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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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sich nicht in den nächsten Zug nach Sylt setzte und mich live vor Ort aufmunterte. Mama auf Sylt. Das hätte mir gerade noch gefehlt. War alles schon kompliziert genug. „Tschüss, mein Schnuff“, beendete sie nachzehn Minuten das Gespräch und klang zum Glück vollends arglos. „Sieh zu, dass du die Krücken bald loswirst. Und wenn du von Sylt zurück bist, besuchst du mich bald in Berlin. Dann machen wir uns ein kuscheliges Wochenende, okay? Hier gibt’s definitiv keine hyperaktiven Zehnjährigen.“
    Nur hyperaktive Mütter, dachte ich. Mit hyperaktiven Lovern. „Ja, Mama, super“, sagte ich in der Hoffnung, dass Benno beim Kuscheln nicht mit von der Partie sein würde. Und dass sie mir die gespielte Vorfreude abnahm.
    Nach zwei öden Tagen in Tante Hedis Strandkorb – unterbrochen nur von lästigen Bewegungs- und Gehübungen, Fridas nervigem Geplapper und witzigen SMS von Jan – war ich die Krücken tatsächlich wieder los. Und entschlossen, meine Bunkerbesichtigungspläne umgehend in die Tat umzusetzen. Mit Taschenlampe und Florett plus Brustschutz bewaffnet stand ich endlich vor dem zugemüllten Eingang des ehemaligen Luftschutzraums im Lister Urwald. Das Areal war wirklich nicht groß. Es grenzte an ganz normal bewohnte Grundstücke und bis auf zwei unerschrockene Kaninchen sah ich keine wilden Tiere.
    Von der Seite und von hinten sah der Bunker aus wie ein schlichter Erdhügel. Hätte ich nicht gewusst, dass da irgendwo eine Tür sein musste, hätte ich ihn nicht bemerkt. Zwischen zerstörten Plastikgartenstühlen, alten Zeitungen und einer fleckigen Matratze tastete ich mich zum Eingang vor. Auf dem Boden daneben lagen mehrere Zigarettenkippen, die frisch geraucht aussahen. Ich bückte mich und stupste sie mit dem Florett an, um die Marke identifizieren zu können: Nil. Das waren die aus der hellblauen Packung.
    Die rostige Eingangstür stand tatsächlich einen Spaltbreit offen, wie es auf dem Foto im Internet den Anschein gehabt hatte. In der Mitte oben hatte sie einen „Spion“, dessen Glasauge allerdings geborsten war, sodass er im Widerschein meiner Taschenlampe aussah, als funkte mir ein pulsierender Stern kryptische Morsezeichen entgegen. Mein Herz klopfte, als hätte es die Absicht, von innen den Kunststoff-Brustschutz sprengen, den ich sonst zum Fechten trug. Warum ich mir das sperrige Teil heute umgebunden hatte, wollte ich mir selbst nicht wirklich eingestehen. Als kugelsichere Weste war es jedenfalls nur bedingt geeignet. Obwohl: In Filmen oder Büchern tauchten immer wieder diese Geschichten auf von dem Lederportemonnaie in der Brusttasche oder dem Tagebuch oder gar der Bibel, die ihrem Träger das Leben gerettet hatten. Zum Beweis steckte meist eine silbrige 5-Millimeter-Metallkugel darin. Auf die Sorte Beweis konnte ich allerdings gut verzichten.
    Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und stieß mit dem Pistolengriff des Floretts die Tür auf. Das metallische Kreischen, das aus den rostigen Scharnieren drang, ging mir durch Mark und Bein, während sich der Spalt um fünf Zentimeter vergrößerte. Mein Florett und ich zuckten zurück. Wenn dadrin tatsächlich jemand war, dann musste er jetzt ahnen, dass er Besuch bekam. Wollte ich da wirklich alleine rein? Ohne dass irgendjemand wusste, wo ich war? Warum bloß hatte ich nicht Martin mitgenommen? Der kannte sich wenigstens aus hier. Ich starrte den Spion an und überlegte. Vielleicht funktionierte er ja doch noch. Und drinnen stand jemand und nahm mich mit blutunterlaufenen Augen ins Visier. Ich machte vorsichtig einen Schritt zurück und erstarrte, als ich auf etwas Weiches trat, das deutlich hörbar die Luft einsog. Langsam drehte ich mich um. Hinter mir stand jemand. Ich hatte ihn nicht kommen gehört.
    „Capt’n Jack Sparrow, nehme ich an?“, grinste ein mir nicht unbekanntes Grübchen unter der Kapuze des Sweatshirts hervor, die sich der Jemand gegen den Nieselregen über den Kopf gezogen hatte. „Spielen wir heute Fluch der Karibik? – Oder doch eher Lara Croft?“
    „Mann, du Idiot!“, schrie ich, als ich meine Sprache wiedergefunden hatte. „Du hast mich zu Tode erschreckt! Tu das nie wieder. Was willst du überhaupt hier?“ Vor mir oder vielmehr hinter mir stand Jan.
    „Gucken, was du so treibst, wenn du nicht gerade damit beschäftigt bist, Strandkörbe zu dekorieren oder in Löcher zu fallen. Hast du jemanden gemeuchelt?“
    „Was?“ Er bückte sich und zog zu meinem Entsetzen eine steife Hand aus dem Müll zu

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