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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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tragen, auf denen VKG eingestickt ist, erscheinen ihre Geschäftsmodelle auf einmal seriös. Noch die absurdesten Geschäfte, die von den Piranhas auf den Markt gebracht werden, sind durch die VKG abgesichert. Was passiert nun? Das Geld beginnt in Massen zu fließen. Die Konditionen sind so unglaublich, dass sich niemand solche Gewinne entgehen lassen will. Im Keller des Rathauses sprudelt es nur so. Und es erscheinen immer neue Finanzhaie, die in diesem Kapitalsee mitschwimmen wollen, vor allem aus dem Immobiliensektor. Bald sind es so viele, dass es im Rathauskeller zu eng wird. Man lagert aus in die Treubau-Gesellschaft TBG . Unter diesem Dach sammeln sich die Investoren, die das Geld verschleudern, das aus dem Rathauskeller herübergepumpt wird. Und eine dieser Gesellschaften war die Berliner Investment Group oder BIG .«
    »Erics Firma.«
    »Ja. Aber man sollte besser von Marquardt und Sedlazek sprechen. Die BIG war eine regelrechte Geldverbrennungsmaschine. Fast alle Projekte, die dort aufgelegt wurden, gingen baden. Aber diese Leute verdienten trotzdem genug, denn wo so viel Geld fließt, bleibt an den Händen, durch die es geht, noch immer mehr als genug hängen.«
    Zollanger machte eine Pause und räusperte sich.
    »Die VKG ist der Tumor, Elin, die BIG eine der vielen Metastasen. Den im Handelsregister genannten Firmensitz gibt es im Adressbuch gar nicht. Jedes Investitionsprojekt ist in einer eigenen Projektgesellschaft mit völlig nebulösen Eigentümerverhältnissen untergebracht. Sagen wir es mal so: Die Konstruktion von VKG und TBG war eine politische Straftat, durch die hochtoxische Finanzströme in die Stadt gelenkt wurden. Die BIG und all die anderen sind nichts als Hehler, die diese Milliarden verdealen. Und Sie dürfen nie vergessen: Für jeden Euro dieses Finanzkokains haftet die Stadt.«
    Elin schwieg. Was sollte sie zu diesem Szenario schon sagen? Zollanger musterte sie. »Soll ich weitersprechen?«
    Elin nickte.
    »Ihrem Bruder war aufgefallen«, fuhr er fort, »dass die Treubau-Gesellschaft den Herren Marquardt und Sedlazek Kredite in einer Größenordnung nachwarf, die einfach nicht normal war. Die beiden kauften damit dutzendweise Schrottimmobilien im Osten auf – mit Geldern, die sie über ihren Parteifreund Zieten und dessen Bank ohne jeden Nachweis von Sicherheiten bei der TBG abrufen konnten.«
    »Aber … wenn das alles bekannt ist, warum hat dann niemand eingegriffen?«
    »Es ist sehr wenig bekannt. Noch. Ihr Bruder hat den Vorhang ein wenig angehoben, aber nur kurz. Niemand will, dass diese Dinge bekannt werden. Warum auch? Im Moment verdienen doch alle blendend. Alle Welt will plötzlich hier investieren. Die Konditionen sind unschlagbar. Acht Prozent Zinsen. Man kann die Geldanlagen von der Steuer absetzen. Wenn die Schrottimmobilien nicht gut vermietet werden, zahlt die Stadt auf Jahre hinaus die Miete für die leeren Wohnungen. Und wer in das Roulette einsteigt, bekommt auch noch die Garantie, dass er seine Einlagen nach fünfundzwanzig Jahren garantiert zurückerhält. Natürlich muss so ein System nach ein paar Jahren zusammenkrachen. Und so ist es ja auch geplant. Wie ein Hütchenspiel. Erst massiv absahnen und dann die Schulden der Nachwelt hinterlassen, die das jahrzehntelang abbezahlt.«
    Zollanger hatte sich warmgeredet. Aber plötzlich hielt er inne.
    »All dies ändert nichts daran, dass Sie in Lebensgefahr schweben, Elin. Ich beschwöre Sie: Bleiben Sie nicht hier. Verlassen Sie so schnell wie möglich Berlin. Ich kann hier nichts für Sie tun.«
    Er erhob sich und drückte ihr das neue Handy wieder in die Hand.
    »Rufen Sie mich an, wenn Sie wieder in Hamburg sind.«
    Sie blickte zu ihm auf. »Und Sie lassen das alles einfach geschehen. Einfach so?«
    »Ich?«, erwiderte er und lachte bitter auf. »Was sollte ich denn Ihrer Meinung nach tun? Die Stadtverwaltung verhaften? Die Investoren anzeigen? Die ganze Kette dieser obszönen Gier können Sie nicht stoppen. Und Ihr Bruder? Wollte er wirklich etwas ändern? Aufklären? Missstände anprangern? War er so naiv? Ich denke nicht. Er war ein kluger Junge. Klug genug, um zu wissen, dass man diesen Kräften hilflos ausgeliefert ist. Er wollte das Monster auch gar nicht töten. Er wollte einen Anteil vom Gold, das es bewacht. Ihr Bruder hat Mauscheleien innerhalb der BIG aufgedeckt und gedacht, er könne damit Geld machen. Dummerweise ist er dabei auf Zusammenhänge gestoßen, deren ganze Tragweite er wahrscheinlich gar

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