Topchter der Köingin Tess 1
hinausgeholfen hast, aber wenn ich dir eine Woche meiner Zeit gebe, wie du verlangt hast, wird sie dich das Leben kosten.«
»Du bist ihm entkommen«, sagte er beinahe streitlustig. »Wie schlimm kann er dann schon sein?«
Ich seufzte und blickte besorgt die Straße auf und ab. »Du glaubst mir nicht, oder?«
»Da schlag mich doch einer mit ’nem toten Karpfen, Tess. Ich habe dir schon beim ersten Mal geglaubt, als du mir von ihm erzählt hast! Deshalb habe ich dir ja geraten, schnell weiterzuziehen. Er wird aufgeben, wenn du nur weit genug fortkommst. Das kann ich dir versichern.« Er verzog das Gesicht wie im Zorn über ein erlittenes Unrecht.
Mein Blick folgte seinem zu den wenigen Fußgängern auf der Straße. Mein Herz schlug schneller. Jeck war da draußen. Er kam immer näher. Ich konnte es spüren. »Ich kann sehr gut auf mich allein achtgeben«, sagte ich.
»Ich weiß. Das ist einer der Gründe, weshalb ich dich mag.«
Ein kleiner Schock durchfuhr mich, und mein Blick schoss zu ihm hoch. Wir standen zwischen zwei Pferden, näher beisammen, als ich für anständig hielt, doch vor flüchtigen Blicken verborgen. Ich schluckte und fand nicht die Willenskraft, mich loszureißen, als er meine Hände ergriff und mich sacht zu sich zog. Er mag mich?
»Arbeite mit mir«, bat er leise und brachte mein Herz damit heftig zum Klopfen. »Sag ja. Ich schaue weiter voraus als du, und, Tess, ich weiß, dass du glaubst, du wärst ihnen etwas schuldig, aber dir ist in der Hauptstadt doch nichts mehr geblieben. Gar nichts. Komm mit mir … und ich verspreche dir, in drei Jahren kann ich dir wieder das Leben einer Prinzessin bieten.«
Ich versuchte zu schlucken, stellte aber fest, dass meine Kehle zu trocken dafür war. »Duncan …«
Ein schmerzlicher Ausdruck trat auf sein längliches Gesicht. »Ich dachte, ich hätte dich verloren, Tess. Ich …«
Mir stockte der Atem. Er dachte, er hätte mich verloren? Plötzlich verängstigt, entwand ich mich seinem Griff.
Duncan erstarrte, als ich unter seinen Händen zurückwich. »Entschuldige«, sagte er und ließ den Kopf hängen. »Ich habe das nicht so gemeint, wie es sich angehört hat. Aber ich …«
Ich zwang mich, lächelnd zu ihm aufzublicken, und die vielen Stunden, die ich mit diplomatischer Konversation zugebracht hatte, kamen mir zu Hilfe. »Aber du willst eben reich werden«, sagte ich, und der dümmere Teil von mir wünschte, er hätte es doch so gemeint, wie es sich angehört hatte. Ich bin eine Närrin; aber zumindest weiß ich das.
Er stieß erleichtert und halb lachend den Atem aus. »Ja«, erwiderte er. »Genau.«
Ich war froh, dass wir dem, was er beinahe gesagt hätte – was auch immer das genau sein mochte –, ausgewichen waren. Mein Blick glitt von seinem fettfleckigen Hut bis hinab zu seinen ärmlichen, abgetragenen Stiefeln. Alles dazwischen war derb und verkommen. Dennoch rührten seine Worte etwas in mir an. Er machte sich etwas aus mir, während Jeck mir Angst einjagte, und ich brauchte einen Freund. Wenn seine wahren Absichten nicht ganz untadelig waren, so kümmerte mich das nicht. Oder doch?
»Ich muss Kavenlow finden«, sagte ich leise. »Er kann dir alles wiedergeben, was ich dir damals in dem Gasthaus abgenommen habe. Und wenn nicht, kann er dir das Geld rasch besorgen.« Verlegen blickte ich auf, denn ich wusste, dass Duncan die unausgesprochene Bitte Bleib bei mir in diesen Worten ebenso deutlich gehört hatte wie ich.
»Kavenlow, soso«, sagte Duncan. Er presste einen Moment lang die Lippen zusammen, leckte dann an seinem Daumen und reckte ihn hoch. Mein eigener Daumen setzte sich in Bewegung, ehe ich merkte, was ich tat. Abrupt hielt ich inne und beobachtete genau seine Augen, während ich die Bewegung vollendete, den Daumen ableckte und an seinen presste, um die Abmachung zu besiegeln. Ich fragte mich, ob er dieser albernen Geste ebenso viel Bedeutung beimaß wie ich. »Na schön.« Wieder blickte er forschend die Straße entlang und rückte ein wenig von mir ab. Seine Ohren hatten sich an den Rändern rot gefärbt. »Ich bleibe bei dir, bis ich mein Geld zurückbekomme.«
»Wenn du möchtest, kannst du auch eines der schwarzen Pferde haben«, stieß ich schuldbewusst hervor.
Er schüttelte mit nervösem Lächeln den Kopf. »Eher schlafe ich in einer Schohgrube, als eines dieser Pferde zu nehmen. Sie sind gestohlen, schon vergessen?« Dann hielt er inne und musterte die beiden suchend. »Wo ist der Sattel?«
17
Ich
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