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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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fünfzehn Minuten. Eine Ladenzeile, die das letzte Mal, als er hier vorbeigekommen war, noch zwei Geschäfte beherbergt hatte, war inzwischen aufgegeben worden, ein Schaufenster war mit Brettern vernagelt. Ein anderes kündete davon, dass eine westdeutsche Supermarktkette hier demnächst eine Zweigstelle eröffnen würde.
Invasion der Ossi-Snatcher
hatte jemand auf die Scheibe gesprüht. Auf einem leeren Feld gegenüber spielten ein paar Jungs im Grundschulalter Fußball. Ein missglückter Pass beförderte den Ball vor Zollangers Füße. SPARKASSE stand auf dem Ball. Die beiden S hatte ebenfalls ein Sprayer bearbeitet und durch SS -Runen ersetzt. Zollanger trat den Ball zurück und setzte seinen Weg fort.
    Er betrat eine Pizzeria, wählte einen Fensterplatz und bestellte, ohne die Karte anzuschauen, eine Pizza Napoli und eine große Cola. Er war der einzige Gast. Er holte sein Handy aus der Jackentasche und aktivierte es. Den PIN -Code der neuen Karte musste er erst auf einem Zettel nachschauen, den er in seinem Geldbeutel verwahrt hatte. Als das Gerät einsatzbereit war, wählte er eine Nummer, die er von einem anderen Zettel ablas. Aber der Anschluss funktionierte nicht. Teilnehmer nicht erreichbar, lautete die Botschaft der Computerstimme. Als nächstes wählte er Elins Nummer. Die funktionierte immerhin. Aber sie antwortete nicht. Als der Anrufbeantworter ansprang, drückte er das Gespräch weg und legte das Handy missmutig neben sich.
    Er musste eine Entscheidung treffen. Er war hier herausgefahren, weil es der unwahrscheinlichste Ort war, der ihm in den Sinn gekommen war. Hier würde ihn vorerst niemand suchen, und er konnte überlegen, was er tun sollte. Aber hatte er überhaupt eine Wahl? Konnte er jetzt noch zurück?
    Ozols hieß also der Mann, der ihm aufgelauert hatte. Merkwürdiger Name. Und geschickt hatte ihn dieser Zieten. Nicht Marquardt oder Sedlazek. Nein. Die graue Eminenz selbst war hinter ihm her. Wie war der Mann nur so plötzlich auf ihn gekommen? Zollanger betrachtete kurz sein Spiegelbild im Fenster. Nun, es war ohnehin gleichgültig. Jetzt hatten sie das Band, das er in der Tasche gehabt hatte. Und es war eine Frage von Stunden, bis Frieser es ausgewertet haben würde und die ganze Meute auf ihn losließ.
    Die Pizza kam. Zollanger nahm die Hände vom Tisch, um dem Teller Platz zu machen. Er aß einige Stücke und versuchte, den Gedankenstrom in seinem Kopf zu stoppen. Dann ließ er sein Besteck sinken und blickte ratlos vor sich hin. Was hatte er getan! Er war erledigt. Er stellte sich Sina und Udo vor. Schauten sie sich vielleicht gerade jetzt die Videoaufnahmen aus der Garage an? Waren die Mietwagendaten aus Hamburg mittlerweile eingegangen? Es war gar keine Frage von Stunden mehr. Alles war längst geschehen. Die Beweislast war erdrückend. Frieser konnte gar nicht anders, als den ganzen Apparat gegen ihn in Gang zu setzen. Und seine Kollegen? Was würden sie über ihn denken? Sina und Udo würden vielleicht noch zweifeln und versuchen, zu ihm zu halten. Zunächst. Die anderen nicht. Vor allem Krawczik würde sich bestätigt sehen. Der Gedanke amüsierte ihn ein wenig.
    Der arme Krawczik. Diese tragische Figur, die stets recht hatte und doch immer falsch lag. Ach, im Grunde war es ihm gleichgültig, was seine Kollegen von ihm dachten. Mit Ausnahme von Sina und Udo.
    Er ließ die Pizza halb gegessen stehen, trank sein Glas aus, bezahlte und verließ das Lokal. Ein leichter Regen hatte eingesetzt. Die Hochhäuser des Allende-Viertels saßen wie Stümpfe in der Landschaft. Was tat er hier? Er rechnete und stellte fest, dass er seit vier Monaten nicht mehr hier gewesen war. Vier Monate. Zeiträume machten ihm neuerdings immer größere Schwierigkeiten. Er hatte schon lange nicht mehr das Gefühl, sich in der Zeit zu bewegen. Vielmehr kam es ihm vor, als sei er darauf aufgespießt, auf ein paar Tage und Stunden des Jahres 1989. Die Wende. Die Zeitenwende. Das suggerierte ein Vorher und ein Nachher. Aber für ihn war es das nicht. Es war ein verfluchtes Kontinuum, eine Zeitschleife in Form eines immer größer werdenden Fragezeichens.
    Er stand an der Straßenecke und schaute wieder zu den Wohnblockstümpfen hinüber. Dann ging er auf einen davon zu. Er klingelte. Die Wohnung lag im vierten Stock. Eine ältere Frau öffnete und schaute ihn überrascht an.
    »Martin. Du liebe Zeit.«
    »Hallo, Sonia. Ich war in der Nähe. Bist du beschäftigt?«
    »Machst du Witze?« Sie trat zur Seite. »Du

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