Topchter der Köingin Tess 1
verlangt, und die Wachen haben sie zu Boden gestoßen. Das sind keine Costenopolier Männer. Nein, gewiss nicht.«
Heather!, dachte ich. »Ist sie verletzt?«, fragte ich und trat wieder näher. »Haben sie ihr etwas getan?«
Die Frau kniff die Augen zusammen. »Das weiß ich nicht. Aber ich gehe. Und das solltest du auch tun.«
Ein schleimiges Husten ließ mich herumfahren. »Geh nach Hause, Mabel«, sagte ein dünner Mann. Er zog einen Umhang fest um sich und kam über die von Laternen erleuchtete Straße zu uns herüber. »Im Palast brennt Licht, weil der Misdever Prinz da ist. Setz dem Mädchen mit deinen Schauergeschichten keine Flausen in den Kopf. Da oben schmieden sie Hochzeitspläne.«
»Ha!«, bellte die Alte. »Warum hast du dann dein leckes altes Ruderboot bepackt?«
»Es schadet nie, gut vorbereitet zu sein, sage ich immer.«
Ich wich mit einem falschen Lächeln auf dem Gesicht von den beiden zurück. Vermutlich merkten sie gar nicht, dass ich verschwunden war, denn sie setzten ihre Diskussion fort, und jede Behauptung war lauter und mit mehr liebevollen Beleidigungen durchsetzt als die zuvor. Eines war klar: Die Stadt leerte sich. Irgendwie ahnten die Leute, dass etwas nicht stimmte, und diese Angst hatte einen wahren Exodus verursacht. Das war ein Glück. In einer Menschenmenge konnte ich untertauchen und inmitten der anderen zum Tor hinausschlüpfen. Ich brauchte ein Pferd, einen Umhang, Essen … Ich brauchte Geld.
Das Klimpern der Münzen fiel mir wieder ein, und ich plagte mich mit dem Knoten, der die Tasche verschloss. Ein gut gekleidetes Paar kam an mir vorbei, deren ordentlich beladener Wagen offenbar ihren gesamten Besitz transportierte. Zwei Kinder schliefen hinten drin. Ich versuchte, die Fettflecken auf meinem Kleid zu verbergen, als die Frau verächtlich auf mich herabblickte. Mit flammenden Wangen trat ich zur nächsten Laterne, um in die Tasche zu schauen.
Es war tatsächlich Geld darin, genug für einen guten Einkaufsausflug in die Stadt. Meine Augen weiteten sich, als ich den bitteren Geruch von Kavenlows Gift erkannte, und es überraschte mich nicht, einen kleinen, verschlossenen Tiegel davon vorzufinden. Mehrere schmucklose Pfeile waren mit einem violetten Band verschnürt. Ich kostete einen, stellte fest, dass das Gift darin noch wirksam war, und steckte erleichtert mehrere Pfeile in meinen Haarknoten. Erst als ich das Bündel mit den anderen Pfeilen wieder zurücklegte, fand ich das zusammengefaltete Blatt Papier, das ganz unten in dem Beutel lag. Es war eine Botschaft von Kavenlow, und ich runzelte zornig die Stirn.
Meine liebe Tess,
wenn Du dies gefunden hast, habe ich Dich gut unterwiesen. Es macht mich traurig, dass ich Dir nur durch Papier und Tinte sagen kann, wie stolz ich auf Dich bin.
Falls Du über die Mauer kletterst, um zu entkommen, bin ich vermutlich tot, und die Stabilität des Königreichs ist in Gefahr. Flieh, wenn Du es vorerst für das Beste hältst, doch Costenopolis gehört jetzt Dir. Ich wünsche Dir ein gutes Spiel. Welche Aufgabe das königliche Paar Dir bei der Rückkehr ihrer Prinzessin auch übertragen haben mag – nutze sie, um Dein Blendwerk zu stärken. Ich habe hart gearbeitet, um meine wahren Pläne für Dich vor dem König und der Königin zu verbergen. Gib Dich mit dem Wissen zufrieden, dass Könige zwar die Krone tragen, wir aber die Raffinesse und Kraft verkörpern, die das Reich zusammenhalten.
Wie sehr ich es bedaure, Dich durch mein Schweigen belogen zu haben, wirst Du nie ermessen können. Aber Du sollst wissen, dass Du niemals das Kind des Königs und der Königin warst. Du warst meine Tochter, und ich habe Dich so sehr geliebt wie das Kind, das ich nie haben konnte. Du bist die Tochter meines Herzens, die Erbin meiner Fähigkeiten.
In Liebe, Dein Mentor
Kavenlow
Die Tränen begannen irgendwo in der Mitte zu fließen und rannen mir dann ungezügelt über die Wangen. Ein unerträgliches Gewicht schnürte mir die Luft ab. Wie konntest du mir das antun?, dachte ich verzweifelt. Gerade, als ich bereit war, dich zu hassen? Ich schluchzte erstickt, streckte den Arm aus, hielt die Botschaft an die Flamme und sah zu, wie sie verbrannte. Niemand sollte diese Worte sehen außer mir. Ich verstand zwar nicht alles, was er mir geschrieben hatte, nur, dass er mich liebte. Ich fühlte mich wie Banner, der die Wand anheulte, während seine Quelle der Kraft sich davonschlich und er ihr Versprechen, zurückzukehren, nicht hören
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