Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markku Ropponen
Vom Netzwerk:
Vorstellungen das Schrecklichste, was man Menschen als Wohnraum zumuten kann. Der Gefräßige hatte beschlossen, seinen Weggang bis zum Schluss hinauszuzögern.«
    »Und nun hat er einen prächtigen Abgang hingelegt, bevor ich ihn kennengelernt habe. Ich hätte ihn gern ein bisschen nach Antikainens Verschwinden befragt.«
    »Ist das dein Auftrag?«
    »Die Ehefrau hat mich engagiert.«
    »Rasanter Einstieg in den Fall.«
    Raatikainen zerknüllte seine Hitzebaskenmütze und schickte sich an zu gehen. »Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein. Unten haben sie versucht, mich aufzuhalten, aber ich habe gesagt, ich bin ein alter Kollege von früher. Vielleicht meinen sie, ich bin offiziell hier … du glaubst gar nicht, wie es einen wärmt, dass bei dir noch der Atem pfeift. Und die verdammte Sturheit brummt.«
    Was er sagte, kam rau, aber herzlich. Er berührte Kuhalas Handrücken. »Jetzt hältst du mir aber ein bisschen den Ball flach, Kumpel. Wären Ehebrüche nicht genug?«
    »Kann ja sein, dass Antikainen bloß einem fremden Rock hinterher ist. Sag Jeri schöne Grüße. Ich hole ihn in den nächsten Tagen ab. Ich zahle alles, was dich die Töle kostet, jeden Heller.«
    Raatikainen hob an der Tür die Hand und lächelte. Die Strategie der Polizei hatte schwer versagt, denn soweit sich Kuhala in dem Metier auskannte, hätte man vor den Beamten niemand zu ihm lassen dürfen, nicht einmal Annukka oder Ratsku, auch wenn sie selbst vom Fach waren.
    Die Sonne blinkte auf dem Stahlträger, der am Haken eines Krans hing, die Schönwetterwolke über den Kiefern löste sich so schnell auf, dass man gar nicht richtig mitkam. Wo kamen die Flausen hin, wo steckten die Wolkenreste?
    Und wo wäre er hingeraten, wenn sich die Grüße des Sadisten auch in Richtung Treppenhaus gerichtet hätten? Ins Vergessen?
    Kuhala richtete den Blick von der ursprünglich religiös geprägten Klischeeballung des Himmelsblaus auf die Tür und fragte sich, ob seine Rührung von den Medikamenten kam, die man ihm verabreicht hatte, oder ob sie das erste posttraumatische Symptom darstellte. Dankbarkeit, weil er noch lebte? Was war das denn?
    Die Tränen kamen stoßweise und waren die besten seit Jahren. Das Kopfkissen wurde klatschnass.

19
    17. Juni Kuhala wurde am Donnerstag aus der Klinik entlassen, und weil die Donnerstage zum Adel der Wochentage zählen, drücken sie dem Straßenbild jenen für Wohlfahrtsstaaten charakteristischen Stempel der Geschäftigkeit auf, der den Weg zu noch glücklicherem Glück weist. Der Wolkensaum pieselte weiche, nach Ozon stinkende Tropfen auf den taigagroßen Parkplatz des Megamarkts, gleich darauf schien die Sonne, und schließlich stieg hinter der hektargroßen Halle ein Regenbogen auf, zum Zeichen dafür, dass der Laden die Preise von hundertfünfzig Produkten dauerhaft gesenkt hatte.
    Nevakivi war mit strengen Fragen im Krankenzimmer aufgetaucht, aber Kuhala hatte die Barschheit des Kommissars schnell gebremst, indem er sagte, der Bums von Savipelto habe ihm das Gedächtnis und fast auch das Leben geraubt. Der Moment sei schlecht für ein konstruktives Gespräch, sosehr er auch mit der Polizei zusammenarbeiten wolle. Doch sobald die Erinnerung wiederkehre, werde er sich als Erstes der Sorgen des Kommissars erinnern und sich bei ihm melden. Nevakivi war machtlos, auch wenn er Kuhala kein Wort glaubte.
    Dem Arzt zufolge gaben weder die Röntgenbilder noch die neurologischen Untersuchungen Anlass zur Sorge. Er empfahl Ruhe und Urlaub, sprach aber keine direkten Verbote aus. Er hatte für Kuhalas Krankenlager dringendere Alternativen im Angebot, und seiner makabren Theorie nach konnte so ein Knall in der richtigen Dosierung eine Menge ungenutzter Kapazitäten in einem Menschen freisetzen.
    Kuhala besaß keine Theorie, keine makabre, keine große und keine kleine. Er hatte zwar allerlei Theorien – religiöse, praktische, philosophische – gelesen und die vielversprechenden sogar auswendig gelernt, in dem Versuch, seinen eigenen Bestrebungen eine Richtung zu geben, aber er vergaß sie immer wieder. Das Pathos der Donnerstage riss ihn mit. Er wusste, er war ein schwacher Mensch und, wenn es gut lief, auch ein sündiger, aber er maß diesem Umstand nicht allzu viel Bedeutung zu.
    Schwach war auch sein Zustand. Er kaufte Käse, Brot, Gemüse, ein Pfund Kaffee, Milch und Hundewurst und fuhr nach Halssila, um Jeri abzuholen. Der Hund saß zu Raatikainens Füßen unter dem Pflaumenbaum und knurrte zunächst, bevor er

Weitere Kostenlose Bücher