Total verhext
gut?« fragte Oma.
»Damit hast du schon wieder gewonnen, Mütterchen!« Der Mann schob einen Stapel Münzen zu ihr hin.
»Potzblitz!« entfuhr es Oma. »Dann habe ich jetzt … Augenblick … fast fünf Dollar?«
»Ich begreife das nicht«, sagte Herr Ehrlich. »Ich schätze, es ist das sprichwörtliche Glück des Anfängers.«
»Wenn’s so weitergeht, sind wir bald arme Leute«, fügte einer der anderen Männer hinzu.
»Sie zieht uns das Fell über die Ohren«, meinte ein dritter Spieler. »Haha.«
»Vielleicht sollten wir besser aufhören«, schlug Herr Ehrlich vor. »Haha.«
»Haha.«
»Haha.«
»Oh, ich möchte weiterspielen.« Oma lächelte nervös. »Allmählich macht’s mir Spaß.«
»Dann gib uns eine faire Chance, einen Teil des Geldes zurückzugewinnen, haha«, lachte Herr Ehrlich. »Haha.«
»Haha.«
»Haha.«
»Haha. Wie wär’s, wenn wir den Einsatz auf einen halben Dollar erhöhen? Haha?«
»Oh, ich schätze, das spielfreudige Mütterchen wagt sogar Einsätze bis zu einem ganzen Dollar«, meinte der dritte Mann.
»Haha!«
Oma blickte auf ihre Münzsäulen. Einige Sekunden lang schien sie unsicher, und dann kam ihr – für die Männer deutlich sichtbar – folgende Erkenntnis: Angesichts ihrer derzeitigen Glückssträhne konnte sie gar nicht verlieren.
»Ja!« sagte sie. »Erhöhen wir den Einsatz auf einen Dollar!« Sie errötete. »Es ist aufregend, nicht wahr?«
»Und ob«, bestätigte Herr Ehrlich und nahm die Karten.
Ein schreckliches Geräusch erklang. Die drei Männer starrten zum Tresen, hinter dem Myriaden Glassplitter zu Boden rieselten.
»Was ist passiert?«
Oma lächelte strahlend und drehte sich nicht um.
»Der Barkeeper hat ein Glas geputzt, und ich schätze, es ist ihm aus der Hand gerutscht und in den Spiegel geflogen«, sagte sie. »Ich hoffe, er muß den Schaden nicht aus eigener Tasche bezahlen. Armer Kerl.«
Die drei Männer wechselten einen Blick.
»Worauf warten wir noch?« drängte Oma Wetterwachs. »Ich bin soweit.«
Herr Ehrlich sah nervös zum Rahmen, der bis eben einen prächtigen Spiegel enthalten hatte. Schließlich zuckte er mit den Schultern.
Durch diese Bewegung löste sich etwas. Ein dumpfes Klacken ertönte, wie von einer zuschnappenden Mausefalle. Herr Ehrlich erbleichte undgriff nach seinem Ärmel. Eine kleine Vorrichtung aus Metall – sie bestand aus vielen Federn und kleinen krummen Stangen – rutschte heraus, begleitet von einem halb zerknüllten Pokal-As.
»Na so was«, sagte Oma.
Magrat spähte durchs Fenster in die Bar.
»Was macht sie jetzt?« fragte Nanny Ogg leise.
»Sie lächelt wieder«, antwortete die junge Hexe.
Nanny schüttelte den Kopf. »Eggo«, kommentierte sie.
Oma Wetterwachs spielte Karten nach einer Methode, die bei jedem Berufsspieler im Multiversum einen Anfall akuter Verzweiflung verursacht hätte.
Sie hielt die Karten dicht vors Gesicht und wölbte die Hände so darum, daß sie kaum mehr sichtbar waren. Sie wandte nur dann den Blick davon ab, wenn gegeben wurde, und ihre strenge Miene kam einer Warnung gleich: Wehe, wenn ihr mich enttäuscht …
Sie ließ sich immer zuviel Zeit. Und sie ging nie ein Risiko ein.
Innerhalb von fünfundzwanzig Minuten verlor sie einen Dollar, und Herr Ehrlich schwitzte. Oma hatte ihn schon dreimal darauf hingewiesen, daß er nicht immer von oben abnahm und die Karten manchmal von unten verteilte. Außerdem bat sie um ein neues Spiel, »weil bei diesem so komische kleine Zeichen hinten auf den Karten sind«.
Am schlimmsten waren ihre Augen. Zweimal hatte Herr Ehrlich mit einer ordentlichen Dreier-Zwiebel gepaßt, obgleich Oma nur einen lausigen Zweier-Knöterich hatte. Beim dritten Mal glaubte er, ihre Taktik durchschaut zu haben, ließ es drauf ankommen … Und mußte feststellen, daß sie eine prächtige Fünfer-Zwiebel in den Händen hielt. Das verdammte Weibsstück mußte eine Ewigkeit lang darauf hingearbeitet haben! Und dann … und dann … In Herrn Ehrlich verkrampfte sich etwas, als die Alte rief: »Das Geld gehört mir? Niemand hat bessere Karten? Meine Güte, ich habe wirklich Glück, nicht wahr?«
Nach einer Weile begann sie zu summen, während sie auf ihre Karten starrte. Normalerweise hätten die drei Männer so etwas begrüßt. Für gewöhnlich fiel es in die Kategorie »subtile Zeichen«, zusammen mit zusammengebissenen Zähnen, gewölbten Brauen und zuckenden Wangenmuskeln. Für jemanden, der solche Hinweise zu deuten verstand, waren sie sicher
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