Total Control (Das Labyrinth)
darstellte, fuhr sie in eine Parkgarage.
Sie setzte sich in eines der Cafés und bestellte eine Tasse Kaffee sowie eine Ausgabe der aktuellen Washington Pos t . An einem der kleinen Holztische ließ sie sich nieder und überflog die Schlagzeilen. Plötzlich kippte sie fast aus dem Stuhl.
Die Schlagzeile war in dicken, fetten Lettern gedruckt und prangte m it der Dringlichkeit von der Seite, die ihrem Inhalt gebührte: »ZENTRALBANKCHEF ARTHUR LIEBERMAN BEI FLUGZEUGABSTURZ VERUNGLÜCKT«. Daneben befand sich ein Foto von Liebe r m an. Der stechende Blick der Augen fesselte sofort Sidneys Auf m erksa m keit.
Rasch las sie den Bericht. Lieber m an war Passagier des Fluges 3223 gewesen. Er unternahm regel m äßig alle paar Monate eine Reise nach Los Angeles, um sich m it dem Präsidenten der Zentralbank San Francisco, Cha r les Tied m an, zu treffen. Der verhängnisvolle Flug von W estern Airlines hätte einer dieser regel m äßigen Ausflüge werden sollen. Lieber m an war zweiundsechzig Jahre alt, geschieden und bekleidete seit vier Jahren das A m t des Präsidenten der Bundeszentralbank.
Ein großer Teil des Artikels war Lieber m ans Finanzkarriere und weltweitem Ansehen gewid m et. Die offizielle Nachricht seines Todes war bis jetzt zurückgehalten worden, weil die Regierung ihr Möglichstes versuchte, eine Panik an der W all Street zu ver m eiden. Ungeachtet dieser Be m ühungen m ußten die Finanz m ärkte weltweit bereits schwere Einbrüche hinneh m en. Der Bericht endete m it e i nem Hinweis auf Lieber m ans Begräbnis, das nächsten Sonntag in W ashington stattfinden sollte.
Ein paar Seiten weiter stieß Sidney auf einen weiteren Artikel über den Flugzeugabsturz. Dieser bot jedoch keine neuen Entwicklungen, lediglich, daß die NTSB noch i mm er er m ittelte und es über ein Jahr dauern konnte, bis die W elt erfahren würde, warum Flug 3223 im gepflügten Feld eines Bauern anstatt auf der Asphaltpiste des Internationalen Flughafens von Los Angeles geendet hatte.
Sidney trank den Kaffee aus, warf die Zeitung weg und holte das Mobiltele f on aus der Tasche. Sie wählte die Nu mm er ihrer Eltern und sprach eine W eile m it ihrer Tochter; es gelang ihr sogar, A m y ein paar W orte zu entlocken das kleine Mädchen zeigte sich noch äußerst schüchtern am Telefon. Danach unterhielt sich Sidney ein paar Minuten m it ihrer Mutter und ihrem Vater.
Als nächstes rief sie ihren Anrufbeantworter ab, der zahlreiche Nachrichten für sie bereithielt. Eine jedoch hob sich vom Rest ab: Henry W harton. Tyler, Stone hatte ihr bereitwillig so lange Urlaub gewährt, wie sie brauchte, um m it dieser persönlichen Katastrophe fertigzuwerden. Sidney war überzeugt davon, daß der Rest ihres Lebens d a für nicht ausreichen würde. Henry hörte sich besorgt, geradezu nervös an. Sie wußte, was das bedeutete: Nathan Ga m ble hatte ihm einen Besuch abgestattet.
Rasch wählte sie die vertraute Nu mm er und wurde in W hartons Büro durchgestellt. W ährend sie darauf wartete, daß er abhob, be m ühte sie sich redlich, die Nerven im Griff zu behalten. W harton konnte sich als Mensch gewordener Dä m on oder als ehrfurchtgebietender Mentor erweisen, je nachde m , ob m an sich seiner Gunst erfreute oder nicht. Stets war er einer von Sidneys eifrigsten Förderern gewesen. Aber jetzt? Als er den Hörer abnah m , holte sie tief Luft.
»Hallo, Henry.«
»Sid, wie geht es dir ? «
»Um ehrlich zu sein, ich fühle m i ch i mm er noch wie betäubt.«
» W ahrscheinlich ist es so am besten. Vorerst jedenfalls. Du wirst es überstehen. Vielleicht erscheint es dir im Augenblick nicht so, aber du wirst es schaffen. Du bist stark.«
»Danke für den Zuspruch, Henry. Ich habe ein entsetzlich schlechtes Gewissen, weil ich dich so im Stich lasse. Du weißt schon, m it CyberCo m .«
»Ich weiß, Sidney. Mach dir darüber keine Gedanken.«
» W er soll die Verhandlungen weiterführen ? « Sie wollte ver m eiden, daß gleich das The m a Ga m ble zur Sprache ka m .
W harton antwortete nicht so f ort. Als er es schließlich tat, klang seine Sti mm e leiser. »Sid, was hältst du von Paul Brophy ? «
Die Frage überraschte sie, brachte jedoch eine willko mm ene Erleichterung. Vielleicht lag sie m it der Ver m utung falsch, daß Ga m ble m it W harton gesprochen hatte. »Ich m ag Paul, Henry.«
»Ja, ja, weiß ich. Ein recht netter Kerl, bringt einen ordentlichen U m satz und versteht sich geschickt auszudrücken.«
Sidney sprach bedächtig.
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