Tori und die verschwundene Stute
wie in alten Zeiten. Als sie noch Freundinnen waren.
Während sie auf den Wald zutrabten, redete Sina die ganze Zeit über das dämliche Geschichtsreferat. Dass sie unbedingt eine Drei in Geschichte brauchte, weil sie ihrer Mutter beweisen wollte, dass die Schule nicht unter der Reiterei litt. Und dass sie noch keinen Handschlag dafür getan hatte, dabei waren die Ferien bald halb vorbei.
Tori verdrehte die Augen. Dieses bescheuerte Referat! Das war wirklich ihr geringstes Problem.
âNaja, ist auch egalâ, stellte Sina irgendwann selbst fest. âIch weià gar nicht, warum ich jetzt an die Schule denke.â
âIch auch nichtâ, meinte Tori. âWir haben doch zurzeit wirklich andere Sorgen.â
âWenn wir bis heute Abend keine heiÃe Spur gefunden haben, dann musst du Sue anrufenâ, sagte Sina.
Danke für die Erinnerung. Als ob Tori das auch nur eine Minute lang vergessen könnte.
âVielleicht haben wir ja schon eine heiÃe Spurâ, sagte Tori. âAlso, immerhin sind wir einen Schritt weiter.â Sie erzählte Sina von dem Typ in dem schwarzen Mercedes. âUnd stell dir vor, zufälligerweise hat Herr Fischer das Autokennzeichen und den Firmennamen notiert!â
âSuper! Manchmal ist so ein SpieÃer doch zu was gut. Und? Wie heiÃt die Firma?â
âSchleyer AG . Jonas versucht gerade, mehr darüber rausâ¦â
âWas?â Sinas Stimme gellte so schrill durch den Wald, dass beide Pferde zusammenzuckten. Ãber ihnen kreischte ein Eichelhäher auf und suchte verschreckt das Weite. â Die Schleyer AG ?â
âHä?â
âLiest du keine Zeitung?â, fragte Sina.
Nein, jedenfalls so gut wie nie. Morgens nahmen Toris Eltern die Zeitung in Beschlag und so sehr interessierte es sie sowieso nicht.
âDas ist ein Pharmakonzern.â Jetzt flüsterte Sina auf einmal.
âEin Pharmakonzern? Ja und?â
âMann, Toriâ, wisperte Sina. Ihre Blicke glitten durch den Wald. Toris Augen folgten ihnen unwillkürlich. Stand da jemand, dort hinter der alten Kiefer? Oder da drüben, im Schatten der Tannen? Unsinn!
âDie Schleyer AG ist doch für ihre riesigen Forschungslabors bekannt. Verstehst du nicht?â
Nein, obwohl Toris Herz jetzt bis zum Hals schlug, begriff sie immer noch nichts.
âDie machen Tierversuche.â Sinas Stimme war nun kaum zu hören.
Tori riss so erschrocken an den Zügeln, dass Tibor stocksteif stehen blieb. âWas?â
Auch Sina brachte Janko zum Stehen. âDie haben Becky gestohlen, damit sie ihre schrecklichen Tests mit ihr machen können. Und weil sie trächtig ist. Wer weiÃ, was die mit dem Fohlen anstellen.â
âHör auf! Das ist ja grauenvoll. Das kann ich mir nicht vorstellen â¦â
âIch schon. Das sind Verbrecher. Und man hört doch ständig, dass die für ihre Versuche Katzen und Hunde klauen.â
âAber Pferde?â
âWo ist da der Unterschied? Zuerst wollte der Typ Becky kaufen. Deshalb war er letzte Woche auf der Ranch. Aber natürlich hat Sue da nicht mitgespielt. Vermutlich ist sie ausgerastet. Und dabei hat der Mann irgendwie mitbekommen, dass sie für eine Weile weg wollte. Da hat er seine Chance erkannt und zugeschlagen.â
Tori dachte an die Prospekte, die die Tierschützer in der FuÃgängerzone immer verteilten. An die Fotos von Kaninchen mit entzündeten Augen und kahler Haut, an gequälte Schimpansen, denen man die Schädeldecke entfernt hatte. Tori schaute sich die Bilder niemals genauer an, weil sie einfach zu grauenvoll waren. Und nun waren Becky und ihr Fohlen in den Händen dieser Verbrecher.
âWas machen wir denn jetzt?â, fragte sie mit zitternder Stimme.
âWir reiten erst mal zurück und reden mit den anderenâ, beschloss Sina. âUnd ich glaube, es ist wirklich höchste Zeit, die Polizei einzuschalten.â
Ortstermin
âWenn ihr zur Polizei geht, ist Becky so gut wie totâ, sagte Jonas düster.
Als Tori und Sina von ihrem Ausritt zurückgekommen waren, hatte er schon auf sie gewartet.
âDas ist doch Quatschâ, widersprach Sina. âWir haben wirklich genug gegen das Unternehmen in der Hand. Wenn die Polizisten die Labors durchsuchen und Becky finden â¦â
âDie werden gar nichts durchsuchenâ, unterbrach Jonas sie. âWarum sollten sie auch? Wir
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