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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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einer Situation ans Essen denken? Außerdem: Die beiden Hammelköpfe hätte ich nie im Leben gekocht, die lagen tagelang zusammen mit der Leiche da drin!«
    »Bei Allah, apropos Leiche – wo ist die denn jetzt? Mehmet hat sie bestimmt irgendwo in der Wohnung versteckt!«
    Blitzschnell laufen wir polternd nach oben.
    »Da haben wir aber Glück gehabt, dass Knochenhauer und Beinbrecher die Leiche oben in der Wohnung nicht |89| entdeckt haben, Osman. Du hast denen auch noch genüsslich alle Zimmer vorgeführt!«
    »Woher hätte ich es denn wissen sollen? Leichen können sehr selten von alleine laufen, und dein Sohn hat uns natürlich auch nicht Bescheid gesagt.«
    Meine Frau und ich suchen die Wohnung doppelt und dreifach ab – nichts zu finden! Nirgendwo eine einzige Leiche.
    Unsere schöne, neue Wohnung ist endlich leichenfrei.
    »Eminanim, das war’s, der Spuk ist endgültig vorbei«, freue ich mich. »Jetzt können wir uns wieder um uns und um die Wohnung kümmern. Und ich hab einen riesigen Kohldampf. Ich gehe jetzt zu diesem Luigi, haue mir zwei, drei Pizzas rein und schaue, ob der Junge gut genug ist für unsere Tochter. Keine Sorge, dir bringe ich auch was zu essen mit.«
    Kurz vor der Tür werde ich aber leider von meiner Tochter Nermin abgefangen.
    »Papa, du hast mir doch versprochen, wenn wir umziehen, dass ich einen Hund, eine Katze und einen Hamster haben darf!«
    »Nermin, bist du bescheuert? Siehst du nicht, dass wir in dieser Baustelle nicht mal Platz für uns selber haben?« »Wird also wieder nichts draus, oder was?«
    »Ja, es sieht leider ganz danach aus.«
    »Papa, dann fahr mich jetzt bitte zum Tierheim, damit ich mir wenigstens einen Hund ausleihen kann!«
    »Na gut, das kann ich machen, obwohl ich so einen großen Hunger habe. Aber du musst mir versprechen, dass du im Auto keine politischen Vorträge hältst und den Köter heute wieder zurückgibst.«
    |90| Seit ihrer Kindheit liegt Nermin mir in den Ohren, dass sie einen mittleren Zoo in ihrem Zimmer einrichten will. Also mindestens einen Hund, eine Katze, ein Kaninchen, einen Hamster, drei Wellensittiche, ein Äffchen und ein niedliches, kleines Krokodil will sie schon haben. Aber in unserer Etagenwohnung im Karnickelweg 7b hatten wir nicht mal genug Platz für uns Zweibeiner. Deswegen vertröste ich sie seit Jahren damit, dass sie sich mit dem hübschen Karnickel in unserem Straßennamen begnügen soll. Die Töchter von meinen Arbeitskollegen haben nicht mal das. Zum Glück haben wir den Straßennamen ja auch bei der neuen Wohnung behalten. Aber undankbar, wie Nermin nun mal ist, ist sie mit einem Haustier im Straßennamen nicht zufriedenzustellen. Jetzt hat sie sich in den Kopf gesetzt, einen Hund aus einem Tierheim auszuleihen, um mit dem Tier durch die Gegend zu laufen.
    Also fahre ich mit Nermin in unserem Ford-Transit bis ans Ende der Stadt, damit meine aus Prinzip unglückliche Tochter in dieser »ungerechten Welt«, wenn nicht sich selbst, so doch wenigstens »ein von herzlosen Menschen an diesen kalten Wintertagen brutal vor die Tür gesetztes, superdeprimiertes Lebewesen glücklich machen kann«, wie sie sagt.
    Meinen Einwand, dass so ein Hund in einem Tierheim garantiert nicht übermäßig deprimiert sein kann, weil er doch gar nicht weiß, dass auf dieser »ungerechten Welt« die Frauen unterdrückt werden, böse Atomraketen existieren und ich den Müll nicht sorgfältig trenne, lässt sie natürlich nicht gelten.
    »Von mir aus, mach, was du willst, ich hab nichts dagegen |91| einzuwenden, solange ich nicht gezwungen werde, mit dem Köter Gassi zu gehen«, sage ich.
    »Nein, Papa, das brauchst du nicht«, beruhigt sie mich, »ich will schließlich auf jeden Fall vermeiden, dass dem armen Tier seelische Schäden zugefügt werden!«
    Nach nur fünfundvierzig Minuten sind wir auch schon da, und die verantwortliche Dame im Tierheim erklärt uns, dass sie sich wahnsinnig darüber freut, dass die jungen Menschen heutzutage so tierlieb sind und dass es überhaupt kein Problem sei, einen Hund auszuleihen. Nermin müsse nur Mitglied in diesem Verein werden. Und der Jahresbeitrag würde auch nur 90   Euro betragen, die man allerdings sofort hier im Voraus zu bezahlen hätte. Worüber ich natürlich nicht ganz so glücklich bin, im Gegensatz zu Nermin, die ruft:
    »Das ist ja toll, Papa! Dadurch hat kein Fremder die Gelegenheit, an unsere Tiere zu kommen!«
    »Dass dadurch Fremde an mein schwer verdientes Geld kommen, interessiert dich

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