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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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können. Und genau das werden Sie uns erzählen. Sie können es auf die sanfte oder auf die brutale Tour haben. Treffen Sie Ihre Entscheidung. “
    „ Ich habe Ihnen doch schon erzählt …“
    Die danach folgende Periode erwies sich nur wenig z u friedenstellend für alle Beteiligten. Sie bekamen nicht das, was sie wollten, und ich ebenfalls nicht. Am meisten fürc h tete ich mich die ganze Zeit über vor Verstümmelungen. Von Schlägen kann ich mich wieder erholen. Wenn jemand dazu bereit ist, einen Finger abzuschneiden oder ein Auge auszustechen, dann kommt das Antworten oder Nichtan t worten einer Situation, bei der es um Leben und Tod geht, schon sehr nahe. Wenn man das Ganze erst einmal angefa n gen hat, dann ist es eine irreversible Angelegenheit. Solange Widerstand existiert, muß der Fragende gut in Schuß sein und sein Bestes tun, denn einmal kommt der Punkt, wo der Tod für das Subjekt wünschenswerter wird als das Leben. Wenn dieser Punkt erreicht ist, dann kommt es zu einem Wettlauf zwischen Frager und Befragtem, bei dem der Tod beziehungsweise möglichst viele Informationen das Ziel sind. Auch wenn man sich nicht sicher ist, wie weit der Fo l terer gehen will, kann das Wissen, daß er so weit gehen könnte, sehr effektiv sein. Ich für meinen Fall wußte, wie weit sie gehen konnten, denn ich hatte ja von Bylers Fall gehört. Aber der schwerere Mann war wegen der Sache mit Paul nicht eben glücklich. Das konnte ich sehen. Wenn ich ebenfalls diesen Grenzpunkt erreichte und das Rennen g e wann, dann würde ihn das noch unglücklicher machen. Und da er nicht bereit war zu glauben, daß ich keinerlei weitere Informationen, hinter denen er her war, zu verkünden hatte, nahm er wohl an, ich verfüge noch über einen großen Vorrat an Kraftreserven, den ich seinen Torturen entgegenhalten konnte. Ich nehme an, er entschied sich lediglich dafür, langsam vorzugehen und sich alle härteren Methoden für später aufzuheben. Im Augenblick konnte mir das nur recht sein.
    Ich möchte lediglich einen ihrer Kniffs verraten – sie b e schlossen nämlich, mich der Sonne auszusetzen: „ Legen wir ihn ins grelle Sonnenlicht und warten wir, bis er sich in e i nen Spießbraten verwandelt. “ Es folgten mehrere stumme Sekunden, in denen er auf eine Antwort meinerseits wartete. Sie schien ihn nicht zu befriedigen, denn wenig später ba n den sie mich am Boden fest und kehrten dann in den Scha t ten meines Zeltes zurück.
    Nur gelegentlich kamen sie einmal herüber, um mich an einer Bierwerbung im Radio teilhaben zu lassen.
    Soviel zum Nachmittag. Später kamen sie dann zu dem Entschluß, eine Nacht mit Sand, Wind und Sternen sei ebe n falls nötig, um mich gesprächig zu machen. Also holten sie Schlafsäcke und warme Mahlzeiten aus ihrem Fahrzeug und entfachten ein Lagerfeuer. Wenn sie geglaubt hatten, der Geruch ihres Bratens würde mich hungrig machen, dann hatten sie sich getäuscht. Mir wurde lediglich sterbenselend davon.
    Ich sah zu, wie der Tag westwärts wanderte. Der Mann im Mond stand Kopf.
     
    Wie lange ich bewußtlos gewesen war, wußte ich nicht. Vom Lager hörte ich keine Geräusche und ich sah auch kein Licht aus dieser Richtung. Der Wombat hatte sich zu meiner Rec h ten niedergelassen, wo er saß und leise, rhythmische Gerä u sche von sich gab. Er hatte sich teilweise gegen me i nen Arm gelehnt, und ich spürte seine Bewegungen, seinen Atem.
    Noch immer wußte ich weder den Namen meiner Inquis i toren noch eine einzige neue Tatsache, was des Objektes ihrer Befragung, den Sternstein, anging. Nicht daß es eine große Rolle gespielt hätte, höchstens in einem rein akadem i schen Sinne. Nicht an diesem Punkt der Geschehnisse. Ich war von meinem baldigen Ableben fest überzeugt. Die Nacht hatte eine entsetzliche Kälte mit sich gebracht, und was die nicht erledigte, das würden meine Peiniger dann am folgenden Tag erledigen, dachte ich.
    Ich erinnerte mich an eine Vorlesung über physiologische Psychologie, in der ich gelernt hatte, daß wir keinen absol u ten Eindruck von unseren Sinnesorganen bekommen, so n dern nur das Maß der Veränderungen. Nur deshalb konnten die Japaner es in ihren heißen Bädern aushalten, und auch ich konnte, wenn ich still lag, die Kälte verdrängen. Aber das war mehr eine Frage des Komforts als des Überlebens. Während vorerst die Erleichterung fast den gesamten Teil meines Denkens bestimmte, kümmerte ich mich doch im Hinterkopf auch um mein längerfristiges Schicksal. Ich set

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