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Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt

Titel: Toskana Forever: Ein Reiseleiter erzählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dario Castagno
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an den Außenmauern, wo unhygienische Räume ohne Bodenbelag mit einem Loch in der Erde entstanden wie in Foscos Haus. Nur selten hatten die Häuser ein zweites Stockwerk, aber in vielen Türmen befand sich ein kleiner Raum, der als Taubenschlag diente oder in dem die Holzfässchen mit dem kostbaren Vin Santo aufbewahrt wurden.
    Jedes Mal, wenn ich ein neues verlassenes Haus entdeckte, benachrichtigte ich meine Freunde, und wir brachten wieder Leben in die alten Mauern, wenn auch nur für ein paar Stunden. Wir entfachten ein Feuer im offenen Kamin, brieten Würste, tranken Wein und sangen bis in die frühen Morgenstunden. Die Mutigsten unter uns verbrachten sogar die ganze Nacht dort.
    Als mein drei Jahre älterer Bruder endlich seine Fahrprüfung bestanden hatte, begannen wir, die Gegend mit dem Auto zu erkunden. Er besaß eine schwarze Ente, die er selbst wieder fahrtüchtig gemacht und deren Motorhaube er mit einem wunderschönen Gemälde verziert hatte. Auf einer dieser Fahrten entdeckten wir ein besonders schönes Haus mitten in einem Eichenwald. Es war ein typisches Bauernhaus, das auf den ersten Blick verlassen wirkte, allerdings erst seit kurzem. Es war nicht in einem so schlechten Zustand wie die meisten anderen. Die Fensterscheiben waren ganz und die Fensterläden geschlossen. Der Eingang war sauber, die Wiese gepflegt und erst vor kurzem gemäht worden. Die Haustür ließ sich mit einem leichten Stoß öffnen. Es schlug uns nicht der übliche modrige Geruch entgegen, wie es normalerweise bei lange verschlossen gebliebenen Räumen der Fall ist. Das Haus war vollständig eingerichtet. Die Betten waren gemacht, und in der Küche war alles an seinem Platz. Der Kühlschrank war abgeschaltet und leer, das Besteck lag säuberlich in einer Schublade, und in der Vorratskammer standen viele Konservendosen. Wir freuten uns riesig über unseren Fund und beschlossen, mit ein paar Mädchen wiederzukommen.
    Es vergingen einige Monate, in denen wir ganze Tage in »unserem« Haus verbrachten. Endlich hatten wir ein richtiges Haus mit Zimmern und echten Betten. Auch wenn sie eiskalt waren, so bedeuteten sie für uns doch eine wichtige Errungenschaft. Und inzwischen hatten wir auch gelernt, wie wir uns aufwärmen konnten!
    Wenn wir zurückkamen, war die Tür jedes Mal wie von Zauberhand gerichtet. Ohne groß darauf zu achten, stießen wir sie wieder auf und traten in das kleine Paradies, das wir ganz als das Unsrige betrachteten. Nie kam jemand, vom Türrichtgespenst einmal abgesehen. Immerhin waren wir vorsichtig genug und stellten unseren Wagen an einem versteckten Platz etwa hundert Meter entfernt ab und gingen von da zu Fuß zum Haus. Später luden wir auch Freunde ein und bereiteten am offenen Kamin heiße Mahlzeiten, gefolgt von Musik, Tanz und Joints. Eines Nachts aber, als wir unseren Kater ausschliefen, klopfte es an die Haustür. Aus dem Schlaf aufgeschreckt, schauten wir uns entsetzt an. Wir hatten keine Ahnung, was zu tun war, und wagten nicht, miteinander zu sprechen, weil wir Angst hatten, gehört zu werden.
    Da hatte ich eine Erleuchtung. Wenn der Neuankömmling an die Tür klopfte, konnte er nicht der Hausbesitzer sein, denn sonst hätte er ganz einfach seinen Schlüssel ins Schloss gesteckt. Ich nahm also meinen Mut zusammen und stand auf, um zu öffnen. Als ich zur Tür ging, gaben mir meine Freunde mit Gesten zu verstehen, dass sie das gar nicht gut fanden. Ich beobachtete sie nicht. Splitternackt öffnete ich.
    Auf der Schwelle stand ein Mann mittleren Alters, der mich ziemlich erstaunt musterte und dann höflich fragte: »Ist Sara zu Hause?« Sehr bestimmt, als sei ich der rechtmäßige Eigentümer des Hauses, antwortete ich: »Nein, ich bedaure. Sara ist nicht da. Sie kommt gegen neun Uhr zurück.« Er schaute flüchtig über meine Schulter, sagte dann Auf Wiedersehen und ging. Als ich die Haustür wieder hinter mir geschlossen hatte, brach ich in kalten Schweiß aus, und mein Herz schlug wild, aber ich war ausgesprochen stolz auf mich. Ich hatte meine Rolle so gut gespielt, dass der Mann nicht das Geringste gemerkt hatte. Als ich unter die Bettdecke zurückkroch, dachte ich sogar, wir hätten Glück gehabt, denn jetzt kannten wir den Namen einer Besitzerin – wer weiß, vielleicht konnte uns das eines Tages nützlich sein!
    Der Mann hatte sich natürlich nicht an der Nase herumführen lassen und uns sofort beim nächsten Posten der carabinieri angezeigt. Zum Glück kamen die carabinieri aber erst viel

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