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Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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nach Norden gelaufen waren.
    „Geht so. Aber besser hier am Wasser längs als in dem weichen, tiefen Sand.“ Ich deutete Richtung Dünen. „Also, was Bunkerähnliches kann ich hier weit und breit nicht erkennen.“
    „Ich schon“, sagte Jan. „Da vorn bei dem Bohlenaufgang liegt das Sansibar.“
    „Na und?“
    „Da gehen wir jetzt was trinken.“
    „In dieser Promibude?“
    „Ach was. Da sitzen meistens ganz normale Leute und warten darauf, dass Boris Becker reinkommt. Mit einer seiner Milchkaffee-Miezen. Oder Dieter Bohlen.“
    „Haben sie die Holzstufen nach dem benannt?“
    „Garantiert.“ Jan grinste. „Kommst du jetzt?“
    „Na gut.“ Ich war ehrlich gesagt ganz froh, meinem Fuß eine kleine Pause gönnen zu dürfen.
    „Und außerdem hab ich eine Überraschung für dich.“
    „Lass mich raten: Dieter Bohlen ist da und weiht seine Treppe ein?“
    „Wart’s ab.“
    Wir kletterten die paar Holzstufen an den Dünen hinauf, an der kleinen Hütte vorbei, in der Sansibar-Souvenirs von der Bonbondose bis zur Magnumflasche Champagner verkauft wurden, und an der schwarzen Piratenflagge mit den gekreuzten Säbeln, die stramm im Wind wehte. Vor demRestaurant ließen wir uns auf der Terrasse mit den großen Holztischen nieder. Eine Portion Sonne auf der Nase hätte ich jetzt gut gebrauchen können, aber der Himmel blieb trüb und man durfte bereits froh sein, dass es nicht von oben pieselte. „Ich muss mal für große Jungs“, sagte Jan, nachdem wir jeder ein kleines Alsterwasser getrunken hatten. „Kommst du mit?“
    „Wie bitte? Kannst du das noch nicht alleine?“
    „Doch, aber ich will dir was zeigen.“
    „Auf dem Männerklo?“
    „Keine Panik. Komm einfach mit.“
    Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu, stand aber trotzdem auf.
    „Warte hier auf mich.“ Gleich nach der gläsernen Eingangstür bog Jan rechts ab und folgte den WC-Pfeilen den schmalen Gang entlang bis zu den Toiletten, während ich mir die Zeit damit vertrieb, die XXL-Champagnerflaschen mit der Aufschrift Sansibar zu zählen, die an der rechten Wand Spalier standen. Als Jan wiederkam, nahm er mich bei der Hand und zog mich hinter sich her ins Restaurant, wo er schnurstracks auf den Tresen zusteuerte. Er sprach kurz mit der Bedienung und fünf Minuten später erschien ein junger Mann, der uns freundlich bat, ihm hinter den Tresen und die Treppe hinunter zu folgen. Was sollte das?
    Unten angekommen, bogen wir links ab und standen mitten in einem Weinkeller, der bis unter die Decke mit Flaschen gefüllt war. „In diesem Raum werden die Flaschen vorgekühlt und kommen später in die Temperierkammer“, erklärte der junge Mann. „Hier herrscht eine konstante Temperatur von 17 Grad Celsius. Dort lagern die Rotweine undhier …“ Ich hörte nicht mehr zu, sondern starrte fasziniert an die wellenförmige Decke, die meterdick schien. „Insgesamt lagern hier 30.000 Flaschen“, war die letzte Information, die meine Festplatte abspeicherte. Und dann begriff ich es:
    Wir befanden uns mitten in einem unterirdischen Bunker.
    „Woher wusstest du das?“ Jan und ich saßen nebeneinander auf dem Asphalt an der Sansibar-Bushaltestelle und lehnten uns an das hässliche Nato-olivfarbene Plastikgehäuse.
    „Na, von dieser Bunker-Website. Da steht außerdem, dass es noch mehr Bunker gibt, die erhalten sind und zu einem Restaurant oder so umfunktioniert wurden. Kennst du die Kupferkanne in Kampen?“
    „Da war ich nur einmal. Im Kaffeegarten. Aber nachdem der Kellner zwanzig Minuten brauchte, um sich herabzulassen, uns auch nur die Speisekarte vorbeizubringen, hatte Britta die Nase voll und wir gingen wieder.“
    „Britta?“
    „Meine Mutter.“
    „Lebst du sonst mit ihr zusammen?“
    „Das hab ich. Bis vor ein paar Monaten. Da ist sie mit ihrem Freund nach Berlin gezogen. Prenzlauer Berg. Und mein Vater musste aufhören, in der ägyptischen Wüste Sandkörner zu zählen, und nach Deutschland zurückkehren. Meinetwegen.“
    „Siehst du deine Mutter gar nicht mehr?“, fragte Jan und ich meinte eine gewisse Besorgnis aus seiner Stimme herauszuhören.
    „Doch, klar. Ich besuche sie alle paar Wochen in Berlin.Sonst skypen wir. Aber nur, wenn ich gut drauf bin. Wenn’s mir blöd geht, will ich nicht, dass sie’s mir ansieht. Sonst kriegt sie ein schlechtes Gewissen und das ist einfach bloß anstrengend.“
    „Kenn ich. Erst bauen sie Scheiße und dann sollst du die Scheiße auch noch absegnen. Und wenn du’s nicht tust, jammern sie

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