Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
Mann vor, ins Feuer zu gehen, aber dann plumpste er auf die Nase und fing an zu fluchen. Man rief die Polizei.
Kuhala und der Hund wichen im Bogen des Freilichttheaters zurück, ein Wasserflugzeug zog das Werbebanner eines Telefonanbieters hinter sich her, es war mindestens einen halben Hektar groß.
Plötzlich spürte Kuhala eine Berührung auf der Schulter. Er glaubte, es sei Tatu, und wollte schon einen Satz drechseln, in dem er versicherte, er sei nicht beleidigt, sondern mindestens genauso verliebt wie sein Sohn, da realisierte er, dass die Hand Kommissar Nevakivi gehörte.
Jeri fletschte die Zähne. Nevakivi nahm die Hand weg und wich einem entgegenkommenden Paar aus. Kuhala fletschte ebenfalls die Zähne. »Auch an Mittsommer unterwegs?«
»Ich hab dich zufällig gesehen. Ich bin mit meiner Familie hier, wir wollen uns das Feuer anschauen.«
Für einen wie Nevakivi war das ein so intimes Bekenntnis, dass es Kuhala schwerfiel, seine Miene unter Kontrolle zu halten. Er war nicht in der Stimmung, in Belanglosigkeiten über Mittsommer auszubrechen, ahnte jedoch, dass auch Nevakivi nicht deswegen seine Familie verlassen hatte. Einmal Polizist, immer Polizist.
»Du kannst die Finger nicht von den Fällen Antikainen und Jokela lassen.«
»Unterbrichst du deswegen deine Johannisfeier?«
»Soweit ich mich erinnere, habe ich dir ausdrücklich gesagt, du sollst dich raushalten. Das ist die letzte Warnung. Danach wird zu schwereren Geschützen gegriffen, und du darfst nicht mal mehr nach verlorenen Taschentüchern fahnden, sondern dir einen neuen Beruf suchen. Wir entziehen dir die Lizenz.«
Auf einmal begriff Kuhala, dass der Kommissar betrunken war. Nicht im störenden Maß, aber seine Augen glühten nicht nur durch den Schein des Feuers. Womöglich war Nevakivi einer von denen, deren Aggressionen durch zu selten genossenen Alkohol auflebten, und als er Kuhala sah, bot sich die Gelegenheit, sie abzubauen.
Sie standen einen Schritt voneinander entfernt auf dem Fahrradweg, in einer Haltung, als hätten sie vor, als Erste auf dem Festplatz eine Rauferei anzuzetteln.
»Sag mir mal, nach welchem Paragrafen du mir die Lizenz entziehen willst. Die Witwe von Antikainen und der Witwer von Helena Jokela haben mich engagiert, um die Todesfälle zu untersuchen. Aus irgendeinem Grund haben sie kein Vertrauen in die Polizei.«
»Beeinträchtigung des Beamten während der Amtsausübung. Und wenn das nicht geht, ziehen wir dich mit einer Verhaftung aus dem Verkehr. Weil du Informationen verschweigst.«
»Was?«
»Kennst du Kai Vikman?«
Kuhala tat so, als denke er nach. Ein Teil des Feuers stürzte ein, ein Bootswrack kippte wie in Zeitlupe um und ließ Funken sprühen, dann fiel es zischend ins Wasser, genau an der Stelle, wo gerade der freudig erregte Betrunkene an Land gezogen worden war. Wieder ging ein Raunen durch die Menge.
Kuhala gab zu, mit Vikman gesprochen zu haben, weil dieser in der Gegend wohnte, wo Helena Jokela vor ihrem Tod gesehen worden war.
»Wann hast du Vikman zuletzt gesehen?«
»Weiß ich nicht mehr. Ist schon eine Weile her. Warum?«
Jeri witterte Nevakivis Feindseligkeit und keilte sich zwischen die beiden Männer, wobei er die Vorderzähne aufblitzen ließ, was zwar keiner merkte, wohinter sich allerdings der feste Entschluss verbarg, den Kommissar im Schritt zu packen, falls sich dessen Einstellung nicht änderte. Ein Fahrradfahrer klingelte Nevakivi an, der im Weg stand. Auch das merkte er nicht, sondern forderte Kuhala auf, sein Gedächtnis anzustrengen.
»Tut mir leid. Wenn du mir über Mittsommer Bedenkzeit gibst, werde ich schon darauf kommen. Ich kann dich ja nach den Feiertagen anrufen.«
Kuhala rief Jeri beim Namen und wandte sich ab, um zu gehen. Seine vom Kognak beflügelte Feierstimmung eines allein lebenden Mannes im mittleren Alter flaute allmählich ab. Er war nahe daran gewesen, den gesegneten Zustand zu erreichen, in dem man anderen Menschen nur Gutes wünscht und alle Dissonanzen sich von selbst glätten, aber nun legte sich Nevakivis Hand erneut auf seine Schulter.
Jeri knurrte. Kuhala blieb stehen und wurde ernst. Er nahm die Hand des Kommissars weg.
»Du hast einen lästigen Hund. Wo hast du den gefunden?«, fragte Nevakivi. »Wenn er so aggressiv ist, sollte man ihn besser einschläfern lassen. Ich werde dein Gedächtnis ein bisschen auf Trab bringen. Du hast Vikman zuletzt gestern gesehen. Ein Wirt aus Keltinmäki hat dich so genau beschrieben, dass es keinen
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