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Tor der Daemmerung

Tor der Daemmerung

Titel: Tor der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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heranschlichen. Der leichte Wind trug ihren ekelhaften Verwesungsgestank heran. Drei bleiche, ausgemergelte Gestalten hielten direkt auf den Schutzwall zu. Ihre Bewegungen wirkten unnatürlich: Mal liefen sie auf allen vieren, dann hüpften sie gebeugt voran. Diese ruckartigen, spastischen Sprünge jagten mir einen Schauer über den Rücken. Zwei von ihnen waren völlig nackt, die dritte Kreatur schien weiblich und trug die Überreste eines zerlumpten Kleides, das hinter ihr durch den Schlamm schleifte.
    »Verseuchte!«, rief Zeke. Seine Stimme hallte durch die gesamte Festung. Sofort kletterten Darren und Larry von der gegenüberliegenden Plattform herunter und rannten zu uns hinüber. Als sie die Leiter hinaufhetzten, knarrten die Sprossen unter ihrem Gewicht. Hastig machte ich den beiden Platz. Zeke kniete nieder und zielte auf die Kreaturen, aber Larry hielt ihn zurück.
    »Nein, du verschwendest nur Munition«, warnte er ihn. Mit zusammengekniffenen Augen spähte er durch die Rauchwolken des Feuers nach unten. »Noch sind sie zu weit weg, außerdem ist es fast unmöglich, sie mit einem einzigen Schuss zu erledigen. Lass sie näher herankommen und sichere dir ein gutes Schussfeld, bevor du abdrückst. Vielleicht müssen wir auch gar nicht schießen.«
    Plötzlich blieben die Verseuchten stehen und starrten mit leeren, hungrigen Gesichtern auf den Schutzwall. Zeke und Darren zielten weiter auf sie, aber anscheinend wussten die Monster genau, wie weit sie sich vorwagen konnten, ohne beschossen zu werden. Sie wanderten knapp außerhalb unserer Reichweite am Rand der Lichtung entlang, duckten sich hinter Bäume und Sträucher, kamen aber nie nah genug heran, um ein sicheres Ziel abzugeben.
    Zeke stieß einen Laut aus, der fast schon an ein Knurren grenzte. Überrascht sah ich ihn an. Seine Schultern waren verkrampft und in seinen Augen funkelte purer Hass. »Kommt schon«, raunte er so voller Wut, dass es mich schockierte. »Ein bisschen näher ran, ein paar Schritte nur.«
    »Ganz ruhig, Junge«, flüsterte Larry. »Bloß nicht übereifrig werden. Schließlich wollen wir nicht, dass durch das Spektakel noch mehr von denen angelockt werden.«
    Zeke antwortete nicht, er schien ganz auf die Verseuchten fixiert und wirkte in diesem Moment ganz anders auf mich – der gelassene Junge mit dem fröhlichen Lächeln, den ich zu kennen glaubte, war verschwunden. Stattdessen hatte ein finsterer Fremder mit kaltem, gnadenlosem Blick seinen Platz eingenommen, dessen Züge in einer steinernen Grimasse erstarrt waren. Sein Anblick weckte eine böse Vorahnung in mir. In diesem Moment hatte er große Ähnlichkeit mit Jeb.
    »Sie sind schlauer geworden«, erklärte Larry leise und versuchte, in der Dunkelheit hinter dem Feuer etwas zu erkennen. »Vor ein paar Jahren gab es noch viel mehr von ihnen, und sie sind immer auf die Mauer losgestürmt und haben versucht reinzukommen, die ganze Nacht lang. Einige haben wir einzeln erledigt – die Mistviecher sind verdammt schwer totzukriegen –, bis wir dann die Idee mit dem Feuer hatten. Jetzt kommen sie zwar immer noch«, mit dem Daumen zeigte er Richtung Wald, »aber nur ganz selten trauen sie sich näher ran. Meistens sehen sie nach, ob die Feuer brennen, und verschwinden dann wieder. Seht nur, sie hauen ab.«
    Ich beobachtete, wie die Verseuchten sich in den Wald zurückzogen und dort mit den Schatten verschmolzen. Zeke und Darren entspannten sich wieder, richteten sich auf und ließen die Gewehre sinken. Allerdings schien Zeke enttäuscht zu sein.
    »Die kommen wieder«, versicherte ihm Larry. Bei ihm klang das weder erschöpft noch resigniert, er informierte uns einfach über eine Tatsache. »Das ist immer so.« Gelassen tippte er Darren auf die Schulter. »Dann komm … Darren, richtig? Gehen wir wieder auf unseren Posten. Manchmal schleichen die Monster einmal um das Gelände herum und versuchen es dann von der anderen Seite. Hinterhältige Mistviecher!«
    Darren und Larry marschierten zu ihrer Plattform zurück, wobei Larry seinem Schützling noch weitere »Strategien« der Verseuchten erklärte, wenn man es denn so nennen konnte. Zeke stellte sein Gewehr weg, ließ sich zu Boden fallen und lehnte sich neben mir an die Brüstung. Unsere Schultern berührten sich leicht, während wir den Blick über die kleinen Felder schweifen ließen.
    »Die haben kein schlechtes Leben hier«, stellte er irgendwann ohne jeden Spott fest. Er klang eher wehmütig, fast schon neidisch. Mit einem

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