Total verhext
erlauben sollen, ihn davon zu überzeugen, daß er ein Frosch ist«, murrte Oma.
»So etwas gehört sich nicht«, erwiderte Gytha. »Du kannst nicht allen, die dir quer kommen, den Geist eines Frosches geben. Sonst würden bald überall Leute umherhüpfen.«
Trotz vieler Drohungen hatte Oma Wetterwachs nie jemanden richtig verwandelt. Sie verwendete eine weniger grausame und nicht annähernd so mühevolle Methode, um zufriedenstellende Resultate zu erzielen. Sie wirkte sich nicht auf den Körper aus, sondern überzeugte das Bewußtsein, etwas ganz anderes zu sein. Diese Taktik hatte darüber hinaus den Vorteil, unbeteiligte Beobachter bestens zu unterhalten.
»Herr Wilkins hat mir immer leid getan«, sagte Magrat und blickte verdrossen auf den Tisch. »Wenn er versuchte, mit der Zunge Fliegen zu fangen … Ich fand’s traurig.«
»Er hätte sich seine Worte vorher besser überlegen sollen«, erwiderte Oma.
»Meinst du damit seine Bemerkung, daß du deine besserwisserische Nase dauernd in Dinge steckst, die dich nichts angehen?« fragte Nanny.
»Ich habe nichts gegen Kritik«, sagte Oma. »Ihr kennt mich. Ich habe mich nie über Kritik geärgert. Niemand kann mir nachsagen, daß ich mich jemals über Kritik geärgert habe …«
»Zumindest kann es niemand ein zweites Mal behaupten.« Nanny lächelte. »Nicht ohne dabei zu quaken …«
»Aber Ungerechtigkeit geht mir ganz entschieden gegen den Strich«, fuhr Oma fort. »Hör endlich auf zu grinsen, Gytha! Ich weiß überhaupt nicht, warum dir diese Sache so wichtig ist. Immerhin wirkt der Zauber nur einige Tage lang.«
»Herr Wilkins geht noch immer gern schwimmen«, sagte Magrat. »Er hat ganz neue Interessen entdeckt.«
Sie zögerte kurz.
»Vielleicht gibt es eine andere Hexen sorte in dieser Stadt. Möglicherweise tragen die hiesigen Hexen andere Kleidung.«
»Es gibt nur eine Hexenschpeziehs«, stellte Oma Wetterwachs fest. »Und wir sind ihre typischen Vertreter.«
Sie sah sich im Schankraum um. Wenn jemand mit Absicht Hexen von der Stadt ferngehalten hat … , dachte sie. Dann können die Bewohner gar nicht über sie Bescheid wissen. Andererseits: Uns hat sie hereingelassen …
»Nun, wenigstens haben wir’s warm und trocken«, sagte Nanny. In der Menge hinter ihr neigte ein Zecher den Kopf nach hinten und lachte schallend. Dadurch kippte sein Krug, und Bier strömte über Nannys Rücken.
Sie murmelte etwas Unverständliches.
Magrat beobachtete, wie der Mann einen Schluck trinken wollte. Plötzlich riß er die Augen auf, starrte in den Krug, ließ ihn fallen, würgte und taumelte in Richtung Ausgang.
»Was hast du mit dem Bier angestellt?« fragte Magrat.
»Ich erkläre es dir, wenn du älter bist«, antwortete Nanny.
Wenn eine Hexe zu Hause einen Tisch haben wollte, so … bekam sie ihn einfach. Der Anblick eines spitzen Hutes genügte. Die übrigen Tavernengäste wahrten eine diskrete Distanz und schickten gelegentlich kostenlose Getränke. Selbst Magrat wurde respektiert, was nicht etwa daran lag, daß man ihr mit Ehrfurcht oder so begegnete. Die Leute wußten vielmehr: Wenn man eine Hexe verärgerte, zog man sich den Groll aller Hexen zu. Dieses einfache Prinzip wollte sich niemand gern von Oma Wetterwachs erklären lassen. Aber hier rempelte man sie an, als seien sie ganz gewöhnliche Personen. Nur Nanny Oggs warnende Hand auf Oma Wetterwachs’ Arm bewahrte ein Dutzend fröhlicher Zecher davor, die Welt aus der Perspektive von Amphibien zu sehen. Selbst Nannys sehr ausdauernde gute Laune zeigte erste Ermüdungserscheinungen. Sie wies immer voller Stolz auf ihre gewöhnliche Natur hin, aber es gab einen Unterschied zwischen Gewöhnlichem und Gewöhnlichem, etwa so wie beim Märchenprinzen Dingsbums, der als Bürgerlicher verkleidet durchs Königreich wanderte. Tief in ihrem Innern hatte Nanny immer vermutet, daß der perverse Kerl den Untertanen vorher zu verstehen gegeben hatte, sie in der Verkleidung eines Bürgerlichen zu besuchen – damit niemand zu gewöhnlich wurde. Es ist in etwa das gleiche wie schmutzig zu werden. Es machte Spaß, schmutzig zu werden, wenn einen anschließend ein herrliches warmes Bad erwartete. Doch wenn dem Schmutz nur noch mehr Schmutz folgte, war es gar kein Vergnügen.
Nanny Ogg traf eine Entscheidung.
»Ich schlage vor, wir trinken etwas. Dann fühlen wir uns bestimmt viel besser.«
»O nein!« entfuhr es Oma. »Beim letztenmal hast du mich mit der grünen Medizin reingelegt. Bestimmt enthielt sie
Weitere Kostenlose Bücher