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Tote essen keinen Döner

Titel: Tote essen keinen Döner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Morde sind genauso schwachsinnig!«
    »Aber dann gibt es ja gar keinen Grund mehr, jemanden umzubringen«, meckere ich.
    »Wäre das so schrecklich für Sie?«, grinst er.
    »Ich denke schon, ›Colambo‹ und ›Tatort‹ wären in dem Fall genauso spannend wie ›Sesamstraße‹ oder ›Das Wort zum Sonntag‹. Und Sie wären arbeitslos!«
    »In dem Fall wäre ich sehr gern arbeitslos!«
    Alle Fenster im Wagen sind geschlossen. Trotzdem findet dieser professionelle Opportunist immer genügend Wind – da reicht wohl das bisschen Lüftchen aus dem Heizungsgebläse –, um sich wie ein Fähnchen zu drehen und richtig zu positionieren. Der böse Wolf gibt ja auch zuerst vor, die liebe Omi zu sein.
    Kurz vor dem Karnickelweg bekommt Kommissar Knochenhauer plötzlich einen Anruf.
    |189| »Herr Engin, die beiden Skinhääds haben gerade ausgesagt. Sie haben recht, die haben wirklich was mit dem Mord zu tun. Ich muss schnell ins Revier.«
    »Kein Problem, Sie können mich hier rauswerfen. Es ist nicht mehr weit für mich.«
    Nachdem ich ausgestiegen bin, knallt er das Blaulicht aufs Dach und braust mit quietschenden Reifen davon.
    Selbstverständlich haben die beiden Skins was mit dem Mord zu tun – den Beweis hab ich zu Hause in Video-Qualität!
    Schnellen Schrittes laufe ich nach Hause, um Eminanim die gute Nachricht zu übermitteln. Aber zuerst werde ich den Adolf an seinen Stammplatz zurückbringen, bevor er anfängt, im Transit Stunk zu machen. Ein Glück, dass die Luft draußen fast genauso kalt ist wie in der Tiefkühltruhe. In dem Moment, als ich den Adolf in Form einer Teppich-Roulade schultern will, sehe ich wie vor den Kopf gestoßen, dass Eminanim und Mehmet mit zwei Skinhääds auf dem Balkon der angeblichen »Toscana-Urlauber« stehen. Ich verstaue Adolf schnell wieder auf dem Rücksitz von Franz-Josef und stürme durch die Haustür. Panisch renne ich ins Haus. Knochenhauer hat der Nazi-Bande offensichtlich sofort verraten, dass ich sie bei der Polizei verpetzt habe!
    Gleich wird es knallen! Mehmets und Skinhääds verhalten sich zueinander wie Feuer und Dynamit. Ich muss die Zündschnur abreißen, bevor das Ganze mit einem großen Knall explodiert!
    Ich stehe vor der Wohnung und springe mit der rechten Schulter voran mit voller Wucht gegen die Tür. Im gleichen Moment wird sie von innen aufgemacht – und ich klebe |190| wie eine 5 5-Cent -Briefmarke am gegenüberliegenden Schuhschrank in der Diele. Nach einem kurzen Moment des Verdattertseins machen sich die beiden Skinhääds zusammen mit Mehmet und Eminanim an die Arbeit.
    Das Abkratzen der Briefmarke vom Schuhschrank geht einfacher vonstatten als erwartet, da die ganzen Möbel in der Wohnung zwecks längerer Reise abgedeckt worden waren. Überall ausgebreitete Laken, man hat das Gefühl, in einem Leichenschauhaus zu stecken, inmitten lauter eingehüllter Toter!
    Zusammen mit dem Laken ziehen die mich vorsichtig – wie nach dem Sonnenbrand abgestorbene Haut – vom Schrank ab und legen mich behutsam aufs Sofa, das ebenfalls in weiser Voraussicht gegen alle möglichen Übel eingehüllt ist.
    »Huch, Herr Engin, Sie sind aber ein stürmisches Kerlchen! Sie haben mir eine Heidenangst eingejagt, so wie Sie durch die Tür gekommen sind«, kichert einer der beiden Skinhääds und lächelt mich sehr sympathisch und höchst freundlich an.
    Bei Allah, was soll denn jetzt diese komische Tour?
    Die bösen Glatzen spielen auf einmal den netten Nachbarn, damit ich meine Aussage zurücknehme!
    Ich bin völlig sprachlos!
    »Frau Engin, Ihr Mann strotzt ja geradezu vor Männlichkeit! Kommt er abends immer mit so viel Elan ins Haus? Ich könnte schreien vor Glück, wenn mein Mann auch so temperamentvoll wäre. Huch, unser Cappuccino läuft über«, kreischt er und huscht in die Küche.
    Ich bin etwas sprachlos, nicht nur, weil ich eben mit etwa zweihundert Stundenkilometern einen Frontalzusammenstoß |191| mit einem viertürigen Schuhschrank hatte, sondern weil ich völlig baff bin angesichts der unglaublichen Freundlichkeit des Skinhääds. Ich bin zurzeit nicht auf dem neuesten Stand der Forschung. Vielleicht ist es ja schon so weit, dass männliche weiße Ziegen schwarze Elefanten gebären können – aber einen ausländerfreundlichen und sympathisch lächelnden Nazi kriegen sie auch mit noch so viel Genmanipulation sicherlich nicht hin. Vorher werden wahrscheinlich erst noch Krebs und Aids besiegt.
    »Osman, diese beiden jungen Männer sind unsere Nachbarn Marcel

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