Tote essen keinen Döner
Mörder zu tun, die sich nicht einigen können, wie sie vorgehen sollen?«
Nach einer Viertelstunde gibt Mehmet auf:
»Bei diesem Heidenlärm kann man sich doch überhaupt nicht konzentrieren. Ich hol jetzt Hatice.«
»Nein, lass mal, die ist schon in der Schule.«
Plötzlich geht mit einem Ruck die Tür auf, und unser halb fertiges Pazzel fliegt wie ein Schwarm kleine Schmetterlinge durch die Luft. Eminanim kommt rein:
»Ach, hier steckst du also, Osman?«
»Eminanim, es ist was ganz Wichtiges passiert! Der eine Mörder hat uns einen Brief geschrieben, und der andere |63| Mörder hat ihn zerrissen. Wir müssen unbedingt rauskriegen, was hier draufsteht.«
»Ich weiß, was da draufsteht!«
»Waas? Du weißt, was da draufsteht, woher denn?«, frage ich völlig überrascht. Mehmets Augen sind sogar noch größer als meine.
»Weil ich es gelesen habe, wie denn sonst?«
»Du hast das Pazzel schon gelöst und dann wieder auf den Boden geschmissen?«, frage ich schockiert.
»Nein, als ich den Brief gelesen habe, war er noch ganz.« »Wie?«
»Nachdem ich den Brief gelesen habe, habe ich ihn zerrissen.«
»Aber wieso das denn, wolltest du nicht, dass wir das auch lesen?«, frage ich völlig verdattert.
»Ich habe plötzlich Panik bekommen, nachdem ich es gelesen hatte. Ich hatte das Gefühl, der Mörder ist noch im Keller und beobachtet mich. Dann habe ich den Brief ganz schnell zerrissen und bin wieder nach oben gerannt.«
»Okäy, Mutter, jetzt sag doch endlich, was draufstand.« »Es stand geschrieben: Sehr geehrte Familie Engin, ihr braucht euch keine Sorgen zu machen. Keiner von euch ist mein Mörder. Ich habe aus freien Stücken Selbstmord begangen. Ihr könnt jetzt ruhig zur Polizei gehen und alles erzählen. Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich mich in geistiger Umnachtung vorsätzlich selber umgebracht und in die Tiefkühltruhe gesteckt habe. Aber auf Dauer ist es doch sehr kalt hier. Wir sehen uns drüben, liebe Grüße, euer Nachbar Adolf.«
»Sag mal, Frau, bist du wahnsinnig? Warum hast du das einzige Beweisstück, das uns entlasten könnte, vernichtet?«
|64| »Osman, ich habe Angst bekommen! Tagelang war da
nichts, und plötzlich liegt der Zettel dort!«
»Mutter hat recht. Ich glaub auch nicht, dass Adolf diesen Brief den beiden Hammelköpfen diktiert hat! Typische Hammelschrift sieht jedenfalls anders aus!«
»Fang du jetzt auch nicht mit diesem dämlichen ›typisch‹ an. Davon habe ich die Nase voll!«
»Also, Mutter, wenn das stimmt, was du gesagt hast, dann erlaubt sich jemand einen ganz bösen Scherz mit uns. Und zwar wahrscheinlich derjenige, der Adolf auf dem Gewissen hat.«
»Besonders viel Gewissen scheint derjenige ja nicht zu haben«, meint Eminanim.
»Oder jemand will uns erpressen. Was haltet ihr denn davon?«, fragt Mehmet.
»Und dafür schreibt er so alberne Briefe? Außerdem steht in dem Brief nichts von einer Geldforderung.«
»Sagt mal, ist Adolf überhaupt noch in der Tiefkühltruhe?«, fragt Mehmet auf einmal.
»Ich weiß nicht, aber in seinem Zustand kommt er vermutlich nicht weit«, sage ich.
»Hat einer von euch beiden heute Morgen in der Tiefkühltruhe nachgeguckt? Vielleicht hat der Mörder ihn ja mitgenommen und erschreckt jetzt irgendwelche anderen Leute damit.«
Eminanim und ich schauen uns fragend an. Keiner von uns beiden ist vor Aufregung auf diese Idee gekommen. Alle drei rennen wir mit pochenden Herzen, die lauter hämmern als die rücksichtslosen Klempner im Badezimmer, blitzschnell in den Keller.
Weder ich noch Eminanim trauen uns, den Deckel von |65| der Tiefkühltruhe hochzuheben. Mehmet tut’s. Und das in so einer übertrieben spannenden Art und Weise, als würde er gleich den diesjährigen Oscar-Preisträger bekannt geben.
»Läydies änd Dschentelmän, die Hammelköpfe sind noch da«, verkündet er.
»Toll! Und Adolf?«, fragt meine Frau, gespannt bis in die Haarspitzen.
Mehmet steigert die Spannung ins Unerträgliche. Ich höre förmlich den Trommelwirbel:
»Mädams e Mösyö, der liegt auch da drin!«
Nach ein paar Stunden, als ich mich einigermaßen beruhigt habe, gehe ich nach unten zum Briefkasten.
Frau Weißbrot versucht ziemlich angestrengt ihren Briefkasten zu öffnen.
»Einen wunderschönen guten Morgen,Frau Weißbrot«, rufe ich besonders höflich.
»Guten Morgen, Herr Engin«, lächelt sie.
Sie scheint es uns nicht ganz so übel genommen zu haben, dass wir ihren alten Ehemann aufgegessen haben.
»Herr
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