Tote essen keinen Döner
sage ich trotzig nach dem ersten Probieren.
»Kanne seine, iche nix kochene. Aber bezahlt wird Essene trotzdeme, in Bargelde.«
Ob ich dem frechen Kerl den Tellere samt Essene auf den Kopf knallen sollte?!
In dem Moment ruft sein Chef aus der Küche:
»Hey, Luigi, komm mal rüber!«
»Was, du heißt auch Luigi?«, frage ich überrascht.
»Si, habene Sie was dagegene? Luigi schöne Namene.«
»Aber so viele Luigis auf einem Haufene?«
»Bei euch heißen ja auch alle Ali oder Osmane!«
»Hau endlich abbene und lass mich in Ruhe essene.«
Bei Allah, jetzt bin ich genauso weit wie am Anfang:
Wer ist hier nur der Scheffene?
Meine Frau wird sich ja schlapp lachen, wenn ich in |98| dem kleinen Laden den Möchtegern-Schwiegersohn nicht ausmachen kann. Nach dem plötzlichen Verschwinden der Leiche kommt sie aus dem Lachen ohnehin nicht mehr heraus.
Aber wo ich doch in den letzten Tagen bei diesem höchst komplexen Mordfall meine sensationell guten Fähigkeiten als Meisterdetektiv eindrucksvoll unter Beweis gestellt habe, dürfte die Identität eines lüsternen Italieners für mich überhaupt kein Problem sein!
Unter dem Vorwand, Nachtisch zu wollen, schleiche ich mich von dem unverschämten Kellner Luigi unbemerkt in die Küche. Dass ich einen leckeren Nachtisch haben will, stimmt sogar.
»Wenn dein Tiramisu genauso süß ist wie meine Tochter Zeynep, dann will ich sofort drei Stück davon haben«, werde ich sagen.
Bei diesem Satz wird sich mein zukünftiger Schwiegersohn mit Sicherheit entlarven und kitschige Sätze rumsäuseln wie:
»Nicht alle Tiramisus der Welt zusammene schmeckene so süßä wie deine Tochtere«, oder was Ähnliches wird er rumschleimen, damit meine Söhne ihn nicht erbarmungslos mit langen Messern bis nach Sizilien jagen.
Luigi ist aber nicht da. Versteckt er sich etwa vor mir? Glaubt er vielleicht, ich wüsste nicht, dass er mit meiner Tochter zusammen »die Linsen in den Ofen geschoben« hat? »Die Linsen in den Ofen schieben« bedeutet im Türkischen so viel wie »Techtelmechtel«. Auf Italienisch heißt es wahrscheinlich »die Pizza in den Ofen schieben«. Aber dann müsste ja ganz Italien ständig … na ja …
Dann hole ich mir mein Tiramisu eben selber aus dem |99| Kühlschrank. Für diesen Fall hab ich nämlich auch einen Enthüllungssatz parat:
»In dem Laden, der meinen Kindern gehört, darf ich mir doch wohl selber was aus dem Kühlschrank holen, oder?« »Aber klare doche, schwierige Vatere, du könnene nehmene meine ganze Ladene. Für deine Tochtere gebe ich meine ganze Lebene«, wird er dichten.
Während ich den riesigen Kühlschrank öffne, läuft mir schon das Wasser im Munde zusammen. Ich werde mir ein extragroßes Stück abschneiden.
Aber was ist das?! Seit wann sehen Tiramisus aus wie Adolfs? Oder spinne ich mittlerweile? Bei Allah, da liegt wirklich der tote Dominique im Kühlschrank! Verfolgt der Kerl mich etwa?!
In völliger Panik renne ich nach draußen und höre den unverschämten Kellner hinter mir herbrüllen:
»Hey du, Betrügere, nicht weglaufene, du haste nicht bezahltä!«
Ohne mich umzudrehen, brülle ich zurück:
»Ich muss flüchtene, dein Tiramisu stinkene wie tote Füßene!«
|100| Tote essen keinen Döner
Bei Allah, was ist denn nur los mit mir, drehe ich etwa durch? Werde ich jetzt in allen Kühlschränken anstatt Milch und Käse nur noch tote Adolfs sehen? Es kann doch nicht sein, dass mich eine Leiche auf Schritt und Tritt verfolgt!
Gut, zugegeben, den Großteil meines kriminalistischen Wissens habe ich von Colambo, Derrick und Agatha Cristie. Aber ich habe noch nie in deren Filmen gesehen, dass jemand von einer Leiche verfolgt wird. Bei denen läuft immer alles hübsch der Reihe nach: Jemand wird umgebracht, die Polizei sichert die Spuren, der Tote wird beerdigt und der Kommissar jagt in aller Ruhe den Mörder. Aber wie soll ich bitte schön den Mörder verfolgen, wenn die überaus bewegungsfreudige Leiche mich verfolgt? Hat Dominique etwa vor, sich an seinem Mörder selbst zu rächen? Das geht so aber nicht! Ich kenne mich da aus, eine anständige Blutrache läuft gefälligst folgendermaßen ab: Jemand wird getötet, zum Beispiel der Adolf, und dessen Brüder oder Kusengs, sagen wir jetzt einfach mal der Bruder,tötet den Mörder,und dessen Brüder oder Kusengs töten dann wieder Adolfs Bruder. So wird das dann von Generation zu Generation weitergegeben. Aber den eigenen Mörder hat bisher noch nicht mal der John Wäyn
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