Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
wenige große Beschlagnahmungen die Lagerräume der Polizei in Jyväskylä auslasteten, weshalb den Leuten mit der Apothekerwaage beim Registrieren schon mal ein Fehler bei den Kommastellen unterlaufen konnte. »Oder so was in der Art. Auf jeden Fall hat es hier in der Kette nicht gestimmt, und jemand hat was in die eigene Tasche gesteckt. Vielleicht hat er den Schlüssel zu diversen Verstecken bekommen und sich einen Satz unter den Nagel gerissen. Und stattdessen Kamelkacke hinterlassen. Genau weiß ich’s nicht, weil ich die Bräuche nicht kenne.«
»Aber Antikainen kennt sie?«
»Ich betone, das ist ein Gerücht. Ich kann das nicht überprüfen. Und will es auch nicht. Aber zum Spaß wird über so was nicht geredet.«
Sie konnten sich gut vorstellen, was die Innere Ermittlung zu tun hätte und was sich die Führung für Sorgen machen würde, sollte unter den eigenen Leuten ein faules Ei entdeckt werden. Sobald die Presse einen ersten Wink bekäme, stellte sich die Frage, wer mit einer glaubwürdigen Erklärung vor die Mikrofone treten musste.
»Ende Oktober, Anfang November ging in Riihimäki die letzte Fuhre in Rauch auf, und jetzt liegt in den örtlichen Präsidien und bei der Zentralkripo höllisch viel Stoff herum. Sie können die grässlichen Klumpen ja auch nicht alle in die Polizeihundeschule schicken«, meinte Raatikainen.
»Was glaubst du, könnte man von einer solchen Menge nicht ein paar hübsche kleine Päckchen für die Weihnachtsfeiern der Polizei abzweigen?«, schlug Kuhala vor.
»Manchmal habe ich das Gefühl, dass deine Witze die Grenzen des guten Geschmacks streifen.«
Kuhala sah seinem Freund ins sonnengebräunte Gesicht, in dem mehrere Krater von dem Explosionsunglück kündeten, das seine Karriere beendet hatte.
Der Schornsteinfeger stieg die Leiter herunter und kam auf Raatikainens Grundstück herüber. Er war wegen Jeri ein wenig auf der Hut, doch der Hund brachte seine Gleichgültigkeit zum Ausdruck, indem er sich abwandte und ein menschlich klingendes Seufzen ausstieß. Raatikainen und Kuhala begrüßten den Besucher, der wissen wollte, wer von ihnen der Hausbesitzer sei. Raatikainen bekannte sich dazu und erhielt die fertig ausgestellte Rechnung, noch bevor die Arbeit in Angriff genommen wurde. Das war ein neues Verfahren und sorgte angeblich im Verwaltungsbereich für Entlastung. Der Mann lächelte unter seinem Schiffchen und stieg mit schepperndem Gerät zu seinem Arbeitsbereich hinauf.
»Fünf Euro das Kilo«, sagte Raatikainen.
»Wie jetzt?«
»So viel verlangt die Firma Ökokem für die Verbrennung von Rauschgift. Billig. Weg damit.«
Kuhala sah das Hosenbein des Kaminkehrers über der Traufe verschwinden und fragte sich, was für einen Kick der Mann bekäme, wenn er gerade im Moment der Drogenverbrennung mit seiner Bürste bei Ökokem am Schornstein stünde.
Raatikainen zeigte Kuhala das Haus. Es roch nach frischer Farbe und gelacktem Holzboden. Überall war es sauber, und man sah, dass der Freund davon ausging, hier den Rest seines Lebens zu verbringen. Er hatte vom Flohmarkt Sachen gekauft, die zum Haus passten, sie restauriert und sorgfältig überall verteilt, um die Wohnlichkeit zu steigern. Die respektable Baskenmützensammlung hatte im Flur ein eigenes Holzregal erhalten, auf der weinroten Kommode in der Schlafkammer thronte eine Waschschüssel-Kanne-Kombination aus Porzellan, und an der Wand darüber hing die Reklame einer englischen Dampfschifffahrtsgesellschaft aus der Großelternzeit.
Die Arbeitsgeräusche des Schornsteinfegers veranlassten Jeri dazu, ein sordinogedämpftes Kläffen von sich zu geben. Kuhala fragte Raatikainen, ob der Hund unter Umständen mal für einen Tag oder sogar über Nacht zu ihm in Pflege kommen dürfe. »Also ich meine, wenn mir sonst kein anderer Ort einfällt. Keine Angst, ich werde ihn dir nicht in allernächster Zeit aufdrängen, aber es sieht so aus, als würde er dich mögen.«
Raatikainen hielt es für möglich und kraulte Jeri hinter den Ohren. Zur Belohnung wurde ihm der Handrücken geleckt. »Zur Erntezeit kann ich hier sicher einen Wachhund gebrauchen. Damit die Bengel keine Pflaumen klauen. Der Nachbar hat mich schon gewarnt. Dann kannst du den kleinen Mistkerlen eine Lehre erteilen, was, Jeri?«
Der Hund leckte erneut und wedelte mit dem Schwanz. Er hatte in Raatikainen schon bei der ersten Begegnung einen Verbündeten und Seelenverwandten gefunden und zögerte nicht, es auch zu zeigen. Das Trio kehrte in den Garten
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