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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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Sie zählte über vierzig Namen, von denen ihr kein einziger etwas sagte.
    Sie fuhr den Laptop hoch, öffnete eine Excel-Datei, bat Mirat, ihr die Namen vorzulesen, und schrieb sie alle in eine Liste.
    Dann erfasste sie die Gesprächsdaten, die noch auf der Karte waren. Als sie damit fertig war, nahm sie sich die zweite Karte vor. Aber sie funktionierte nicht. Stimmte der PIN nicht? Sie versuchte es noch zweimal. Dann kam die Meldung: gesperrt.
    »Wahrscheinlich abgelaufen«, sagte Mirat. »Wie viele Handys hatte dein Bruder denn?«
    »Vier oder fünf. Aber ich habe nur diese Karten.«
    Bei der dritten Karte funktionierte der PIN wieder. Das Namensverzeichnis war umfangreicher. Aber es standen fast nur Vornamen darin. Cemal, Kalle, Peri, Pia …
    Eine halbe Stunde später hatte sie alle Daten ausgelesen. Und eines war offensichtlich: Wer immer sie war, Erics Telefonkontakt zu dieser Pia war äußerst intensiv gewesen. Elin musste wieder an Hagen denken, wie recht der Mann doch hatte.
    All diese Daten existierten natürlich auch bei den Telefongesellschaften. Vermutlich sogar gekoppelt mit den Informationen darüber, wo sich das Handy befand, als telefoniert wurde. Wie hatte Hagen das formuliert: eine Sonde des Feindes.
    Plötzlich fiel ihr etwas auf. Nach dem 14. August war kein Gespräch mehr geführt worden. Aber die Karte verzeichnete noch eine Menge Anrufe, die Eric nicht angenommen hatte. Elin scrollte sie durch. Jürgen. Jens. Und immer wieder Pia. Auch am 29. September.
    Mirat rauchte, während Elin sich immer tiefer in ihre Listen vergrub. Die erste Karte stammte mit Sicherheit aus seinem Geschäftshandy. Arbeitskollegen also. Albogast, Gruner, Kornheim …? Ratlosigkeit überkam sie. Was sollte dieses Herumstochern in Erics Leben ihr schon nützen? Sie konnte diese Leute doch nicht alle aufsuchen. Und seine abgelegten Freundinnen? Corinna. Saskia. Alexandra. Aha. Sie war also auch hier. In guter Gesellschaft.
    Dann hatte sie eine Idee. Sie kopierte alle Namen und Nummern in eine einzige Datei und sortierte die Einträge nach den Nummern. Das war schon interessanter. Vier Nummern erschienen auf beiden Listen. Sie markierte sie und verschob sie auf ein separates Blatt. Drei Männer und eine Frau, Arbeitskollegen offenbar, mit denen Eric auch privat zu tun gehabt hatte.
    Pia Albogast
    Jürgen Garottin
    Jens Bleiwald
    Kurt Lothar
    Sie spürte Mirats Blick auf sich ruhen.
    »Was ist?«, fragte sie.
    »Was ist mit
dir?
«, fragte er im Gegenzug.
    »Wieso?«
    »Weil du plötzlich rote Backen hast.«
    »Ich muss in die Kiezoase.«
     
    Der Aufenthaltsraum war verlassen. Jojo Jesus saß im Büro und telefonierte.
    »Ja, der Kühlschrank ist kaputt …«, hörte sie ihn sagen. »Warum? Ja, das ist eine wirklich wichtige Frage. Bin ich vielleicht Kühlschrankingenieur?«
    Er drehte sich zu ihnen um. Elin deutete auf den Computer in der Ecke. Jojo Jesus nickte.
    »… drei Wochen. So, so. Und wo sollen wir bis dahin die Lebensmittel kühlen?«
    Elin startete eine Adressabfrage und gab Pia Albogast ein. Ein Treffer.
    Albogast, Pia – Kantstraße 54
    Elin stutzte. Diese Adresse.
    »Macht ihr das im Rathaus auch so mit euren Gaumenkitzlern? Petits Fours vom Balkon mit Taubenscheiße drauf?«, schimpfte Jojo Jesus ins Telefon.
    Kantstraße 54. Das war das Haus neben der Sparkasse, wo Eric seine letzte digitale Spur hinterlassen hatte.
    »Wo willst du hin?«, fragte Mirat.
    »Geld abheben.«

[home]
36
    D er Anblick übertraf seine schlimmsten Befürchtungen.
    Zietens Blick irrte über die Fotos, die Marquardt vor Eintreffen der Polizei mit dem Handy von seinem Schreibtisch gemacht hatte. Was um alles in der Welt war das?
    Sein Blick eilte von Detail zu Detail in der Hoffnung, irgendwo einen Ansatzpunkt für eine Erklärung zu finden. Aber es fiel ihm keine ein. Das Ding ergab für ihn nicht mehr als die Summe seiner widerlichen Teile. Ein schauderhaftes Arrangement aus Leichenteilen, Stoff und Plastik. Das einzige Beruhigende daran war, dass, wer immer das Opfer dieser bestialischen Schlachtung war – es war nicht seine Tochter.
    »Das ist angeblich schon der dritte Fall dieser Art innerhalb von fünf Tagen«, flüsterte Marquardt, der neben ihm saß und nervös rauchte. Sedlazek hatte hinten im Wagen Platz genommen und starrte nur stumm nach draußen auf den Ku’damm, der noch immer wie ausgestorben dalag. Nur ein paar Taxis fuhren langsam vorbei auf der Suche nach Fahrgästen.
    Zieten nahm erneut das Ding vor

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