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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
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Lebensmittelladen war dichtgemacht worden, hinter dem mit Isolierband verpflasterten Fenster der Pizzeria bedachte man Kuhala mit Blicken, als wäre er ein Kopfgeldjäger. Vor dem Friseur wurde ihm aus einer Gruppe Halbwüchsiger eine derartige Menge an Mittelfingergrüßen zuteil, dass er damit bis Weihnachten ausgekommen wäre. Mit dem Renault konnte das nichts zu tun haben, denn der stand den Rostlauben am Straßenrand in nichts nach.
    »Was gibst du mir, wenn ich aussteige und denen Erkki Junkkarinens Song ›Ein Stück vom schönsten Finnland‹ vorsinge?«
    Der Hund streckte sich, um Kuhala den Nacken zu lecken. Kuhala bog in eine Seitenstraße ein und fuhr an der dortigen Tankstelle vor.
    »Warte hier. Ich frage nach dieser verflixten Adresse.«
    Jeri schnupperte am Fensterspalt und schaute seinem Herrchen hinterher.
    Das Gebäude war L-förmig, hinter den Zapfsäulen standen acht Motorräder im Schatten eines schäbigen Heckenzauns. Die Fahne der Tankstellenkette auf dem Dach hatte alles gegeben. Sie war im Sommerwind zu zwei flatternden Fetzen zerrissen.
    Kuhala trat ein. An der Wand hing eine Luftaufnahme der Tankstelle, fotografiert in Zeiten der Blüte.
    Die Männer saßen auf der Cafeteriaseite im Kreis. Sie waren mit schwarzer Motorradkleidung ausstaffiert und schienen nichts zu spielen, sondern Verhandlungen zu führen oder transzendente Meditation zu praktizieren, und zwar mit einer Hingabe, die sofort Kuhalas Skepsis weckte. Er hatte dennoch nicht vor, der Sache genauer auf den Grund zu gehen. Man durfte in der Cafeteria rauchen, und das Rauchen war so beliebt, dass die dicke Qualmwolke über den Männern aussah, als würde es jeden Augenblick Teer aus ihr regnen.
    Sie hatten alle Tische bis auf einen zusammengeschoben, wie bei einer geschlossenen Gesellschaft. Die massiven Nacken und breiten Rücken deuteten auf fleißiges Üben im Fitnessstudio hin, Wortkargheit und zusammengesteckte Köpfe ließen an eine Veranstaltung zur Steigerung des Gemeinschaftsgeistes denken.
    Kuhala wartete, dass jemand an die Kasse kam, goss sich inzwischen Kaffee ein und vertrieb sich die Zeit, indem er ein Stück Zucker nach dem anderen aufpickte. Der Vorhang zum Hinterzimmer regte sich nicht, die Fliege auf dem Tablett mit den Krapfen taumelte im Zuckerrausch und prallte gegen die Vitrine. Kuhala hüstelte und fragte die Männer, ob Personal anwesend sei. »Ich will ja nichts sagen, aber der Kaffee wird kalt. Und es macht keinen Spaß, für kalten Kaffee den vollen Preis zu bezahlen.«
    Niemand antwortete. Plötzlich stieß einer den Stuhl unter sich weg und ließ einen Schlüsselbund klimpern. Der Glanz der Lederstiefel grenzte an Eitelkeit, auf dem Halstuch waren die Farben der Südstaaten zu erkennen. Der Mann öffnete eine Kammertür, an der ein Staubsaugerschlauch hing. Der Zigarettenqualm beeinträchtigte die Sicht, und die Atmosphäre ermutigte Kuhala nicht gerade zur Neugier, aber er konnte einen Eimer, den Stiel eines Schrubbers und dergleichen erkennen – und den Tankstellenbesitzer.
    »An die Kasse!«, sagte der mit dem Halstuch.
    Kuhala rieb sich die Augen und konnte trotzdem nicht glauben, was er sah. Der Tankstellenbetreiber war ein Mann mit schmalem Gesicht und Stirnglatze. Er trug ein ostergelbes Hemd mit kurzen Ärmeln, Stoffhosen und die Schürze eines Mineralölkonzerns, und der besorgte Blick seiner blinzelnden Augen war kein Wunder, denn wer ist schon fähig, in einer verschlossenen Putzkammer Humor zu entwickeln? Es schepperte, als er aus seinem Karzer stieg.
    Kuhala hätte am liebsten gefragt, ob er es mit einer Art Scherz zu tun habe, begnügte sich aber damit, seine Kaffeetasse vor die Kasse zu schieben, und fand kein Gesprächsthema zur Auflockerung der Stimmung. Die aufspringende Wechselgeldschublade brach klingelnd die Stille. Was für glückliche Zeiten damals, als die Luftaufnahme gemacht worden war!
    Der Besitzer verlangte für den Kaffee halb so viel wie die Cafés in der Innenstadt, aber Kuhala war von der aktuellen Aufführung noch so erstaunt, dass er gar nicht auf die Idee kam, sich darüber zu freuen. Er sagte, er sei fremd in der Gegend, und zeigte dem Mann die Adresse. »Das müsste eines von den Häusern da drüben sein, aber ich kapiere die Nummerierung einfach nicht.«
    Der Besitzer sah sich Antikainens Notizbuch so besorgt an, als stünde darin der Ankunftstag der Hunnenarmee. Dann änderte das Grau schmelzenden Schnees auf seinem Gesicht den Farbton. Seine Stimme war dünn

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