Tori und die verschwundene Stute
haben nichts als ein paar Vermutungen und vage Verdachtsmomente. Die lachen uns aus, wenn wir deswegen Anzeige erstatten.â
âDas befürchte ich auchâ, stimmte Ayla ihm zu. âDie Schleyer AG ist der gröÃte Steuerzahler und Arbeitgeber in der Region. Bevor denen was passiert, müssen schon handfeste Beweise vorliegen. Und die haben wir nicht.â
âUnd was schlagt ihr vor?â, gab Sina spitz zurück. âWollt ihr da etwa auch einbrechen? Das ist ja wohl ein Witz! Die Schleyer AG ist echt eine Nummer zu groà für uns.â
âWir müssen mehr Informationen sammelnâ, sagte Jonas. âIch würde sagen, wir sehen uns dieses Unternehmen mal an.â
âWie meinst du das?â, fragte Myriam. âDu kannst doch da nicht einfach so reinspazieren und dich umgucken.â
âVielleicht schon. Ich schreib schlieÃlich für unsere Schülerzeitung. Vielleicht machen die eine Führung für uns.â
âAber die Labors, in denen sie die armen Versuchstiere quälen, zeigen sie dir ganz bestimmt nicht. Die sind doch nicht blödâ, erklärte Hannah.
âIch bin auch nicht blöd. Natürlich lassen die uns nicht ins Labor. Aber je mehr wir über das Unternehmen erfahren, desto besser können wir dagegen vorgehen.â
âAlso gut. Wann gehen wir hin?â, fragte Juliana.
âWir können auf keinen Fall alle aufkreuzenâ, sagte Tori. âDie werden sofort misstrauisch, wenn Horden von Jugendlichen auf der Matte stehen.â
Sie hoffte, dass Jonas vorschlagen würde, dass sie beide das Ganze übernehmen könnten, aber er schwieg gedankenverloren.
âIch frag mal die Jungs, ob einer von ihnen Verbindung zur Schleyer AG hatâ, meinte er nach einer Weile. âVielleicht arbeitet ja ein Vater oder Onkel dort, der uns da irgendwie reinbringen kann.â
âSag Bescheid, wenn ich dir helfen kannâ, sagte Tori.
Sie hatte plötzlich den Eindruck, dass Sina spöttisch lächelte, aber vielleicht täuschte sie sich auch.
Nachdem sie die Ställe sauber gemacht hatten, ging Tori mit Tibor auf den Reitplatz. Als kleine Entschädigung dafür, dass der Ausritt so kurz gewesen war.
Tibor legte sich mit Feuereifer ins Zeug, aber Tori war auch dieses Mal nicht richtig bei der Sache. Sie musste die ganze Zeit an Becky denken. Hatte sie nicht neulich irgendwo gelesen, dass Stuten die idealen Testtiere für die Pharmaindustrie waren? Nicht auszudenken, was die armen Pferde erdulden mussten, damit ein paar blöde Tussis ihre Falten glätten und ihre Gesichter bemalen konnten. Aber dann dachte Tori mit schlechtem Gewissen an die Batterie von Glastiegeln, Schminkstiften und Cremefläschchen, die bei ihnen zu Hause im Badezimmer standen. Das meiste davon gehörte ihrer Mutter, aber Tori benutzte das Zeug mindestens genauso ausgiebig.
Tori schüttelte unwillig den Kopf. Jonas kümmerte sich um die Schleyer AG und sie wollte sich ganz auf Tibor und ihr Reittraining konzentrieren. Sie lenkte den Wallach zu dem kleinen Tor mitten im Roundpen. Direkt davor lieà sie ihn anhalten, dann beugte sie sich aus dem Sattel zum Gatter, öffnete es und lieà ihn hindurchtreten. Lammfromm und geduldig blieb er auf der anderen Seite stehen und wartete ab, bis sie das Tor wieder geschlossen hatte. Perfekt. Sonst machte er bei dieser Ãbung nie so willig mit. Wahrscheinlich hatte er einfach Angst, dass sie die Reitstunde abbrechen und ihn zurück in den Stall bringen könnte.
âBrav.â Tori klopfte dem Quarterhorse anerkennend den Hals. âUnd jetzt üben wir den Galoppwechsel. Wollen doch mal sehen, ob du da genauso gut parierst!â Aber als sie ihn gerade zum Rand des Roundpens bewegt hatte, klingelte ihr Handy.
Tibor wieherte unwillig. Nicht unterbrechen, hieà das, lass dich jetzt nicht ablenken!
âGanz ruhig, Tibor. Es dauert nur einen Moment.â Sie klopfte ihm noch einmal den Hals und sprang aus dem Sattel, um ihr Handy aus der Hosentasche zu ziehen.
âJonas hier.â
âHi. Und? Hast du schon was rausgekriegt.â
âFehlanzeige. Keiner der Jungs hat Kontakte zur Schleyer AG .â
âUnd jetzt?â
âGeh ich allein hin. Oder willst du mitkommen?â
Tori sah Tibor an. Der Wallach senkte den Kopf.
Sie hatte plötzlich den Eindruck, dass er seine Unterlippe nach vorne schob. Wie ein kleines Kind,
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