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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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brauche Platz zum Ausholen. Verstanden?«
    Der Chef des Teams, der mit richtigem Namen Thierry hieß, nickte, ohne die Aufnahme abzubrechen.
    »Ihr werdet meinen Anweisungen oder denen meiner Hexe unbedingt Folge leisten. Kein eigenmächtiges Handeln, kein Zögern und keine Widerworte: Unser Leben hängt von diesen Entscheidungen ab. Ist das klar?«
    Wieder ein Nicken. Der Spaßvogel mit der Kamera zoomte Lucians Gesicht näher heran, samt der Sonnenstrahlen im Wald und der Pferde im Hintergrund. Ravenna sah es auf dem ausgeklappten Monitor. Sie klopfte der kleinen braunen Stute auf den Hals. Thierry stand mitten in den Wolfsspuren, aber es fiel ihm nicht einmal auf. Sonst hätte er die Kamera bestimmt auf den Boden gerichtet.
    »Jedes Mal, bevor ihr aufsitzt, werdet ihr eure Ausrüstung überprüfen«, fuhr Lucian fort. »Ist alles sicher verstaut? Wurde am Lagerplatz nichts vergessen? Sitzt der Sattelgurt straff genug? Auch davon …«
    »Hängt unsere Sicherheit ab«, fiel Thierry dem jungen Ritter ins Wort. Er setzte die Kamera ab. »Wir wissen Bescheid. Schließlich machen wir das nicht zum ersten Mal. Claude und ich wurden für unsere Reportagen schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Aber das hier – das wird der Knüller. Der beste Dokumentarfilm aller Zeiten.«
    Lucian war einen Augenblick lang sprachlos. Thierry streifte seine Handschuhe über und zurrte die Klettverschlüsse fest. »Ich sehe schon die Schlagzeilen vor mir: Hinter den Kulissen des WizzQuizz. The Making of Le Show .«
    Lucian starrte den Sprecher finster an. »Man hat Euch belogen«, klärte er den Kameramann auf. »Das hier hat nichts mehr mit der Show zu tun. Von nun an geht es um scharfe Waffen, furchteinflößende Gegner und um echte Schmerzen. Deshalb werdet Ihr keinesfalls so weit zurückbleiben, dass wir den Sichtkontakt verlieren. Kapiert?«
    Ein drittes und letztes Nicken. Dann fischte Thierry einen goldenen Briefumschlag aus der Innentasche seines Anoraks. »Hier bitte«, sagte er, indem er Lucian den Umschlag überreichte. »Darin steht die Aufgabe des heutigen Tages. Mit schönen Grüßen von Monsieur Le Malin. An Ihrer Stelle würde ich da bald mal reinschauen.«
    Lucian klemmte sich den Umschlag zwischen die Zähne, packte das Sattelhorn und schwang sich kommentarlos auf Ghosts Rücken. Der Hengst bewegte sich mit einem aufgeregten Schnauben, sein silberner Schweif peitschte hin und her. Sein Reiter stopfte den Brief ungelesen in die Satteltasche und lenkte das Pferd den Hang hinab.
    Ravenna folgte ihm schweigend. Sie wusste, dass man Lucian besser in Ruhe ließ, wenn er in dieser Stimmung war. Insgeheim war sie erleichtert, dass der unheimliche Lagerplatz hinter ihnen zurückfiel. Während Willow den Berghang auf den Hinterbacken hinunterschlitterte, hielt sie nach Wölfen Ausschau. Doch das Rudel schien sich zurückgezogen zu haben.
    Als sie am Fuß des Steilhangs angelangt waren, war sie völlig außer Atem. Sie blickte nach hinten. Die beiden Kameraleute brachen soeben durch dichtes Gestrüpp. Schimpfend hielten sie sich im Sattel, behindert durch spiralige Kabel, die zwischen den Sätteln verliefen. Sie konnte nur den Kopf schütteln. Offenbar wussten die beiden Nervensägen nicht einmal, wie man auf dem Pferderücken sitzen musste, ohne gleich wieder herunterzufallen.
    Sie drehte sich wieder nach vorn. Ghost trabte bereits an dem vereisten Bachlauf entlang. Sie schnalzte und ließ Willow angaloppieren. »Die Kameraleute halten uns zu sehr auf«, keuchte sie, als sie Lucian eingeholt hatte. »Siehst du denn nicht, wie schief sie auf den Pferden hängen? Wie sollen wir denn so ein Tor finden, das uns in meine Welt zurückbringt?«
    »Ein Tor«, murmelte Lucian, die Augen auf den Boden gerichtet. Ein feiner Schweißfilm bedeckte seine Stirn. Schnee knirschte unter den Pferdehufen. »Woher nimmst du die Gewissheit, dass Beliar nicht alle Portale in diesen Bergen verflucht oder zerstört hat?«
    Ravenna schaute ihn von der Seite an. Das war nicht der Lucian, den sie kannte. Ihr Ritter war sonst unerschütterlich und voller Zuversicht. Als sie die Suche nach Yvonne aufgeben wollte, hatte er sie zum Durchhalten ermutigt.
    »Was ist los?«, fragte sie leise. »Was ist zwischen dir und deinem Vater passiert? In jener Nacht.«
    Lucian verzog das Gesicht. Er hielt die Zügel zwischen den Fingern der linken Hand, während Ghost sich geschmeidig und mit großer Geschicklichkeit über die vereisten Stellen bewegte.
    »Ich will nicht

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