Total Control (Das Labyrinth)
anscheinend versucht haben, Triton Global über den Tisch zu ziehen. Und der gemeinsame Nenner in so vielem ist Sidney Archer.« Bedächtig rieb Sawyer sich mit den Fingern über die Wange. »Sidney Archer ... ich habe großen Respekt vor der Frau. Vielleicht ist mein Urteilsvermögen ja wirklich ein wenig getrübt. Wahrscheinlich hast du mir zu Recht in den Hintern getreten. Aber ich werde dir ein Geheimnis verraten, mein Freund.« Sawyer klopfte die Zigarette im Aschenbecher ab.
»Und das wäre?«
»Sidney Archer war in der Limousine. Und wer auch immer die drei ermordet hat, ließ sie laufen. Ihre Pistole fiel der Polizei in die Hände.« Mit der Linken formte Sawyer eine imaginäre Pistole, mit der Zigarette deutete er auf bestimmte Bereiche davon, während er weitersprach. »Auf dem Teil, den sie gehalten haben müßte, wenn sie die Waffe abgefeuert hätte, entdecken wir verschmierte Abdrücke. Deutliche Abdrücke sind nur auf dem Lauf. Was sagt dir das, Ray?«
Rasch überlegte Jackson. »Wir wissen, daß sie die Waffe in der Hand hatte.« Plötzlich dämmerte es ihm. »Hätte jemand anders die Pistole abgefeuert und dabei Handschuhe getragen, wären die Abdrücke auf dem Griff, nicht aber auf dem Lauf verschmiert.«
»Genau. Und das Band wurde zurückgelassen. Wahrscheinlich sollte sie damit erpreßt werden, in dieser Hinsicht bin ich ganz deiner Meinung, Ray. Sidney Archer muß gewußt haben, daß sie ein Band hatten - sie mußten es ihr vorspielen, damit sie die Drohung auch ernst nahm. Glaubst du, sie hätte so etwas zurückgelassen? Dieses Band reicht aus, um sie hinter Gitter zu bringen, bis sie hundert ist. Glaub mir, sie und jeder andere in dieser Lage hätte die verdammte Limousine hochgestemmt, um an das Band ranzukommen. Nein, man ließ sie aus einem einzigen Grund laufen.«
»Um ihr die Morde in die Schuhe zu schieben.« Langsam stellte Jackson die Kaffeetasse ab.
»Und vielleicht, um sicherzustellen, daß wir die Ermittlungen nur auf sie konzentrieren.«
»Deshalb wolltest du unbedingt den PRT-Test.«
Sawyer nickte. »Ich mußte ausschließen, daß einer der Toten der Schütze war. Du weißt schon, es könnte ja auch einen Kampf gegeben haben. So wie es aussieht, führten alle Wunden sofort zum Tod, aber wer kann das schon so genau sagen? Nach allem, was wir wissen, hätte es einer der drei tun und danach Selbstmord begehen können; flippt wegen seiner Tat einfach völlig aus und jagt sich eine Kugel in den Kopf. Voller Panik schnappt Sidney sich die Pistole und wirft sie in ein Abflußrohr. Aber so ist es nicht gewesen. Keiner der jüngst Verstorbenen hat die Waffe abgefeuert.«
Lange saßen die beiden Agenten einander schweigend gegenüber, ehe Sawyer weitersprach. »Ich verrate dir noch ein Geheimnis, Ray: Ich werde diesen Schweinehund schnappen, und wenn es mich weitere fünfundzwanzig Jahre kostet. Und wenn es soweit ist, wird dir ein gewaltiges Licht aufgehen.«
»Und zwar?«
»Du wirst feststellen, daß Sidney Archer kein bißchen mehr als du oder ich darüber weiß, was eigentlich los ist. Sie hat ihren Mann verloren und ihre Karriere; zudem ist die Wahrscheinlichkeit recht groß, daß ihr ein Prozeß wegen Mordes und einem guten Dutzend weiterer Delikte bevorsteht, wofür sie den Rest ihres Lebens hinter Gitter verbringen könnte. Im Augenblick ist sie halb wahnsinnig vor Angst und rennt um ihr Leben; sie weiß nicht, wem sie vertrauen oder glauben soll. In Wahrheit ist Sidney Archer etwas, das man bei oberflächlicher Betrachtung der Indizien nie und nimmer annehmen würde.« »Und das wäre?«
»Unschuldig.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Nein. Ich weiß es. Aber ich wünschte, ich wüßte etwas anderes.«
»Was?«
Während Sawyer einen letzten Rauchschwall ausblies, dämpfte er die Zigarette im Aschenbecher aus. »Wer die drei in der Limousine tatsächlich umgebracht hat.« Bei diesen Worten drifteten Sawyers Gedanken ab. Sidney Archer könnte es wissen. Aber wo steckt sie?
Als die beiden sich zum Gehen erhoben, legte Jackson seinem Partner die Hand auf die Schulter. »Lee, mir ist völlig egal, wie sehr sich die Chancen für Gut gegen Böse verschlechtern. Solange du den Kampf nicht aufgibst, bin ich auch mit dabei.«
KAPITEL 52
Durch das Fernglas beobachtete Sidney die Straße vor dem Haus ihrer Eltern, dann blickte sie auf die Uhr. Die Dunkelheit brach rasch herein. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. Konnte sich die Lieferung von FedEx aufgrund des Wetters
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