blick blieb an dem Geld auf dem Tisch hängen, und meine Augen wurden schmal.
Ich konnte Karten spielen. Kavenlow hatte es mir beigebracht und dabei grundsätzlich gemogelt. Als ich ihn zum ersten Mal dabei erwischt hatte, hatte ich geschworen, nie wieder mit ihm zu spielen. Er hatte gebrüllt vor Lachen – woraufhin ich so wütend geworden war, dass ich ihn am liebsten hätte ausweiden lassen, um ihn dann als Kaminvorleger zu benutzen. Doch dann hatte er einen neuen Einsatz verkündet. Wenn ich ihn beim Falschspielen erwischte, bekam ich seinen Nachtisch. Wenn er gewann, ohne dass ich die Täuschung entdeckte, aß er meinen. Es war ein sehr lustiger Winter geworden.
Die angenehme Erinnerung verblasste. Traurig wand ich eine lose Locke wieder um meinen Haarknoten. Ich würde Kavenlow finden. Aber dazu brauchte ich ein Pferd.
Ich ließ meine Suppe stehen, erhob mich und trat mit Krug und Tasche an den Tisch. Die Unterhaltung erstarb, als die Männer zu mir aufblickten. Ich errötete über meine eigene Dreistigkeit; wir waren einander nicht vorgestellt worden, doch ich glaubte, dass das hier keine so große Rolle spielte. »Drei Flüsse?«, fragte ich. »Würdet ihr mich mitspielen lassen?«
Das Schweigen wurde unbehaglich. Der Händler funkelte den Wirt finster an, der mit den Schultern zuckte. Es war der Falschspieler, der die erstarrte Szene endlich auflöste, indem er für mich eine der kleinen Sitzbänke vom Tisch abrückte. Ich ignorierte ihn, und meine Wangen wurden heiß. Sogleich erhob sich der Kaufmann mit einer Schnelligkeit, die er zweifellos dem ständigen Werben um Kundschaft verdankte. Die beiden anderen Männer standen ebenfalls auf.
»Wenn Ihr gestattet, Madam«, sagte der Händler, nahm mir den Humpen ab und stellte ihn auf den Tisch, ehe er mir mit geübtem Geschick half, auf der grob gezimmerten Bank Platz zu nehmen. »Mein Name ist Trevor.«
»Danke sehr, Trevor«, erwiderte ich und atmete auf, weil endlich jemand etwas gesagt hatte. Ich musterte ihn abschätzend, während ich mein schmutzstarrendes Kleid glatt strich. »Ich glaube, ich kenne Euer Geschäft an der Hauptstraße. Ihr verkauft Fäden und Garne, nicht wahr?«
»Ja, Madam«, antwortete er lächelnd. Er erkannte mich nicht, und zum ersten Mal an diesem Abend wusste ich das sehr zu schätzen.
»Collin«, stellte der zweite Mann sich vor. Der kurze Zweig zwischen seinen Zähnen rückte ein Stück weiter, und er setzte sich wieder.
Der Betrüger hatte sich kaum von seiner Bank erhoben und mischte schon wieder die Karten. »Madam«, sagte er, ohne seinen Namen zu nennen, und ich nickte ihm knapp zu.
»Ich bin …« Ich zögerte, denn ich wusste nicht recht, wie ich mich nennen sollte. »Ich bin auf der Suche nach Zerstreuung, bei all der Aufregung, die heute Abend auf den Straßen herrscht. Welche Version spielt ihr?«
Bei diesen Worten entspannten sich alle drei Männer sichtlich. »Steine stauen den Fluss«, sagte der Falschspieler und schob mir eine Karte zu. »Wald verstellt die Sonne.«
Ich nickte. Diese Variante hatte ich schon gespielt. Ich zog eine angemessene Münze aus der Tasche auf meinem Schoß und legte sie zu den anderen auf den Tisch. Dann nahm ich die Karten auf und biss mir auf die Unterlippe. Die Runde lief von mir zu dem Falschspieler, was mir sehr entgegenkam. Wenn ich nicht gewinnen konnte, was ich brauchte, würde ich den Falschspieler erpressen, damit er mich gewinnen ließ. Sofern es mir gelang, ihn bei einem Schwindel zu ertappen und ihm klarzumachen, dass ich ihn auch beweisen konnte.
Das Spiel würde zwei Mal rund um den Tisch gehen, und jeder
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