Tote Dichter lügen nicht: Roman (German Edition)
Monot, » muss man auch Jean-Pierre Lavenu in Betracht ziehen. Und De Bussche, und Gamoudi. Sogar Kossowski, Escoubet und Juarez, schließlich hat Saint-Croÿ lange bei seiner abgestellten Tasche am Eingang gestanden.« Er hatte das sehr ernsthaft gesagt, ohne einen Anflug von Ironie.
Die Kommissarin ergänzte lächelnd: » Und Lieutenant Monot. Und Kommissarin Lancier.«
Lächeln allein genügte nicht. Sie lachte, um die Situation zu entspannen, aber Monot fragte sie ernst: » Auf dieser Liste, wer ist da Ihrer Meinung nach der Mörder?«
» Ich neige zu Xavier Baudelaire. Er hat kein Motiv, er hat Alibis, aber er sieht so verdächtig aus wie sonst keiner. Und was meinen Sie, Monot?«
» Ich glaube, es sind mehrere.«
» Ist unter diesen mehreren einer von uns, einer aus unserem Großraumbüro, Monot?«
Der Lieutenant antwortete nicht, sondern stieß einen Seufzer aus, der bleiern auf die Stimmung drückte. Er hatte recht: Das Abendmahl war schön gewesen, es fehlte nur noch ein Judas.
Kapitel 17
Donnerstag, 28 . Februar
Viviane hatte sich gerade, früh am Morgen, die Aufzeichnung der Sendung angesehen, und sie war schockiert: Die Kamera hatte sie gefilmt, besser gesagt ihren Hintern, als sie zum Büfett gegangen war. Das Objektiv hatte draufgehalten, als sie sich weit über den Tisch beugte, um sich Nems zu angeln. Ihre rosa Hose spannte, darunter zeichnete sich ihr Passionata-Slip ab. Man hatte ihr einen dicken Hintern gemacht, in Großaufnahme, obwohl sie in zehn Tagen fast vier Kilo abgenommen hatte. Wie sollte sie nach einem solchen Schlag die Medien mögen können?
Der Allmächtige rief an. Auch er war sehr unzufrieden, weil man es an der Place Beauvau, im Innenministerium, ebenfalls war.
» Der Minister konnte diesem jämmerlichen Spektakel nichts abgewinnen: Die Polizei hat öffentlich gezeigt, dass sie unfähig ist, diesen Fall zu einem Abschluss zu bringen. Er findet, es reicht langsam, und hat uns heute Mittag um halb eins zu sich bestellt. Sie werden Ihre Notizzettel mitbringen, einen pro Verdächtigen, und für jeden eine Zusammenfassung der Befragungen, Motive, Alibis, damit er sich ein Bild machen kann. Ich zähle auf Sie, Viviane, Ihre Karriere steht auf dem Spiel.«
Er hatte sogleich feige aufgelegt, er wusste, dass Viviane nie so arbeitete. Aber wenn der Minister den Ermittler spielen wollte, durfte man ihn nicht verärgern. Sie ließ das gesamte Großraumbüro wissen, dass sie unter keinen Umständen gestört werden wolle und machte sich wütend an ihre Notizen. Sie hatte weniger als drei Stunden Zeit.
Fünf Minuten später trat Monot strahlend ein.
» Ich sagte, unter keinen Umständen«, tobte die Kommissarin.
» Das ist besser als ein Umstand, Commissaire, das ist der Autopsiebericht von Astrid Carthago.«
» Warum kommt der so spät?«
» Weil ich so spät danach gefragt habe. Bei diesem ganzen Wirbel hatte ich das vergessen.«
Sie hätte ihm jetzt gerne eine Standpauke gehalten, aber dafür war keine Zeit. Sie las die Seiten durch, las sie noch einmal, verblüfft, und gab sie Monot zurück. » Fünf Mal! Na, ihre toten Freunde da oben haben der Armen sicher Spalier gestanden. Fünf Mal, das muss der Rekord sein.«
Astrid Carthago war fünf Mal umgebracht worden. Die Reihenfolge: Ersticken, Einnahme einer massiven Dosis Lexotanil, Kohlenmonoxidvergiftung, Erwürgen und zuletzt Ersticken durch Butangas. Das erste Ersticken wäre völlig ausreichend gewesen.
» Haben Sie die Bemerkung zu den Würgemalen gesehen, Commissaire? Keine Fingerabdrücke, aber den Spuren nach zu urteilen eine breite, quadratische Hand.«
Viviane nickte. Sie zögerte noch, den Allmächtigen anzurufen. Nein, sie würde ihn im Ministerium überraschen. Die Überraschung würde umso schöner sein, wenn alles glattlief.
» Monot, rufen Sie den Staatsanwalt an, und nehmen Sie schnell Christophe Le Marrec in Polizeigewahrsam. Vergessen Sie nicht, seinen Terminkalender mitzunehmen. Beginnen Sie mit dem Verhör. Wenn Sie vor heute Mittag etwas Neues hätten, wäre das ideal. Das Prozedere kennen Sie, Monot?«
Er lächelte, der gute Engel. Polizeigewahrsam, Verhör– das würde sein allerschönster Polizistentag werden.
» Viel Glück, Lieutenant, ich werde versuchen vorbeizukommen, um Ihnen unter die Arme zu greifen.«
Monot war schon weg. Er lief nicht mehr, er flog.
Viviane stürzte sich auf ihre Notizzettel. Als ihr nur noch zwei zur Vorbereitung blieben, gönnte sie sich eine Pause. » Hat jemand
Weitere Kostenlose Bücher