Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
wütend an seinen Fesseln, rechts Gerald. Ihre Kleidung lag sorgfältig gefaltet vor ihnen auf der Erde, beschwert mit einem Stein. Tatjana hatte die Männer mit ihren eigenen Socken geknebelt, damit sie nicht um Hilfe schreien konnten.
»Wie eine Rachegöttin«, murmelte Thierry beinahe ehrfürchtig. Er wollte sein Handy nehmen, um die Gendarmerie zu informieren, aber sein Sohn bedeutete ihm zu warten.
Tatjana reagierte mit keinem Blick, keiner Bewegung auf ihr Eintreffen. Sie saß einfach da – stolze, bedauernswerte Schönheit.
Schmidt griff nach Pippas Arm. »Himmel! Was ist denn hier los?«
»Tatjana hat Franz Teschke getötet«, erwiderte Pippa leise.
Kapitel 31
P ippa, Thierry und Jean standen überwältigt da, aber Schmidt rannte zur Bank und kniete sich vor Tatjana in den Matsch.
Diese sah ihn nicht an. Sehr ruhig und sehr gelassen sagte sie: »Ich hatte nicht vor, die beiden zu töten. Ich will nur, dass sie reden. Ich will wissen, warum sie mir das angetan haben.«
»Wie um alles in der Welt hat sie die beiden Männer an die Bäume gekriegt?«, fragte Thierry leise.
»Tatjana wird allgemein unterschätzt«, gab Pippa zurück. »Wer so schön ist wie sie, hat es leicht, gemocht zu werden, wird aber selten ernst genommen. Tatjana wird sie überrumpelt haben.«
»Außerdem weht der Schwarze Wind«, sagte Jean. »Da ist alles möglich.«
Wie auf ein geheimes Kommando gingen Thierry und sein Sohn zu den gefesselten Männern, um sie von den Knebeln zu befreien.
Während Gerald um Luft rang, schrie Achim sofort: »Bindet uns los! Aber dalli! Das ist Freiheitsberaubung! Schmidt! Tu was!«
Dieser zuckte mit den Schultern und sagte: »Ich finde, ihr steht da ganz gut.«
»Was soll das? Hilf mir!« Achim begriff, dass von Wolfgang Schmidt kein Beistand zu erwarten war. Er sah den Mann neben sich an und registrierte erst jetzt, wer dort stand. »Jan? Wie kommst du denn hierher? Schnell, Kumpel, binde mich los.«
Jean Didier machte keine Anstalten, der Aufforderung zu folgen, sondern sagte lapidar: »Freiheit gegen Wahrheit, Achim.«
»Es wird einen triftigen Grund geben, dass ihr da steht – den wüssten wir gerne«, ergänzte sein Vater.
Ein Polizeiwagen brauste heran und hielt mit quietschenden Reifen neben Pippa. Paul Dupont und Tibor, der auf dem Beifahrersitz saß, ließen die Seitenscheibe herunterfahren und musterten das Bild, das sich ihnen bot.
»Ich habe ja schon einiges gesehen …«, sagte Tibor und brach ab, weil ihm die Worte fehlten.
»Der Autan.« Paul Duponts Analyse der Situation war kurz und knapp. Er wandte sich an Pippa. »Was geht hier vor?«
»Die Aufklärung eines Mordfalles. Fragen Sie mich nur nicht, wie.«
Der Gendarm nickte gelassen. »Der Strom ist ausgefallen. Komplett. Wir haben keine Verbindung mehr zu den anderen. Kein Handy, kein Funk, nichts. Ich fahre mit Tibor in die Gendarmerie und sage Bescheid. Dann suche ich Pierre und komme zurück.«
Er gab Gas und fuhr in Richtung Polizeistation davon.
Gerald Remmertshausen zerrte wütend an seinen Fesseln. »Was soll denn das bedeuten? Spielt jetzt auch die Polizei verrückt? Bindet uns gefälligst los!«
»Genau!«, schrie Achim Schwätzer. »Ihr macht euch der Beihilfe schuldig! Tatti ist wahnsinnig geworden, und ihr tut so, als ob wir …« Wieder kämpfte er vergeblich gegen die Fesseln an und fauchte: »Wartet nur – wenn ich losgemacht bin, zeige ich es euch! Allen! Macht euch auf was gefasst! Du besonders, Jan.«
»Ein gutes Argument, dich zu lassen, wo du bist«, sagte Jean Didier ungerührt.
Schmidt hatte sich neben Tatjana auf die Bank gesetzt und den Arm um sie gelegt. Sie zeigte keinerlei Reaktion auf das, was um sie herum passierte.
Thierry wiegte den Kopf. »Es wird immer schlimmer. Je länger der Autan weht, desto verrückter werden die Leute.«
»Auch gefährlicher?«, fragte Schmidt interessiert.
Jean nickte. »Unberechenbar. Prädikat: Äußerst abgedreht.«
»Gilt bei dieser Wetterlage purer Jähzorn als mildernder Umstand?«, fragte Schmidt weiter.
»Bei dieser Wetterlage gilt nahezu alles als entschuldbar.« Thierry warf Jean einen Blick zu. »Sogar unterlassene Hilfeleistung.«
»Deshalb brauchen wir Ruhe.« Jean gab seinem Vater einen Wink, und die beiden stopften die Knebel wieder in Geralds und Achims Mund.
Jetzt hörte man nur noch den Wind pfeifen.
Aus der gleichen Richtung wie zuvor Paul Dupont näherte sich der Geländewagen seines Bruders, mit Ferdinand als Beifahrer.
Weitere Kostenlose Bücher