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Tortengraeber

Tortengraeber

Titel: Tortengraeber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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und wurden so gut wie immer von oben gedeckt. Es wunderte Bachoeven gar nicht, daß Cerny seinen Namen kannte. Was ihn allerdings erstaunte, war die kleine Blutlache zu dessen Füßen, auf die nun auch Cerny überrascht sah, dann zur Decke hinaufblickte und schließlich auf seine Hand, sein Gesicht verzog, als hätte Blut einen säuerlichen Nachgeschmack, und sich die Hand an seiner Hose abwischte.
    »Kommen Sie mit«, sagte er zu Bachoeven, der froh war, darum nicht betteln zu müssen.
    Vor der Tür empfing sie der Hausmeister. Zusammen stiegen sie zum Parterre hoch. Der Wächter des Hauses versicherte, daß die Wohnung, die über dem Tatort liege, unbewohnt sei.
    »Nicht wirklich«, sagte Cerny und wies ihn an, die Tür zu öffnen. Der Mann war vorbereitet, zog einen Schlüsselbund aus der Tasche. Was aber nicht nötig gewesen wäre. Die Türe erwies sich als unversperrt. Bachoeven machte dem Hausmeister klar, daß er sich nun empfehlen dürfe.
    Die Wohnung glich dem Geschäft eines Altwarenhändlers, der sein Zeug verrotten ließ. Die unterschiedlichen Epochen und Qualitäten verbanden sich unter Schichten von Staub. Das Wohnzimmer wurde von einem Konzertflügel beherrscht, dessen drittes Bein leicht zur Seite stand. Auf dem geschlossenen Deckel stand ein mächtiges, in sich verschlungenes Drahtgehäuse, das sich erst bei näherer Betrachtung – und wirklich standen die beiden Männer gebannt davor – als labyrinthische Lebendfalle für Mäuse erwies.
    Nach dieser Pause bescheidener Erkenntnis passierten sie zwei weitere, kleinere Räume und standen dann vor einer Tür, hinter der nach Cernys Berechnung ein wenig erbaulicher Anblick zu erwarten war. Er gab Bachoeven ein Zeichen, welcher verstand und seine Waffe zog. Cerny drückte die Schnalle, stieß die Tür leicht an, welche langsam und dank der umliegenden Stille recht geräuschvoll ihren Bogen beschrieb. So vollgeräumt die anderen Zimmer waren, so leer war dieses, ausgenommen der Schaukelstuhl, der in der Mitte stand und in dem eine gewaltige Masse Mensch saß und eine Zeitung hielt, die auf seinen Schenkeln ruhte. Lesen konnte der Mann freilich nicht mehr, was nicht das Schlimmste war, keine Zeitung mehr lesen zu können. Schlimm, das war der Schnitt, sozusagen zwischen Zeitung und Zeitungsleser, und zwar dort, wo sich die Kehle befand, die nun offenstand wie ein breites Maul. Der Kopf hing gefährlich nach hinten. Der Mund weit geöffnet – ein kleinformatiges Zitat des aufgeschnittenen Halses. Man konnte sich vorstellen, wie das Blut aus der Öffnung gesprudelt war. Die Quelle war nun versiegt, ein teurer Anzug ruiniert. Und auf dem Boden eine beträchtliche Lache, die zwischen den breiten Spalten des Parketts langsam absank und durch die Risse im Mauerwerk tröpfchenweise in den darunterliegenden Raum eindrang.
    Ohne sich umzudrehen, wies Cerny Bachoeven an, nach draußen zu gehen und seine Leute zu informieren.
    »Wen?« fragte Bachoeven, der es vermeiden wollte, in innerbetriebliche Querelen zu geraten.
    »Wen Sie wollen«, sagte Cerny, ging auf die Leiche zu, wandte sich dann aber doch um, rief Bachoeven zurück und wollte von ihm wissen, was er eigentlich im Hause gesucht habe. Na, das hätte Bachoeven eigentlich auch fragen können, hielt aber an sich und erklärte, er habe bloß noch einmal den Hausmeister interviewen wollen. Reine Routinearbeit. Und dann so etwas.
    Bachoeven verschwand im Nebenzimmer, wo er sich an sein Handy machte, um seiner Dienststelle Bescheid zu geben und sich mit Instruktionen versorgen zu lassen.
    Cerny hatte wenig Zeit. Er wollte nicht dabeisein, wenn die ganze kriminalistische Herde samt Stadthauptmann anrückte. Er hielt sich nicht lange auf mit der Untersuchung der Wunde. Ein kleines Messer war es nicht gewesen. Kein Gemetzel, sondern eine saubere, tiefe Scharte. Doch was sagte das schon. So schnitten Profis wie Laien, Männer wie Frauen. Echte Handschriften gab es so selten wie originäre Kunstwerke. Der Gesichtsausdruck des Toten verriet, daß ihm die Luft ausgegangen war, aber leider nicht, ob er seinen Mörder gekannt hatte. Offensichtlich war sie ihm so rasch ausgegangen, daß er nicht mehr dazu gekommen war, seine Zeitung loszulassen, um … wozu? Um sich den Hals zuzuhalten? Den eigenen Mörder zu packen?
    Cerny betrachtete die Gazette, auf die das Blut des Lesers gespritzt war, was ihr das informelle Flair einer Malunterlage verlieh. War es bloß ein Zufall, daß sich nicht alle Finger des Toten in den

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