Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
in den Gräueln des Kosovo pervertiert worden war, alles zutrauen konnte. Kuhala erinnerte sich an Vikmans wilden Blick vor dem Schlag und konnte es sich nicht verkneifen, noch einmal an seine eigene geschmeidige Ali-Ausweichbewegung zurückzudenken. Am wenigsten Sinn ergab der Fundort von Leiche und Kajak. Vikman kannte die Uferzonen und hätte daher ein besseres Versteck gefunden.
Im Fotogeschäft waren so früh am Morgen keine weiteren Kunden. Kuhala grüßte und fragte, ob das Bild von den Geckos schon fertig sei. Der Ladeninhaber nickte und erklärte, er habe einen Rahmen gewählt, der nicht ganz dem versprochenen entspreche. »Ich hatte keinen mehr davon auf Lager.«
»Der hier ist in Ordnung.«
Die entschlafenen Inkeri und Hytönen starrten Kuhala von ihrem Ast aus irgendwie vertrauensvoll an, als wollten sie zum Ausdruck bringen, dass der Grenzübertritt in die ewigen Beißschreckenjagdgründe gar nicht mal so übel gewesen sei. Er zahlte und sagte, er hänge das Bild an einem Ehrenplatz in seinem Büro auf. Der Ladenbesitzer musterte Kuhala stumm und gab ihm das Wechselgeld. Er hatte die Geckostudie selbst ein Jahr zuvor in seinem Studio aufgenommen. Kuhala hatte die Tiere samt Terrarium angeschleppt und gesagt, es sei zwecklos, Inkeri und Hytönen zum Lächeln aufzufordern. Soweit er wisse, habe noch niemand einen lächelnden Gecko zu Gesicht bekommen.
In der Kauppakatu stellte sich Kuhala unter einer Markise vor dem Regen unter und wischte die Tropfen vom Glas des Bilderrahmens. Sein Auto stand noch immer vor dem Altersheim auf dem Parkplatz und musste abgeschleppt und repariert werden, und all das zu organisieren war ihm schon deshalb zuwider, weil die Rechnung höher ausfallen würde als der Wert des Autos.
Die neben ihm schlotternde alte Frau wickelte sich in eine Einwegregenjacke zu einem Euro und warf einen ekeldurchsetzten Blick auf das von Kuhala liebkoste Foto.
»Ich schaffe es einfach nicht, meine Frauen zu halten. Aber Geckos gehen auch. Ich hab selbstklebende Fotos im Portemonnaie, wollen Sie eins?«, gab Kuhala von sich.
Die Jacke der Alten riss, sie war auf dem besten Weg, sich damit zu erhängen, und Kuhala floh in Richtung Zentrum, ohne sich noch einmal umzublicken. Sein Handy klingelte.
Er meldete sich und hätte Eero Jokelas Stimme fast nicht erkannt. Sie war ausdruckslos und setzte nach Kuhalas Beileidsbekundung so lange aus, dass man glauben konnte, die Verbindung sei unterbrochen.
»Ich will, dass Sie den Mörder fassen«, wurde schließlich am anderen Ende der Leitung gesagt.
»Schaffen Sie es, in mein Büro in die Vaasankatu zu kommen? Ich bin aber sicher, dass die Polizei ihr Bestes tun wird.«
»Die Polizei? Hören Sie, ich kenne die Vorgehensweise der Polizei in dieser Stadt zur Genüge.«
In Jokelas Stimme kam kurz etwas Biss auf, der aber gleich wieder nachließ. Er zählte keine Einzelheiten über das Vorgehen der Polizei auf, aber es roch ziemlich danach, dass er die Behörde nicht sonderlich mochte. »Die Mistkerle haben mir nicht mal mein Boot zurückgebracht. Ist es irgendwo vergessen worden?«
Kuhala sagte, er habe es unter der Brücke am Ufer zurückgelassen. Er erinnerte daran, dass er als Erster am Tatort gewesen sei und die Polizei ihn daher gründlich habe befragen wollen und ihn sogar mit dem Auto ins Präsidium gefahren habe.
Man hörte Jokela Atem holen. Dann erklärte er, er wolle alles von Kuhalas Suche hören und werde seinerseits jedwede berufliche Kompetenz in die Waagschale legen, damit Kai Vikman der Arsch versengt werde. »Waren Sie bei ihm? Ich weiß Dinge über den Mann, die kein Tageslicht vertragen.«
Fragte sich nur, was es noch zu suchen gab, wenn Jokela den Mörder bereits kannte.
»Kommen Sie heute Nachmittag zu mir. Ich stehe gerade in der Kauppakatu im Regen und will hier nicht alles erklären. Natürlich tue ich, was ich kann. Kommen Sie einfach vorbei«, sagte Kuhala beruhigend.
Sie vereinbarten eine Uhrzeit. Kuhala brachte noch einmal sein Beileid zum Ausdruck und legte auf, bevor Jokela auf neue Geheimnisse anspielen konnte. Die Trauer hatte ihn nicht gerade gebrochen, falls sein Übereifer kein Zeichen dafür war. Viele waren noch Wochen nach dem Tod eines engen Angehörigen wie gelähmt. Eero Jokela konnte man das nicht vorwerfen.
Vom Kletterast im leeren Terrarium kamen keine wichtigtuerischen Echsenblicke mehr, und das betrübte Kuhala. Er fand nicht gleich einen passenden Platz für das Foto, probierte es sogar im
Weitere Kostenlose Bücher